Annemarie Stoltenberg moderiert das Magazin, das momentan noch den Arbeitstitel “Über Bücher“ trägt.

Pinneberg. Es ist warm an diesem Abend im Bücherwurm. Verdammt warm. Mehr als dreißig gefühlte 1000-Watt-Strahler fluten die Pinneberger Buchhandlung mit hellem Licht. Drei große, fahrbare Fernsehkameras heizen den zu einem Fernsehstudio umgerüsteten Verkaufsraum zusätzlich auf. Die Männer im Publikum lüften noch mal das Sakko, die Damen fächeln sich schnell mit dem Einladungs-Flyer kühlenden Wind ins Gesicht. Dann heißt es: Still sitzen!

"Wenn die Aufzeichnung läuft, machen Sie bitte ein aufmerksames Gesicht", sagt NDR-Aufnahmeleiterin Claudia Richter zu den rund 70 Gästen. "Wenn ihnen etwas nicht gefällt, verkneifen sie sich das. Und wenn wir sie auffordern zu klatschen, dann geben sie alles." Schon signalisieren die roten Lämpchen, dass die Aufzeichnungsmaschinen laufen. Die Pinneberger Literaturfans beginnen den Fernsehabend wie geheißen mit kräftigem Applaus.

Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) hatte den Pinneberger Bücherwurm als Drehort für eine Pilotsendung ausgewählt. "Über Bücher" lautet der Arbeitstitel der angedachten TV-Literaturreihe mit Redakteurin Annemarie Stoltenberg. Das Konzept: Das NDR-Team fährt mit dem Übertragungswagen übers Land und macht Halt in Buchhandlungen, "die noch die Handschrift des Buchhändlers tragen". Mit den Fachleuten, Lesern und Autoren will Annemarie Stoltenberg dann "über Bücher" reden. Auch - wie in Pinneberg mit Gerhard Schnoor von der Flensburger Firma cpi books - über den Duft der Bücher.

Im Vordergrund stehen natürlich die Lesetipps für die Gäste. Bücherwurm-Händler Reinhold Timm ist Krimifan und hält als perfekte Sommerlektüre Martin Walkers "Bruno - Chef de Police" in die Kamera. Romanheld Bruno habe wie er selber eine Vorliebe für guten Wein und guten Käse. Beim Lesen schmecke man beides heraus, schwärmt Timm.

Natürlich sprechen Stoltenberg und Timm an diesem Abend über den in Rellingen aufgewachsenen schreibenden Arzt und Buchheim-Preisträger Jens Petersen und legen dessen Debütroman "Die Haushälterin" ans Herz.

Ein Höhepunkt des Bücherwurm Fernsehabends: Schriftsteller Friedrich Christian Delius spricht über die Entstehung seines aktuellen Romans "Die Frau, für die ich den Computer erfand". Es ist die Geschichte des Deutschen Konrad Zuse, der als junger Mann im Wohnzimmer seiner Eltern den ersten Computer der Welt baute - beflügelt von seiner platonischen Fernliebe zu Ada Lovelace, der Tochter Lord Byrons. Amüsant erfrischend: Das Gespräch zwischen Stoltenberg und dem schreibenden Landwirt Matthias Stührwoldt über die tröstende Wirkung vom Anblick wiederkäuender Kühe und dessen Buch "Schubkarrenrennen: Frische Texte ab Hof".

Nach einer guten halben Stunde erlöschen die roten Lampen an den Kameras, die Strahler werden abgeschaltet. Die Männer dürfen endlich die Jacketts ausziehen, die Frauen holen die Fächel-Flyer hervor. Ein schöner Abend war das", sagen die schwitzenden Herren und Damen, von denen sich viele für die nahenden Sommerferien mit der empfohlenen Urlaubslektüre eindecken. Sie haben gelacht und viel geklatscht, auch ohne Aufforderung. "Und wann können wir das im Fernsehen sehen?"

Einen Sendetermin gibt es noch nicht, lautet Annemarie Stoltenbergs Antwort. "Das hier war eine reine Probesendung." Ob sich das Format - so heißt das in der Fernsehsprache - für eine regelmäßige Ausstrahlung eignet werde nun analysiert. Claudia Richter hat inzwischen gecheckt, ob die Sendung auch wirklich auf Kassetten aufgezeichnet worden ist. "Sie sehen ganz toll in der Aufnahme auf", versichert sie den Pinneberger Gästen. "Selten so ein wahnsinniges Publikum gehabt."