Kaltenkirchen. MSC Kaltenkirchen feiert sein Jubiläum. Warum die beliebte Enduro-Fahrt des Vereins so vielfältig ist wie nie.

Der MSC Kaltenkirchen feiert in diesem Jahr einen runden Geburtstag. 70 Jahre jung wird der Kaltenkirchener Motorsportclub. Als Geschenk gab es gleich zwei Neuerungen bei der seit 1955 aufgetragenen Enduro-Fahrt „Onkel Tom’s Hütte“. Zum einen den erstmaligen Prolog, zum anderen fuhren Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung mit.

179 Endurofahrer und zwei Fahrerinnen hatten gemeldet. Für sie war der Prolog vorgesehen, bevor es auf die eigentliche Strecke ging. Und der MSC gestalteten diesen ziemlich kniffelig. Auch Gesamtsieger Casper Lindholm aus Linköping in Schweden zollte seinen Respekt. „Der war echt anspruchsvoll und so gar nicht mein Ding.“

Das abwechslungsreiche Terrain verlangte allen Fahrern einiges ab

Die Veranstalter hatten den Nebenplatz der Kaltenkirchener Festwiese kurzweilig hergerichtet. Mit Traktorreifen, Steinfeldern, Stahlröhren, Rundhölzern, einer Wippe und einer Brücke samt Tunnel wurde ein abwechslungsreiches Terrain geschaffen, das die Zuschauer anzog und manchen Fahrer zur Verzweiflung trieb. „Ich bin mir sicher, dass mindestens 20 Fahrer gar nicht erst gemeldet haben, als sie vom Prolog erfahren haben“, sagte Torben Bröer vom MSC Kaltenkirchen.

Er war für die zweite Neuerung bei der diesjährigen Wettfahrt verantwortlich. Der Inklusionsbeauftragte des Clubs integrierte eine Teilnahme für Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung in die Wettfahrt. „Das war echt toll. Oft wird mit unserer Teilnahme geworben, und dann wird unsere Fahrtstrecke irgendwo versteckt, damit wir die Veranstaltung nicht stören“, sagte Bernd Jeffré. „Hier in Kaki sind wir mit den ganzen anderen Aktiven über den ganz normalen Kurs gefahren“, freute sich der Paralympics-Sieger im Handbike aus Kiel.

Menschen mit Behinderung konnten erstmals mitfahren. Daniela Lünemann, Torben Bröer, Michael Bahr, Daniel Ulmann, Morten Jenner, Bernd Jeffré und Stefan Pohlmann (von links) waren dabei.
Menschen mit Behinderung konnten erstmals mitfahren. Daniela Lünemann, Torben Bröer, Michael Bahr, Daniel Ulmann, Morten Jenner, Bernd Jeffré und Stefan Pohlmann (von links) waren dabei. © Thomas Maibom | Thomas Maibom

Damit die Behinderten auch das Erlebnis einer Querfeldeinfahrt erleben konnten, hatte sich Bröer etwas Besonderes ausgedacht. Die Querschnittgelähmten fuhren selber auf Quads mit reiner Handsteuerung. Sie bekamen immer einen Begleiter mit auf den Kurs, der helfen konnte, falls es mal zu einer Situation kommen sollte, die die gehandicapten Fahrer nicht selber lösen konnten. „Wenn die Motorradfahrer vorbei kamen, sind wir einfach rechts ran gefahren und haben die überholen lassen. Das lief völlig problemlos“, berichtete Jeffré von der Strecke.

Für die Menschen mit geistiger Behinderung fuhr der Guide auf dem selben Quad und hatte seine Passagiere rittlings dabei. Die Begeisterung der Rolli-Fahrer kannte für diese gebotene Möglichkeit keine Grenzen. „Die meisten Teilnehmer waren noch nie zuvor Quad gefahren und haben das richtig genossen“, berichtete Torben Bröer. „Für mich ist das wie Fliegen“, frohlockte Rollstuhlfahrerin Daniela Lünemann.

Auch körperlich und geistig Behinderte fuhren den Kurs erstmals mit

Den Prolog musste die Inklusionsgruppe allerdings nicht bewältigen. Die Hindernisse waren nicht für die breiten Quads gebaut. Aber wer Torben Bröer kennt, der weiß, dass da das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Und man muss sich auch noch Platz für eine Steigerung im nächsten Jahr lassen. Schließlich war diese Integration der Inklusionsgruppe eine Europapremiere bei solch einer Veranstaltung.

Casper Lindholm (26) aus dem schwedischen Linköping sicherte sich den Gesamtsieg bei „Onkel Tom’s Hütte“.
Casper Lindholm (26) aus dem schwedischen Linköping sicherte sich den Gesamtsieg bei „Onkel Tom’s Hütte“. © Thomas Maibom | Thomas Maibom

„Das Besondere an Onkel Tom’s Hütte ist die Länge der Prüfungen. Andere Wettbewerbe haben kurze und knackigere Strecken. Hier ist die Länge mit rund 60 Kilometern das Anspruchsvolle“, sagte Casper Lindholm. Ausdauer war gefragt und bei den Veranstaltern Improvisationstalent. Kurz vor dem Rennen mussten noch Strecken neu ausgeschildert werden. Die HP-Sherco Prüfung bei Dodenhof entfiel. „Die Strecke war so trocken, dass wir die ganze Autobahn 7 eingestaubt hätten. Das wollten wir den Autofahrern nicht zumuten“, sagte die MSC-Vorsitzende Monika Henning.

Aber auch ohne diese Prüfung kam die Wettfahrt beim internationalen Starterfeld gut an. Casper Lindholm freute sich, dass er sich mit Eichenkranz und großem Siegerpokal auf den Heimweg nach Schweden machen konnte. „Klar macht das mehr Spaß, sich mit dem großen Pokal auf die acht Stunden dauernde Heimreise zu machen“, sagte der 26 Jahre alte Skandinavier lachend. Er führte übrigens eine Tradition weiter, denn er trat erfolgreich in die Fußstapfen seines Rennsportleiters Jonas Blom, der „Onkel Tom’s Hütte“ schon einmal 1993 gewonnen hatte.

Alle Ergebnisse der 20 Klassen gibt es im Internet unter www.racesystem.org