Tangstedt. Der Verbandsliga-Titelfavorit und der Coach beenden überraschend ihre Zusammenarbeit. Das sagen die Beteiligten zu den Gründen.

Es ist eine der vielen Fußballfloskeln, die seit Jahren hemmungslos überreizt wird: Die Trennung zwischen Verein und Trainer sei im gegenseitigen Einvernehmen erfolgt. Spricht man anschließend mit den Protagonisten, bröckelt die für beide Seiten gesichtswahrende Formulierung oftmals schnell auseinander. Im Fall des Verbandsligaclubs WSV Tangstedt und seines bisherigen Chefcoaches Kevin Steen scheint es sich anders zu verhalten.

„Man darf eines nicht vergessen“, sagt Christoph Möhring, der als Teammanager vereinsseitig die Verantwortung für die Trennung trägt: „Wir sind mit Kevin befreundet, viele Spieler und ich auch. Er wohnt 50 Meter von mir entfernt.“ Man habe offen und ehrlich gesprochen. Die Erkenntnis, dass die zuletzt schwächelnde Mannschaft einen neuen Reiz benötige, sei gemeinsam gereift.

Trainerwechsel: WSV Tangstedt und Kevin Steen trennen sich

Zur Wahrheit gehört auch, dass sie sich beim WSV diesen Schritt eigentlich unbedingt ersparen wollten. Nichts ist den Verantwortlichen so wichtig wie die Ausmerzung des alten Images als Chaosclub, der seine Trainer nach jeder Niederlage austauscht. Auf der anderen Seite wollen die Wilstedter nach der im vergangenen Frühjahr hauchdünn verpassten Meisterschaft endlich in die Landesliga aufsteigen. Und dass dieses Ziel vor der Winterpause in große Gefahr geraten ist, das lag offenbar auch am Coach.

Das sieht – bemerkenswerter Weise - sogar Steen selbst so. „Ich habe mich entschieden, dass die Mannschaft einen neuen Reiz verdient hat, weil ich das Gefühl hatte, dass es nicht mehr so richtig gepasst hat“, sagt der 30-Jährige, der das Team vor dreieinhalb Jahren übernommen hatte. Nach einigen Jahren bei den Junioren des Glashütter SV war es seine erste Station im Herrenbereich. Nun habe er eine Entscheidung im Sinne der Mannschaft getroffen, „damit das große Ziel nicht verschwindet.“ Er hoffe, so Steen, dass ein anderer Trainer neue Stellschrauben finde, an denen es sich zu drehen lohne. „Ich konnte manches nicht mehr vermitteln. Das habe ich selbst gemerkt.“

WSV Tangstedt: Acht Siege in neun Spielen – dann kam der Bruch

Dabei begann die Saison praktisch perfekt. Nochmals namhaft verstärkt, wurde der amtierende Vizemeister seiner Favoritenrolle zunächst gerecht. Aus den ersten neun Spielen holte der damalige Tabellenführer acht Siege und ein Remis. Für viele Beobachter der Verbandsliga Süd-West war der Titel schon nach dem ersten Saisondrittel vergeben.

Doch dann der Bruch. Plötzlich war die Leichtigkeit dahin, zudem verletzten sich mehrere Leistungsträger und konnten nicht so leicht ersetzt werden, wie es Trainer und Verein bei der Kaderzusammenstellung gehofft hatten. Beim Abstiegskandidaten Leezener SC und gegen den im Mittelfeld positionierten SC Rönnau 74 spielte Tangstedt nur unentschieden.

Das wirkte nach dem 2:1-Auswärtssieg beim starken TSV Bargteheide wie ein Betriebsunfall, doch die Talfahrt ging im November erst los: Auf ein enttäuschendes 0:0 beim SSC Phoenix Kisdorf folgten in Hartenholm und Horst (jeweils 1:3) die beiden ersten Niederlagen seit März. Der SV Todesfelde II, mit dem sich Steen nach dem direkten Duell im September öffentlich angelegt hatte, zog dank einer Siegesserie vorbei und überwintert mit acht Punkten Vorsprung (bei einem mehr absolvierten Spiel).

„Manchmal ist es besser, sich als Trainer für den Rückzug zu entscheiden, statt mit voller Gewalt weiterzumachen“, sagt Steen nun. Seine Ex-Spieler bezeichnet er als „ein junges, tolles Team. Ich wünsche ihnen, dass sie zurück in die Erfolgsspur finden.“

WSV Tangstedt: Ein neuer Trainer muss erst einmal gefunden werden

Für die Aufholjagd ist künftig ein Coach zuständig, der erst noch gefunden werden muss. Den Übergang gestalten Steens bisheriger Assistent Pasquale Sutt sowie Torwarttrainer Manfred Möller. „Ich fange jetzt an, zu suchen“, sagte Teammanager Möhring Anfang der Woche. Dabei werde sich der Club Zeit lassen. „Wir wollen keinen Schnellschuss machen oder eine B- oder C-Lösung wählen.“

Wenn möglich, soll Steens Nachfolger aber genug Zeit bekommen, den WSV auf die restliche Saison vorzubereiten. Das erste Spiel im neuen Jahr ist für den 12. März angesetzt. Dann steht direkt das Rückspiel gegen den VfR Horst an – es ist jener Club, der Steen Ende November wohl aus dem Amt geschossen hat.