Bis zu 4000 Menschen waren auf den Straßen. Polizisten nahmen insgesamt 38 gewaltbereite Randalierer fest. Dank dem Großaufgebot von 1000 Beamten aus mehreren Bundesländern blieb (fast) alles friedlich.

Pinneberg. Die Pinneberger Innenstadt - sie glich am Sonnabend einem Hochsicherheitstrakt. Zwei Polizeihubschrauber kreisten im Tiefflug über dem Bahnhofsumfeld, Wasserwerfer, schwere Räumfahrzeuge und Mannschaftstransportwagen patroullierten durch die Straßen. Und überall waren Polizisten in Kampfanzügen.

Dank dem Großaufgebot von 1000 Beamten aus mehreren Bundesländern blieb (fast) alles friedlich. Weitere 350 Kräfte der Bundespolizei waren in Schleswig-Holstein und Hamburg in den Zügen sowie an den Haltestellen postiert. Am Bahnhof der Kreisstadt wurden die rivalisierenden Gruppen dann konsequent voneinander getrennt. Etwa 200 Neonazis zogen, auf Schritt und Tritt von einem Polizeiaufgebot überwacht, durch Pinneberg-Süd - und fanden in menschenleeren Straßen kaum Gehör. Auf der anderen Seite der Bahn demonstrierten mehrere 1000 Teilnehmer friedlich gegen den rechten Aufmarsch.

Die Trennung durch die Gleise erwies sich als entscheidender Vorteil. Alle Übergänge wie die Hochbrücke waren von den Polizisten versperrt. Allerdings liefen einige Mitglieder der linken Szene einfach über die Schienen - ein lebensgefährliches Unterfangen.. Daher wurden die Zugführer zwischen 12 und 15.30 Uhr zum Langsamfahren angewiesen, es kam zu Verspätungen. Die Polizei nahm 38 Personen, meist gewaltbereite Linke, in Gewahrsam. Diese waren zu spät gekommen. Als sie um 11.30 Uhr am Bahnhof eintrafen, war der Neonazi-Aufmarsch längst gestartet. Er endete gegen 15 Uhr am S-Bahnhof Thesdorf, wo es zu kleineren Konflikten kam. Von dort reisten die Rechtsradikalen nach Itzehoe zu einer NPD-Kundgebung. Wie berichtet, hatte am Freitag das Oberverwaltungsgericht den vom Kreis verbotenen Aufzug genehmigt.

Die Gegendemo der Jüdischen Gemeinde - dem Aufruf hatten sich mehr als 50 Organisationen angeschlossen - verlief friedlich. Es war eine bunt gemischte Allianz: Politiker, Kirchenleute, Gewerkschafter, aufrechte Bürger, von jung bis alt, zeigten Flagge für Toleranz und gegen Fremdenhass. Einige hatten sich Parolen aufs T-Shirt gemalt andere hielten Transparente mit eindeutigen Aussagen wie "Das ist unsere Stadt - Hier ist kein Platz für Nazis" hoch.

Am Bahnhof und bei einer Kundgebung vor der Hochbrücke meldeten sich einige der Protestler zu Wort. Pinnebergs Bürgermeisterin Kristin Alheit rief "Pinneberg ist eine nazi-freie Zone - und das soll auch so bleiben" in die begeisterte Menge.

Petra Pau (Die Linke), Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, sagte: "Wir wollen keine Nazis - weder in Berlin noch in Pinneberg!" Hans-Jürgen Urban vom Bundesvorstand der IG Metall forderte den Bundestag auf, die rechtsradikalen Parteien in Deutschland zu verbieten, weil die teuren Polizeieinsätze dem Steuerzahler nicht mehr zuzumuten seien. Und Wolfgang Seibert von der Jüdischen Gemeinde skandierte: "Nie wieder Faschismus! Gemeinsam können wir sie stoppen."

Der Tag hatte um 11 Uhr mit Andachten in der Christuskirche (400 Teilnehmer) sowie in der katholischen Piuskirche mit 100 Gläubigen begonnen. "Es erfüllt uns mit Freude, dass so viele Menschen gekommen sind", so Propst Thomas Drope. Auch Wolfgang Seibert von der Jüdischen Gemeinde zog ein positives Resümee: "Es waren erstaunlich viele Teilnehmer, bis zu 4000 Menschen!" Die Polizei sprach dagegen von 2000 Teilnehmern. Die Demo des Friedensnetzwerkes fiel aus, die Teilnehmer schlossen sich der Jüdischen Gemeinde an.