Liberale holen im Kreis Pinneberg bessere Werte als im Landesschnitt. 18,2 Prozent in Ellerbek. Wahlparty dauert bis tief in die Nacht

Kreis Pinneberg. Werner Mende kramt einen kleinen, abgegriffenen Zettel hervor: "Hier, hier", sagt der Pinneberger FDP-Fraktionschef, "ich tippe 7,2 Prozent." Auch andere Mitglieder der Liberalen wagten noch vor der offiziellen Prognose einen Blick in die Glaskugel. Sechs, sieben, acht Prozent trauen sie sich zu. Olaf Klampe, FDP-Direktkandidat für Pinneberg, glaubt sogar an mehr als zehn Prozent. "Zweistellig ist drin", sagt der FDP-Kreischef, zieht noch einmal an seiner Zigarette und geht dann schnell ins Lokal "ma Vino", zum Fernseher, zur FDP-Party. Es ist 17.57 Uhr.

Nach monatelangem Zittern, nach Umfragewerten von zwei bis drei Prozent herrscht auf der FDP-Wahlparty in Pinneberg wieder Optimismus. Wenige Minuten vor der 18-Uhr-Prognose sind noch nicht allzu viele Liberale eingetrudelt. Doch die jüngsten Umfragen machten Mut, mit einem Glas Wein wird noch ein bisschen nachgeholfen. Dann beginnt der Countdown - und als 8,5 Prozent am Bildschirm aufleuchten, bricht es aus den Liberalen heraus: Jubel, Klatschen, strahlende Gesichter. Sogar das Wort "Mitregieren" fällt plötzlich, auch "Ampel" und "Jamaika" - vor einigen Wochen undenkbar in den Reihen der Liberalen.

Der Partei gelingt in einem spektakulären Endspurt ein Überraschungscoup: 8,2 Prozent im Land, 8,6 Prozent im Kreis Pinneberg stehen am Ende für eine Partei, die viele schon totgesagt haben. Und es bewahrheitet sich wohl, was der Ellerbeker Bürgermeister Günther Hildebrand im Wahlkampf, am Rande einer Veranstaltung im Februar noch sagte: "Spätestens an der Wahlurne werden viele FDP-Wähler wieder zu uns zurückfinden". Er, der auch Schatzmeister der Landesliberalen ist und nun nach vielen Jahren aus dem Parlament ganz freiwillig ausschied, bekam in Ellerbek noch ein kleines Abschiedsgeschenk: 18,2 Prozent der Wähler stimmten hier für die FDP, in Tangstedt waren es 15,7 Prozent. Aber auch in den Städten konnte die FDP gute Ergebnisse einfahren. In Quickborn kam die Partei auf 11,3 Prozent, in Wedel auf 8,7 Prozent. In Elmshorn waren es 7,4 Prozent, in Pinneberg 8,2, in Uetersen 7,8, in Barmstedt 8 Prozent und in Tornesch 7,3 Prozent. Doch man muss nicht jahrelang Bürgermeister oder zumindest bekannt sein, um gute Werte zu bekommen. Ausgerechnet Kristin Funke, vor zweieinhalb Jahren mit dem FDP-Rekordergebnis im Zuge der Bundestagswahl ins Landeshaus gerutscht, bekam in ihrem Wahlkreis 23 (Pinneberg-Nord) stolze 9,8 Prozent der Zweitstimmen. Sie und auch die Pinneberger FDP-Chefin Birgit Klampe hatten mit ihrer Direktkandidatur keine Chance auf einen Platz im Landtag. Funke geht nach Kiel, wird Geschäftsführerin eines Bekleidungsladens, Klampe macht in Pinneberg weiter.

Es wird viel gedankt an diesem Abend. Auf dem Barhocker liegt eine übergroße Pralinenpackung mit der Aufschrift "Merci" und gefeiert wurde noch bis tief in die Nacht. Bei der ist nach den Monaten der Negativschlagzeilen die Welt wieder ein wenig in Ordnung.