Bund der Steuerzahler kritisiert schlampige Zustände in Pinneberger Finanzverwaltung. Bürgermeisterin Ahlheit setzt Projektgruppe ein.

Pinneberg. Neue Details zu den mehr als sechs Millionen Euro Außenständen der Stadt Pinneberg zeigen nun das ganze Ausmaß der Finanz-Affäre.

Die Verwaltung sitzt, das wurde im Hauptausschuss am Mittwoch bekannt, auf mehr als 16 500 offenen Rechnungen. Wie viele davon nicht rechtzeitig angemahnt worden sind, ist noch immer nicht bekannt. Auch die Frage, wie groß der finanzielle Schaden tatsächlich ist, wurde nicht beantwortet. Mittlerweile wurden erste Mahnungen verschickt, einige Zahlungseingänge erfolgten.

Bund der Steuerzahler: Die Dienstaufsicht hat geschlampt

Für Irritationen sorgte die von der Leiterin der Finanzverwaltung benannte Auflösung eines sogenannten Verwahrkontos mit einem Volumen von 820 000 Euro. Es gebe damit "Probleme". Wie eine Umfrage unserer Zeitung ergab, wusste kein Politiker Einzelheiten in diesem Punkt. Bürgermeisterin Kristin Alheit, SPD - als Einzige auskunftsberechtigt - war für eine Stellungnahme gestern nicht zu erreichen.

Für den schleswig-holsteinischen Bund der Steuerzahler sind diese Vorgänge unbegreiflich: "Für eine Stadt dieser Größe und in dieser finanziellen Schieflage sind die Unregelmäßigkeiten ein Beleg für die unhaltbaren Zustände in der Verwaltung", sagte Geschäftsführer Rainer Kersten der Pinneberger Zeitung. Gerade im Bereich der offenen Forderungen gebe es klare Arbeitsprozesse, die diese Finanzblase, wie sie in Pinneberg entstanden sei, unmöglich machen. Für Kersten ist klar: "Hier hat die Dienstaufsicht massiv geschlampt."

Für Aufklärung soll nun eine fünfköpfige Projektgruppe "Rechnungswesen" unter der Leitung von Thorsten Backhaus, kaufmännischer Leiter des städtischen Kommunalen Servicebetriebs (KSP), sowie der Landungsrechnungshof sorgen. Die Arbeitsgruppe soll die Forderungen der Stadt detailliert aufschlüsseln, neu bewerten, in Risikoklassen einstufen und ist der Bürgermeisterin direkt unterstellt. Zudem sollen Arbeitsprozesse in der Finanzbuchhaltung mit dem Ziel durchleuchtet werden, ein effizientes Forderungsmanagement aufzubauen. Die Fachleute sollen zusätzlich die Verwaltung bei der Erstellung der Eröffnungsbilanz der Stadt unterstützen. Die ist notwendig, nachdem die Stadt auf die doppelte Haushaltsführung umgestellt hatte.

Alheit: Notfalls muss die Kommunalaufsicht klären

CDU-Fraktionsvorsitzender Michael Lorenz begrüßt die für ihn notwendigen Maßnahmen. "Ich habe den Eindruck, dass es in der Verwaltung erheblichen Nachholbedarf und große Lücken gibt", sagte er. Vor allem viele Arbeitsabläufe seien zu kompliziert.

Parallel zu der internen Arbeitsgruppe wird der Landungsrechnungshof die Finanzverwaltung durchleuchten. Zu seinen Aufgaben gehört es, die offenen Forderungen sowie deren bisherige Bearbeitung zu prüfen.

"Ich glaube, dass aus dem Bericht des Landrechnungshofes hervorgehen wird, welche Mängel in der Finanzbuchhaltung bestehen und wer für sie verantwortlich ist", sagt Michael Lorenz.

Um die Frage nach der Verantwortlichkeit zu klären, brachte Bürgermeistern Kristin Alheit erstmals auch die Kommunalaufsicht ins Spiel. Sie müsse gegebenenfalls die Prozesse bewerten.

Doch nicht nur in der Finanzbuchhaltung des Rathauses läuft es offenbar nicht rund. Auch im Bürgerbüro kam es zu massiven Problemen: Nach Ostern, so berichteten es Ausschussmitglieder, soll es aufgrund von Urlaub und Krankheit der Sachbearbeiter zu erheblichen Wartezeiten gekommen sein. "Das Bürgerbüro ist das Aushängeschild der Verwaltung. Da darf es nicht zu diesen Störungen im Ablauf kommen", kritisierte Hauptausschussmitglied Klaus Seyfert (CDU). "Dafür muss immer Personal bereit stehen."