Im vergangenen Jahr sind 66 Radfahrer in der Kreisstadt Pinneberg bei Verkehrsunfällen verletzt worden, elf von ihnen schwer.

Pinneberg. Die Stadt Pinneberg könnte zu einer echten Rad-City werden. Das jedenfalls glauben die im Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) organisierten Zweiradfahrer. Dahin aber ist es noch ein langer (Rad-)Weg. "Die Situation der Radfahrer in Pinneberg ist bescheiden", sagt Juliane Besendahl vom Vorstand der örtlichen ADFC-Gruppe. "Die Autofahrer wollen uns nicht auf der Straße und hupen uns weg. Die Fußgänger wollen uns nicht auf dem Fußweg."

Den Zustand vieler Radwege in der Kreisstadt nennt die Pinnebergerin Juliane Besendahl, 47, "katastrophal". Sie und ihr Mitstreiter Heinz Förster, 69, aus Halstenbek, beschreiben allerlei Gefahrenpunkte, an denen aus Radfahrersicht immer wieder lebensgefährliche Situationen entstehen. Und es ist nicht nur die gefühlte Unsicherheit der Radfahrer. Die Verkehrsunfallstatistik der örtlichen Polizei zeigt: Pinnebergs Radler leben tatsächlich gefährlich.

Nach den Angaben von Revierleiter Thorsten Buchwitz wurden bei Verkehrsunfällen im Jahr 2011 in Pinneberg 22 Menschen schwer verletzt. Davon waren fünf Fußgänger - und elf Radfahrer. 55 Radfahrer erlitten bei Unfällen leichte Verletzungen. Bei insgesamt 160 Unfällen im Vorjahr waren Menschen zu Schaden gekommen.

Dort, wo es nicht blaue Schilder gibt, die auf benutzungspflichtige Radwege hinweisen, dürfen Radfahrer auf der Straße fahren. Und sollen es zur eigenen Sicherheit nach Ansicht des ADFC auch. Juliane Besendahl, die täglich mit dem Zweirad von Pinneberg-Nord in ihre Ergotherapie-Praxis in der Innenstadt fährt, aber weiß auch: "In Pinneberg auf der Straße zu fahren, ist teils lebensgefährlich."

Die Fahrradaktivistin setzt auf vermehrte Aufklärung und Information der Autofahrer. Und erhofft sich einen Sinneswandel der Autofahrer.

+++ Standortfaktor Fahrradwege +++

"Wenn immer mehr Radfahrer auf den Straßen fahren, dann werden wir von den Autofahrern auch besser wahrgenommen", sagt Juliane Besendahl. Bis dato sei es so, dass die schwächern Verkehrsteilnehmer oft angehupt, beschimpft oder genötigt würden.

Die ADFC-Vorstände räumen ein, dass es auch unter den Radfahrern schwarze Schafe gibt. "Wir unterstützen die Kontrollen der Polizei", sagt Juliane Besendahl. Es sei ein Unding, dass viele Räder keine funktionierende Lichtanlage hätten. Eltern seien gefragt, mehr auf die Verkehrssicherheit der Räder ihrer Kinder zu achten.

Die von Autofahrern verbreitete Mär, bei Unfällen seien immer die Radfahrer die Schuldigen, wird von der Polizeistatistik widerlegt. Bei den genannten Unfällen mit Radfahrerbeteiligung waren in 25 Fällen die Zweiradfahrer die Verursacher. "In der überwiegenden Zahl der Unfälle haben die Radfahrer die Unfälle nicht verursacht" sagt Revierleiter Buchwitz. Hauptunfallursache bei diesen Unfällen waren nach Angaben des Polizeihauptkommissars Vorfahrtsverstöße sowie Fehler beim Abbiegen.

Juliane Besendahl und Heinz Förster kennen viele Punkte in Pinneberg, an denen es laufend zu brenzligen Situationen und Beinaheunfällen kommt. Zum Beispiel an der Zufahrt zum Marktplatz von der Elmshorner Straße aus. Oder an der Einmündung der Flagentwiete in die Elmshorner Straße, wo die Autofahrer regelmäßig über den Radweg hinweg bis zu ihrer Sichtlinie fahren. "Am allersichersten sind eigene Radfahrstreifen auf der Fahrbahn", sagt das Duo vom ADFC. Ihnen schwebt vor, solche Radfahrstreifen auf kleineren Straßen, die parallel zu den Hauptverkehrsstraßen führen, in die City zu führen. Zum Beispiel aus Richtung Norden entlang der Friedenstraße und der Bismarck bis in die Innenstadt. Apropos: Wie unvollständig das Radwegesystem bislang ist, zeigt sich eben an dieser Bismarckstraße. Stadteinwärts gibt es ein kurzes Stück gemeinsamen Fuß- und Radweg - an einer engen Stelle an einem dicken Baum vorbei. Wer dann mit dem Rad über die Friedrich-Ebert-Straße in Richtung Fußgängerzone möchte, weiß auf der anderen Seite nicht mehr, wo er weiterfahren soll oder darf.

Wer mit dem Pinneberger ADFC Ideen zur Verbesserung der Situation für Radfahrer diskutieren möchte, kann am Dienstag, 8. Mai, zu einem der regelmäßigen Treffen in den Ratskeller, Bahnhofstraße 45, kommen. Beginn ist an jedem zweiten Dienstag im Monat um 19.30 Uhr.