Sportgericht sperrt den Kreisliga-Fußballer vom Norderstedter FC bis Mitte April. Der Verein muss außerdem eine Geldstrafe zahlen.

Norderstedt. "Ich kommentiere nichts. Ich habe die Schnauze voll." Caglayan Pire, Ex-Trainer des Kreisligisten 1. Nordersteder FC, wählte deutliche Worte. Soeben war sein früherer Spieler Onur Bilgin vom Sportgericht des Hamburger Fußball-Verbandes (HFV) für eine versuchte Tätlichkeit bis zum 15. April gesperrt worden. Außerdem muss der Verein 250 Euro Geldstrafe zahlen.

Der Schiedsrichter berichtete von einem Flaschenwurf und körperlichen Attacken

Bilgin soll in der Partie gegen den SC Eilbek II (2:2) am 11. November Schiedsrichter Erik Sadler (Eintracht Lokstedt) mit einer Flasche beworfen haben. Pire fand das Urteil ebenso ungerecht wie Bilgin - und Schiedsrichter Sadler, der nach der Verhandlung an der Jenfelder Allee allerdings von einer "viel zu geringen Strafe" sprach. "Mindestens ein halbes Jahr für den Täter und eine viel höhere Geldbuße für den Verein wären angebracht gewesen."

Bereits zweimal war der Vorfall auf dem Kunstrasenplatz am Langenharmer Weg vor dem HFV-Sportgericht verhandelt worden. Sadler hatte beim Spielstand von 2:1 für die bis dato noch sieglosen Norderstedter einen umstrittenen Handelfmeter für Eilbek verhängt. Kurz darauf zischte eine zu drei Vierteln gefüllte 0,5-Liter-Plastikflasche knapp am Kopf des Unparteiischen vorbei.

Dieser schrieb in seinem Sonderbericht, er habe die Norderstedter Verantwortlichen gebeten, den hinter dem Tor stehenden Werfer zu stellen. Als sie ihm nicht halfen, habe er den Mann auf eigene Faust verfolgt, ohne ihn fassen zu können. Auf dem Rückweg sei er von einem Norderstedter Spieler mehrfach im Brustbereich attackiert worden. Danach führte er auf Anraten seines zweiten Assistenten Stanislav Milanovic die Begegnung zu Ende. Eine Entscheidung, die der 37-jährige Sadler mittlerweile "als Fehler" ansieht. "Ich pfeife seit 19 Jahren, aber diese Situation war neu für mich. Ich stand unter Schock, hätte abbrechen müssen."

Oft verlaufen Prozesse beim HFV-Sportgericht, deren Ziel die Identifizierung eines Zuschauers ist, im Nichts. Kameras auf Kreisligaplätzen sind selten und die Vereine geben oft an, den Täter nicht ausfindig machen zu können. Keine Beweise, keine Verurteilung. Diesmal kam es anders. Zwar konnte der Spieler, der Sadler im Brustbereich attackiert haben soll, nicht ermittelt werden, aber ein Eilbeker Zuschauer hatte den Richtern nach der Begegnung ein Foto zukommen lassen.

Ex-Spieler Bilgin identifiziert sich auf einem Foto und wird als Täter verurteilt

Darauf zu sehen, so der Fan, sei der Flaschenwerfer. Nachdem Norderstedts Vorsitzende Daniela Krukowski ausgesagt hatte, dass der Verein den Mann auf dem Bild trotz eines Aufrufs auf der vereinseigenen Homepage immer noch nicht ermitteln konnte, bat Sportrichter Christian Koops Onur Bilgin nach vorne. Dieser bestätigte, er sei der Mann auf dem Bild. Sadler wiederholte daraufhin, mit einer Ergänzung, sein Statement aus der zweiten Verhandlung: "Der Mann auf dem Foto ist der Täter. Und wenn dieser Herr dort hinten der Mann auf dem Foto ist, hat er die Flasche geworfen."

Bilgin wirkte daraufhin fassungslos. "Ich war das nicht. Als Mannschaftsführer habe ich eine Verantwortung. Ich war nur nicht auf dem Feld, weil ich schwer verletzt war, konnte gar nicht richtig laufen. Den Vorfall verurteile ich, aber ich bin unschuldig", sagte er. Sein Mitspieler Rahmi Dülger beteuerte, er habe sich zum Zeitpunkt des Flaschenwurfes mit Bilgin unterhalten.

Zudem bemängelte die Verteidigung des Norderstedter FC die Beschreibung des Täters in Sadlers Spielbericht. Bilgin sei nicht um die 30 Jahre, sondern 24. Auch die Haarfarbe stimme nicht. Ex-Trainer Pire betonte, der Vorstand habe in der Mannschaft "Druck gemacht, um den Täter ausfindig zu finden".

Ein Resultat des ganzen Ärgers sei seine Entlassung gewesen. Auch der Schiedsrichter sei nicht unschuldig. Er habe einen seiner Spieler mit den Worten "Verpiss dich, du Arschloch" beleidigt. Sadler bestritt den Vorwurf. Vielmehr sagte er unserer Zeitung, er sei "schon nach der ersten Verhandlung von Norderstedter Spielern bedroht worden".

Der Herrenfußball beim NFC steht nun vor dem endgültigen Aus

Am Ende nutzte Bilgin der verbale Schlagabtausch nichts. Die Sperre bis zum 15. April wird ihn aber nicht übermäßig hart treffen. Der Norderstedter FC zog vor wenigen Tagen seine erste Mannschaft vom Spielbetrieb zurück. Die Truppe hatte in 17 Partien nur zwei Punkte gesammelt. Gefragt nach den Gründen, dementierte die Vorsitzende Daniela Krukowski angeblich von ihr getätigte Verlautbarungen in anderen Medien und bezog resolut Stellung: "Wenn Sie interne Vereinsangelegenheiten mit mir besprechen wollen, hätten Sie sich den Weg sparen können. Von mir erfahren Sie nichts."

Nach der Abmeldung der Kreisliga-Vertretung stellt der NFC nunmehr noch eine zweite Herren-Mannschaft, ein Altherrenteam, eine Frauen-Mannschaft sowie zwei Nachwuchsteams in der E-Jugend sowie den B-Juniorinnen. Die gesamte Herrenfußball-Sparte steht nun allerdings vor dem Aus.