Norderstedt. Der Topscorer von Eintracht Norderstedt wird Profi in der 2. Bundesliga. Alle Hintergründe zum außergewöhnlichen Wechsel.

Mit seinem spektakulären Spielstil hat Elias Saad die Herzen der Fans von Eintracht Norderstedt erobert. Und genauso aufsehenerregend verabschiedet sich der 22 Jahre alte Flügelstürmer nun: Bereits in diesem Winter wechselt Saad zum FC St. Pauli.

Und das nicht in die dortige U23. Er wird ab dem 9. Dezember Bestandteil des Profikaders in der 2. Bundesliga, wo der Club vom Millerntor derzeit zu den Abstiegskandidaten zählt. Die Heimpartie in der Regionalliga Nord gegen den SSV Jeddeloh am Sonntag, 14 Uhr, im Edmund-Plambeck-Stadion ist demnach sein Abschiedsspiel.

Der FC St. Pauli gibt Saad die Chance, sich im Profifußball durchzusetzen

„Elias Saad ist ein Spieler, den wir bereits seit einiger Zeit beobachtet haben. Wir bleiben unserem Kurs treu, Spieler mit Potenzial zu verpflichten, die in unser langfristig angelegtes Konzept passen – und ihnen die Chance zu geben, sich im Profibereich durchzusetzen“, sagte Andreas Bornemann, Sportchef des FC St. Pauli. Und Trainer Timo Schultz betonte: „Mir bringt es immer Spaß, mit jungen und entwicklungsfähigen Spielern zu arbeiten. Elias Saad bringt ordentlich Tempo mit und hat in der Regionalliga seine Torgefährlichkeit gezeigt. Dies gilt es nun auf die 2. Bundesliga zu übertragen.“

Für Elias Saad selbst geht logischerweise „ein Traum in Erfüllung“, wie er auf der Club-Homepage zitiert wird. „Der Verein hat gezeigt, dass er Talenten das Umfeld und die Möglichkeit bietet, weiterzukommen. Meine volle Konzentration liegt nun darauf, mich in das Team zu integrieren und meine Stärken einzubringen. Nun peile ich die nächsten Ziele an, dazu gehört, bei einem Spiel am Millerntor für den FC St. Pauli aufzulaufen.“ Das erste Zweitliga-Spiel 2023 wäre allerdings auswärts am 29. Januar beim 1. FC Nürnberg.

Der 22-Jährige war 2021 von BU nach Norderstedt gekommen

Der Eintracht dankt er für die Chance, die er hier erhalten hat. „Ich habe mich vom ersten Tag an sehr wohl bei Eintracht Norderstedt gefühlt und bin sehr glücklich, dass ich Teil dieser Mannschaft und dieses Vereins sein konnte. Die Mannschaft hat mir von Tag eins den Rücken gestärkt, sowohl auf als auch neben dem Platz. Mein Dank gilt aber nicht nur der Mannschaft, sondern natürlich auch den Trainern und dem ganzen Team drumherum, die immer an mich geglaubt haben.“

Es ist ein Transfer mit Knalleffekt. Mit Saad, der 2021 vom Oberligisten Barmbek-Uhlenhorst verpflichtet wurde, nachdem er dem damaligen Norderstedter Trainer Jens Martens empfohlen worden war, hatte die Eintracht zweifelsohne einen der besten Akteure der Regionalliga Nord in ihrem Team. Seine Bilanz von zehn Toren und drei Vorlagen in 16 Partien spricht für sich.

Seit Sommer hat der Offensivmann sich enorm weiterentwickelt in allen Bereichen, ist körperlich stärker geworden, konsequenter im Abschluss, oftmals nur von mehreren Gegenspielern zu verteidigen. Insgesamt war er in 46 Pflichtspielen an 39 Toren beteiligt.

Elias Saad mit Andreas Bornemann, Sportchef des FC St. Pauli. Der Club hatte den Norderstedter Angreifer bereits seit einiger Zeit auf dem Zettel.
Elias Saad mit Andreas Bornemann, Sportchef des FC St. Pauli. Der Club hatte den Norderstedter Angreifer bereits seit einiger Zeit auf dem Zettel. © FCSP

Sein Vertrag lief noch bis zum 30. Juni 2023. Dass er selbst unbedingt Profi werden wollte, hatte er dem Abendblatt zuletzt im September gesagt – und verraten, dass er sich nach einer abgeschlossenen Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann ausschließlich auf den Fußball konzentriert. Und mit den guten Leistungen und mit jedem weiteren Treffer kamen Gerüchte auf, dass er den Club spätestens im Sommer 2023 verlassen würde. Ein Potenzial mindestens für die 3. Liga wurde ihm attestiert. Und auch ein Gerücht, dass der FC St. Pauli Interesse hätte, machte kürzlich die Runde, ohne aber verifiziert werden zu können.

Auch Kiel, Nürnberg und Paderborn hatten Interesse am Eintracht-Youngster

Eintracht-Präsident Reenald Koch hat die Verhandlungen mit St. Pauli geführt, wo er selbst auch einst aktiv war und zudem Clubchef. Norderstedt hat eine Ablöse erhalten, über deren Höhe aber Stillschweigen vereinbart wurde. „Der Transfer ist für beide Seiten eine Win-Win-Situation.“ Saad sei im „Eins gegen Eins der beste Spieler aller Regionalligen“, so Koch. „Niemand gewinnt offensiv mehr Zweikämpfe. Und er erreicht eine Geschwindigkeit von 34 km/h. Das ist auch in der Bundesliga ein Spitzenwert.“

Koch hat wie auch alle anderen Verantwortlichen im Verein lange mit Saad gesprochen. Den Karriereschritt wollte ihm niemand verbauen, auch wenn der sportliche Verlust erheblich ist. „Entscheidend ist, dass er den absoluten Willen hat, es zu schaffen. St. Pauli wird viel Spaß haben mit Elias.“

Dem Vernehmen nach gab es sogar mehrere Optionen – auch Holstein Kiel, der SC Paderborn und der 1. FC Nürnberg sollen Interesse bekundet haben. Kein Wunder: Herausragende Viertliga-Fußballer fallen längst nicht mehr durch das Raster. Nürnbergs Sportvorstand Dieter Hecking wurde am vergangenen Wochenende beim Norderstedter Auswärtsspiel in Havelse (0:2) gesichtet. Und Kiels Sportchef Uwe Stöver bestätigte gegenüber den „Kieler Nachrichten“ sogar: „Wir haben uns mit dem Spieler beschäftigt und in diesem Zusammenhang auch entsprechende Kontakte gehabt.“

Bleibt die Frage, wie Norderstedt jetzt die Vakanz auf den Außenbahnen füllen kann. Und so hat Eintracht-Coach Olufemi Smith gemischte Gefühle. „Für uns ist Elias’ Abgang menschlich und sportlich natürlich ein großer Verlust, aber wir freuen uns, dass er den Sprung in den Profifußball nun vollziehen darf und die Möglichkeit bekommt, den nächsten Karriereschritt zu gehen. Er hat in den letzten knapp anderthalb Jahren bei uns eine tolle Entwicklung genommen und sich diese Chance absolut verdient.“

Kommen Johann von Knebel und Nick Gutmann jetzt zurück zur Eintracht?

Optionen gäbe es wohl einige, zumal der Verein durch die Ablöse auch finanziell Spielraum haben dürfte. Zwei Namen sind naheliegend: Johann von Knebel und Nick Gutmann, die 2021 in die USA gegangen waren, kehren in diesem Winter zurück nach Deutschland. Beide wären absolute Verstärkungen, gerade von Knebel mit seiner technischen Qualität quasi der direkte Saad-Nachfolger.

Reenald Koch will sich zu Spekulationen nicht äußern. Mit dem Duo sei man natürlich in Kontakt, sagt er lediglich. Und ist optimistisch, dass es zum Trainingsauftakt am 5. Januar Verstärkungen gibt. „Wir haben uns im Laufe unserer Zeit in der Regionalliga einen guten Ruf erarbeitet.“ Und dass Eintracht Norderstedt für Talente ein Sprungbrett sein kann, hat Elias Saad nun eindrucksvoll unter Beweis gestellt.