Beim größten Westerntreffen Schleswig-Holsteins in Quickborn-Renzel leben Indianer und Cowboys im 28. Jahr friedlich Seite an Seite.

Quickborn. Das Hämmern des Schmieds auf dem glühenden Eisen klingt bis zum Tipi des Indianer-Häuptlings. Der Sheriff hat die Füße hochgelegt, an seinen Stiefeln blitzen die Sporen im Sonnenlicht. Ein Soldat patrouilliert mit seinem Gewehr, auf dem ein Bajonett funkelt. Damen in Reifröcken laufen über die staubigen Wege. Eine Siedlerfamilie sitzt beim Frühstück in ihrem Zelt, Trapper bieten Felle feil. Eine Gruppe Cowboys mit Colts in ihren Halftern schlendert an der Feuerstelle und dem Löschfass vorbei. Doch sie alle befinden sich nicht in North Dakota oder Texas. Der Ort an dem sie alle aufeinander treffen heißt Quickborn und der liegt bekanntlich im Kreis Pinneberg.

Männer, Frauen und Kinder haben sich Pfingsten zum 28. Western- und Vorderladertreffen, das größte Westerntreffen in Schleswig-Holstein, zusammengefunden. Das Schießen steht bei den meisten Besuchern schon lange nicht mehr im Vordergrund. "Es geht uns darum, Leute kennenzulernen und wiederzutreffen. Man fachsimpelt, sitzt zusammen. Geselligkeit ist hier sehr wichtig", sagt Thorsten Wallenski aus Norderstedt. Der Cowboy, zu erkennen am Halfter, dem typischen Hut und einer Lederweste, ist Stammgast beim Westerntreffen in Quickborn.

Thomas Schröder und Thomas Funk sind aus Lübeck angereist. "Ich bin nach zehn Jahren das erste Mal wieder hier", sagt Schröder. Die beiden stehen zusammen mit Thorsten Wallenski in der heißen Mittagssonne, nahe dem Lagerfeuer. "Man trifft hier viele alte Freunde wieder", sagt Thomas Schröder. "Alle sind per Du, es ist ein freundliches Miteinander." Die Leute, ob als nun Trapper, Indianer oder Siedler angereist, kommen aus gesellschaftlichen Bereichen und Altersklassen. Kinder toben mit Pfeil und Bogen durch das Camp, ältere Damen verkaufen Schmuck, junge Männer in Indianerkluft schlendern mit einer Milchkanne zu ihrem Zelt. Es gibt einen Richter, eine Schamanin, ja sogar einen Totengräber gibt es im Camp.

Immer wieder fallen Schüsse. Das sind keine Duellanten, Banditen oder Krieger eines feindlich gestimmten Indianerstammes. Es sind die Schützen, die sich in verschiedenen Schießwettkämpfen messen. Von früh morgens bis zum Abend schießen sie mit Vorderlader, Revolver, Unterhebelreptiergewehr oder Pfeil und Bogen um die Wette. Viele sind aber auch einfach nach Quickborn gekommen, ohne an den Wettkämpfen teilzunehmen, wie Thomas Schröder, Thorsten Wallenski und Thomas Funk.

Die Begeisterung für den Wilden Westen wurde beim Thomas Schröder schon als Kind geweckt. "Ich habe Karl-May-Bücher gelesen, die haben mich total gefesselt", sagt er. Allerdings habe er bald gemerkt, dass es sich bei den Geschichten des Abenteuer-Autoren May um Märchen handele. "Fasziniert war ich trotzdem", sagt der Lübecker. Während seiner Zeit beim Bund war er in Kanada stationiert, hatte Kontakt mit echten Ureinwohnern Nordamerikas. "Ihre Geschichte ist sehr traurig", sagt er. "Ich habe auch in North Dakota noch sogenannte Indianer getroffen. Ihre Lebensweise hat mich sehr beeindruckt. Thomas Schröder trägt in Quickborn die Kluft eines Cowboys. Die Kostüme fertigt jeder selbst. Dabei spielen Überlieferungen eine große Rolle.

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"Man versucht, die Kluft originalgetreu nachzuarbeiten", sagt Funk. Es gehe nicht darum, in einen Laden zu gehen und sich eine fertige Kluft zu kaufen. "Natürlich gibt es Leute, die das machen, aber das ist sehr verpönt", sagt er. "So eine Kluft entwickelt sich im Laufe der Zeit immer weiter, sie wächst."

Waffen dagegen seien weniger wichtig. "Der Colt ist das I-Tüpfelchen. Die meisten Cowboys hatten aber gar nicht genug Geld, um sich eine Waffe zu leisten", weiß Thorsten Wallenski. "Und wenn doch, dann diente sie in erster Linie zur Selbstverteidigung gegen Tiere, vielleicht gegen Feinde."

Das Bild des Wilden Westens sei durch die Amerikaner selbst entstellt und verfälscht worden. "Die ganzen John-Wayne-Filme erwecken bei den Fernseh- und Kinozuschauern einen völlig falschen Eindruck", sagt Thomas Schröder. Viele Amerikaner wüssten viel zu wenig über die Geschichte Nordamerikas, "und das, was sie wissen, wissen sie von Hollywood."

Neben den Bewohnern des Camps, in dem es alles gibt, was der Wild-West-Fan braucht, sind auch viele Besucher nach Quickborn gekommen. Für sie gibt es viele Attraktionen: Mettwurstschießen für Erwachsene, Goldwaschen oder Preisschießen für die Kinder. Nur eins gibt es nicht: Langeweile. Immer mehr Leute kommen in das Camp.

Thomas Funk, Thorsten Wallenski und Thomas Schröder freuen sich, dass so viele Menschen Interesse an der Geschichte des Wilden Westens zeigen. "Viele Kinder stellen uns Fragen, wollen Dinge über den Wilden Westen erfahren", sagt Wallenski. Die drei Cowboys aus Lübeck und Norderstedt wollen im nächsten Jahr wieder nach Quickborn kommen.