SVHU-Handballchef Olaf Knüppel spricht über Ärger mit Gemeinde und Vereinsführung sowie Saison- und Abwanderungspläne für das Zweitligateam

Henstedt-Ulzburg. Zehn Spieltage vor Ende der Saison haben sich die Zweitliga-Handballer des SV Henstedt-Ulzburg auf Nichtabstiegsrang 16 vorgearbeitet. Wie geht es mit dem höchstklassigen Ballsportteam der Region weiter? Das Hamburger Abendblatt sprach mit Olaf Knüppel, Handball-Abteilungsleiter des SVHU.

Hamburger Abendblatt:

Herr Knüppel, die Planungen für die Saison 2013/2014 laufen auf Hochtouren. Wie weit sind Sie?

Olaf Knüppel:

Die Situation ist schwierig, da wir noch nicht wissen, in welcher Klasse wir künftig antreten. Für manche Sponsoren kommt die 3. Liga nicht in Betracht, wir möchten aber einen marktgerechten Preis für unsere Werbung erzielen. Sportlich haben wir das Problem, dass einige Wunschspieler, die nur 2. Bundesliga spielen wollen, uns wegen der Ungewissheit absagen.

Schafft der SVHU den Klassenerhalt?

Knüppel:

Unsere Chancen stehen gut. Wir haben noch sechs Heim- und vier Auswärtsspiele. Und wir empfangen Gegner, die schlagbar sind. Meine Prognose: Wir holen 30 Punkte, das sollte reichen. Ich hoffe nur, dass bei der letzten Partie am 8. Juni gegen den ThSV Eisenach für uns schon alles klar ist, da wir dann in ungewohnter Umgebung antreten werden.

Wie bitte?

Knüppel:

Wir wollen das Eisenach-Match in der Moorbekhalle bestreiten und haben bei der Stadt Norderstedt einen Antrag gestellt, der zurzeit bearbeitet wird. Sollten wir keine Genehmigung bekommen, gibt es ein Problem, da wir dann keine Halle hätten.

Warum steht denn das Schulzentrum Maurepasstraße nicht zur Verfügung?

Knüppel:

Weil wir Handballer in der Gemeinde Henstedt-Ulzburg manchmal gefühlt unerwünscht sind. Unser Spielplan ist seit Sommer 2012 bekannt, doch die Gemeinde hat uns im November 2012 informiert, dass am 8. Juni das Alstergymnasium seinen Abi-Ball in der Nachbarhalle feiert und unsere Spielhalle als Abstellraum benötigt. Es ist schon Wahnsinn, dass ein Bundesligaspiel in der Wertigkeit hinter einem Abstellraum steht.

Dessen ungeachtet stellen Sie gerade einen neuen Kader zusammen. Welches Gesicht wird die Mannschaft haben?

Knüppel:

Das Team wird sich nicht groß ändern, wesentliche Protagonisten bleiben ja. Wir müssen uns auf drei Positionen, nämlich auf Linksaußen, wo sich Tim-Philip Jurgeleit eine neue Herausforderung suchen wird, im rechten Rückraum und am Kreis verstärken.

Nicht in der Rückraummitte?

Knüppel:

Da sind wir mit Nico Kibat und mittelfristig Tim Völzke gut besetzt. Zudem sind die Personalien Rasmus Gersch und Stefan Pries nicht abschließend besprochen.

Und wie sieht's auf der Torhüterposition aus? Markus Noel geht zum Ligakonkurrenten VfL Bad Schwartau...

Knüppel:

Markus lebt in Lübeck, Bad Schwartau ist durch uns aufs eigene Kind aufmerksam geworden. Mit Jan Peveling haben wir einen Vertrag für die kommende Serie. Stephan Hampel hat von uns ein Angebot erhalten, schaut sich mit Hilfe eines Beraters aber auch nach anderen Zweiliga-Clubs um.

Also ist der Abschied von den Rückraumroutiniers Rasmus Gersch, Stefan Pries und Maik Makowka noch nicht fix?

Knüppel:

Bei allen ist das letzte Wort nicht gesprochen. Rasmus, Stefan und Maik können künftig aus beruflichen Gründen eventuell nicht mehr auf Zweit- oder Drittliganiveau trainieren. Wir dürfen aber keine Kompromisse machen, wenn wir in der 2. Bundesliga bestehen wollen. Bei allen dreien kann ich mir jedoch unter anderen Rahmenbedingungen einen Verbleib vorstellen.

Was ist mit Kreisläufer Lars-Uwe Lang?

Knüppel:

Luwe ist ein hervorragender Profi, wir haben ihn weiterhin im Blick. Er ist aber auch verletzungsanfällig und mit 32 Jahren nicht mehr der Jüngste. Wir haben kein junges Team, müssen den Umbruch beginnen, um nicht den Anschluss zu verpassen und werden uns wenn, dann in Freundschaft trennen.

Bleibt Rechtsaußen Julian Lauenroth?

Knüppel:

Julian möchte unbedingt Medizin studieren und steht in der Ausbildung zum Rettungssanitäter. Er kann deshalb künftig nur begrenzt trainieren. Wir wollen ihn aber gerne behalten. Gegebenenfalls kann er sich Spielpraxis mit der zweiten Mannschaft in der Schleswig-Holstein-Liga holen.

Stehen Ihnen für die kommende Saison erneut 650.000 Euro zur Verfügung?

Knüppel:

Der Zweitliga-Etat ist gesichert. Wir haben zum Teil optionale Verträge, die je nach Klassenzugehörigkeit in Kraft treten oder nicht. Mein größeres Problem wäre wirtschaftlich die 3. Liga. Im Fall des Abstiegs stehen bundesweit agierende Sponsoren nicht zur Verfügung und wir müssten für rund 25 Prozent des Drittliga-Etats, der bei maximal 400.000 Euros liegen würde, weitere Akquise betreiben.

Da wir schon Personalien besprechen: Bleiben Sie SVHU-Abteilungsleiter und Lenker des Profiteams?

Knüppel:

Nein und ja. Ich werde am 16. April bei der Jahreshauptversammlung der Handballer als Abteilungsleiter zurücktreten, bleibe aber Geschäftsführer des wirtschaftlichen Trägers der ersten Männermannschaft, der SVHU Handball GmbH. Ich sehe Risikopotenzial im Verein selbst. SVHU-Vorstand und -Aufsichtsrat klopfen sich gegenseitig zu sehr auf die Schultern, wobei keine nennenswerte Entwicklung stattfindet. Nur die Erhöhung der Mitgliedsbeiträge wird wirtschaftlich nicht reichen, es braucht hier viel mehr 'Kreaktivität', aber auch besseres Networking und progressives Denken, vor allem im Aufsichtsrat. Ich sehe die Gefahr, dass der SVHU die Zukunft verschläft.

Was heißt das konkret?

Knüppel:

Der Vorstand ist halbtags tätig, da man das Geld für Fulltime nicht zahlen will. Die Geschäftsstelle ist mit zehn Leuten halbtags besetzt. Der SVHU schafft es nicht, vernünftige, durchgehende Öffnungszeiten in seinen dezentralen Geschäftsstellen einzuhalten. Kurz: Der Verein mit seinen 5700 Mitgliedern stellt sich seit vier Jahren nicht professionell auf und wird nicht professionell geführt.

Wo liegen die Kernprobleme im Umgang mit der Gemeinde?

Knüppel:

Die Politik wertschätzt nicht, welch soziale Leistung der Sport liefert. Dass es in Henstedt-Ulzburg kaum Probleme mit Drogen, Graffiti, Gangs oder Vandalismus gibt, das ist auch dem SV Henstedt-Ulzburg zu verdanken. Gäbe es den Verein und das Ehrenamt nicht, müsste die Gemeinde ein Vielfaches an Geld investieren, um Brennpunkte zu entschärfen. Diese Ignoranz macht mich wütend. Andererseits sind Vorstand und Aufsichtsrat des Vereins ganz offensichtlich nicht in der Lage, der Politik tragfähige Konzepte vorzustellen.

Aber Sie könnten dies doch zur Sprache bringen und Anerkennung einfordern...

Knüppel:

Henstedt-Ulzburg ist ein Ort, wo Vitamin B und traditionelle Netzwerke entscheidend sind. Es reicht nicht aus, in der gemeinsamen Sache Gutes für die Gemeinde zu tun. Da gibt es immer wieder Persönlichkeiten, die man streicheln muss. Tut man es nicht, muss man den Zorn Gottes erdulden.

Hängen die Dissonanzen auch mit Ihrer Person zusammen?

Knüppel:

Klar, jemand wie ich eckt an. Ich gehe nicht mit dem Stream und bin nicht bereit, für unser Engagement bei anderen Menschen im Ort auf Knien zu rutschen, um etwas zu erwirken. Im Gegensatz zum Vorstand muss ich das Gott sei Dank auch nicht. Man muss nicht mich sehen, sondern die Sache. Die Handballer bewegen eine Menge, leisten wertvolle Jugendarbeit für das Allgemeinwohl und sind positive Botschafter in der ganzen Republik. Für unsere hübsche Innenstadt ist und wird Henstedt-Ulzburg ja nicht berühmt. Hier bitte ich die Politik um Anerkennung.

Ist die Kluft zwischen den Profisportlern und Henstedt-Ulzburg noch zu kitten?

Knüppel:

Die Zusammenarbeit reduziert sich momentan leider darauf, möglichst wenig Schnittstellen zu haben - das kann nicht im Sinne der Sache sein. Wir machen das schließlich, um der Jugend Perspektiven zu geben. Die Basis im Verein respektiert und begrüßt das, aber die Führungsgremien stehen uns kritisch gegenüber und verweisen vorgeschoben im Zweifel immer auf ein Risiko, die Gemeinnützigkeit zu verlieren. Deshalb habe ich darüber nachgedacht, mit dem ersten Männerteam in der Saison 2014/2015 eine Spielgemeinschaft mit einem anderen, neuen Club zu bilden, diese ein Jahr später aufzulösen und in der Serie 2015/2016 das Spielrecht der ersten Mannschaft auf den neuen Verein zu übertragen. Dieser kann dann autark agieren, und der SVHU hätte sich unser so entledigt.

Wie reagiert die Basis auf solche Pläne?

Knüppel:

Das wird ein Antrag auf der Jahreshauptversammlung der Handballer, der schwierig durchzusetzen ist. Natürlich wird dies für Unruhe sorgen, aber es muss etwas bewegt werden. Wenn man uns will, muss der SV Henstedt-Ulzburg aus dem Quark kommen. Und will man uns nicht, ist das auch in Ordnung. Aber dann muss man die Leistungshandballer aus dem Verein, vielleicht sogar aus dem Ort, entlassen.