Kirchengemeinden unterstützen Not leidende Menschen in Ostafrika finanziell und ideell

Kreis Pinneberg. Afrika - der Kontinent ist weit, weit weg, aber für viele Menschen im Kreis Pinneberg trotzdem sehr nahe. Denn diese engagierten Bürgerinnen und Bürger belassen es nicht bei schönen Worten aus Anlass von Gedenktagen wie dem "Afrika-Tag" alljährlich Ende Mai, sondern leisten kontinuierlich ganz praktische Hilfe. Die Kirchengemeinden Wedel/Holm und Schulau sind seit rund 30 Jahren Vorreiter und unterstützen zusammen mit anderen Gemeinden aus dem ehemaligen Kirchenkreis Blankenese die Menschen im Kirchenkreis Lupila.

Keimzelle der Initiative war die Christus-Kirchengemeinde Schulau, nachdem Pastor Peter Knuth in den 70er-Jahren aus Ostafrika zurückgekehrt war und von bitterer Not berichtete. Die Gemeinden des Kirchenkreises Blankenese suchten sich daraufhin Partnergemeinden - Schulau und Igumbilo arbeiten seitdem zusammen. "Mit dem Bau von Wasserleitungen fing es an, jetzt stellen wir regelmäßig Hilfslieferungen zusammen und schicken Spenden, damit den Hinterbliebenen von Aids-Kranken geholfen wird", sagt Pastor Bernd Michaelsen. Das Geld geht an die Diakonie vor Ort, die Kindern den Schulbesuch finanziert und auch Alte und Behinderte, die wegen des Todes ihrer Angehöriger allein dastehen, beispielsweise kleine Hütten baut.

Denn die Lage ist wegen der Geißel Aids dramatisch. In den 17 Dörfern des Kirchenkreises gibt es mehr als 1700 Aids-Waisen. Die mittlere Familiengeneration ist fast ausgestorben, und die Dorfgemeinschaften haben keine Chance, die Waisen zu versorgen. "Wir können unseren eigenen Kindern sehr viel bieten, von guter Schulbildung bis zu Klavierunterricht - doch wir sollten auch etwas abgeben", sagt Ivonne Dencker, die zum neuen Afrika-Team der Kirchengemeinde Wedel-Holm gehört. Wie sie wurden viele andere durch Berichte von Rolf und Sibylle Wassermann zum Mitmachen motiviert, die jahrelang selbst vor Ort waren. Pastor Wassermann und seine Frau wollen nach Jahrzehnten jetzt kürzer treten - andere nehmen den Faden auf. "Man muss über den Tellerrand hinaus blicken", sagt Anke Weidner-Hinkel, ebenfalls Mitglied der Aktionsgruppe.

Das Team betreut mehrere Projekte. Eine der wichtigsten Aufgaben ist das Partnerschaftsprogramm für Aids-Waisen. Schon zehn Euro im Monat aus Deutschland können im ostafrikanischen Hochland wahre Wunder wirken. Fünf Euro bekommt ein bestimmtes Kind und seine eventuell verbliebenen Angehörigen für Essen, Kleidung und Schulbedarf und -geld für die weiterführende Schule - die anderen fünf Euro fließen in einen Fonds, aus dem anderen Dorfbewohnern geholfen wird. "Dadurch leisten die Patenkinder einen wichtigen Beitrag zur Dorfgemeinschaft und gewinnen Achtung", berichtet Sibylle Wassermann, die das Konzept entwickelt hat.

Bildung und Hilfe zur Selbsthilfe sind die Kernanliegen der Gruppe. Einige Waisen haben so mit Hilfe aus dem Kreis Pinneberg sogar Aussicht auf ein Studium. Viele können jetzt neben ihrem Ackerbau für den Eigenbedarf noch Geld mit einem Beruf verdienen. So wurden Schneiderinnen ausgebildet und mit Tret-Nähmaschinen ausgestattet. Weitere handwerkliche Ausbildungsmöglichkeiten sollen folgen. Bereits ausgebildete Waisen unterrichten dabei die Jüngeren.

Der Kontakt verläuft nicht nur in eine Richtung. Mitte Juli wird eine Gruppe von Diakonie-Mitarbeitern aus Tansania erwartet. Sie werden sich über die Arbeit und Strukturen in Deutschland informieren und direkt in den Gemeinden Projekte erläutern. Für den Herbst ist wieder ein Besuch von Deutschen in Afrika geplant. Die Aktionsgruppe bekommt schon einmal die Woche Kisuaheli-Unterricht. Dann wird es insbesondere um die zweite Mammut-Aufgabe gehen: das Verlegen von Wasserleitungen. Vier der 17 Dörfer in dem Gebiet sind noch nicht an Quellen angeschlossen, weil sie so weit von ihnen entfernt liegen - das zu ändern, wird ein Vorhaben der nächsten Jahre sein.