Im letzten Teil unserer Schulserie stellen wir die Jürgen-Fuhlendorf-Schule aus Bad Bramstedt vor. Das traditionsreiche Gymnasium hat in den vergangenen Jahren viele Umstrukturierungen erfolgreich bewältigt und wird nun den veränderten Anforderungen gerecht

Wer sich dem Eingang der Jürgen-Fuhlendorf-Schule nähert, wird erst einmal stutzen. Denn was in großen Lettern an der Mauer geschrieben steht, lädt auch beim zweiten oder dritten Blick zum Nachdenken an. "Am steten Punkt ist der Tanz", ein übersetztes Zitat des US-amerikanischen Lyrikers T.S. Eliot, begrüßt jeden Besucher des Bad Bramstedter Gymnasiums. Als Beschreibung einer Balance zwischen Kreativität und Konzentration, zwischen künstlerischem Ausdruck und zielgerichtetem Lernen, so könnten die Worte interpretiert werden.

Schule bedeutet indes stets auch die Bewältigung von Herausforderungen. "Es gibt nie einen Stillstand. Die Bedürfnisse von Eltern und Kindern verändern sich immer weiter", sagt Uwe Czerwonka, der das Gymnasium seit 2000 leitet. Längst nicht mehr bedeutet Unterricht, dass ein Lehrer doziert und die Kinder oder Jugendlichen zuhören und mitschreiben. In Bad Bramstedt wurden in den vergangenen Jahren viele Anstrengungen auf allen Ebenen unternommen, um fit zu sein für das Lernen der Zukunft.

Knapp 90 Prozent der Schüler sprachen sich für die 60-Minuten-Stunden aus

Der Ursprung war 2008 die Umstellung auf ein G8-Modell. 2010 schloss daran die Einführung einer 60-Minuten-Stunde an. "Ich muss dafür allen Fachschaften ein großes Kompliment aussprechen. Innerhalb kürzester Zeit ist es uns gelungen, die schulinternen Curricula umzuschreiben", so Czerwonka. "Zum einen bei der Umstellung von G9 auf G8, und zum anderen von 45 auf 60 Minuten. Dort sind viel Arbeit und Fachwissen eingeflossen."

Bewusst nahm die Verwaltung in diesem Prozess die Schülerschaft mit in den Dialog und so auch in die Verantwortung. So gab es in diesem Winter eine Umfrage, mit der die Akzeptanz seitens der Schüler für die verlängerte Stundenzeit ermittelt werden sollte. Sebastian Selchow, gemeinsam mit Marco Bunte Schülersprecher und Abiturient im Jahr 2012, war sich selbst nicht sicher, wie das Votum ausfallen würde. "Innerhalb der SV hatten wir Zweifel. Aber es haben sich knapp 90 Prozent der Befragten für das System ausgesprochen. Das war für mich im ersten Moment überraschend, aber ich bin eben mit dem 45-minütigen Unterricht aufgewachsen."

In der Tat gibt es kaum Probleme mit den verlängerten Einheiten. "Im Wesentlichen haben das alle begrüßt. Ich selbst muss mich nicht mehr auf so viele Stunden vorbereiten", sagt etwa Bernd Rozanski, Oberstufenleiter und Lehrer für Mathematik und Geografie. "Weil ich weniger Gruppen unterrichte, bin ich präsenter, kann die Stunden anders organisieren und andere Arbeitsmethoden einführen."

350 Schüler nehmen bereits Bildungsangebote am Nachmittag wahr

Die Eltern haben ebenfalls positive Auswirkungen beobachtet, wie Birga Müller, Vorsitzende des Beirats, berichtet. "Der Unterricht ist über die Woche nun besser verteilt. Die Kinder lernen, sich die Zeit einzuteilen - diesen Effekt sehe ich bei meinen Kindern."

Seit Beginn des Schuljahres 2011/2012 ist die "JFS" als letzte Bad Bramstedter Institution eine Offene Ganztagsschule. "Das ist neben G8 und der 60-minütigen Stunde unsere dritte Säule", erklärt Uwe Czerwonka. Als Träger fungiert der Förderverein, sodass möglichst keine externe Subventionierung vonnöten sein wird. Rund 350 Schüler nehmen aktuell bereits Bildungsangebote am Nachmittag wahr wie künstlerische Arbeitsgruppen, Musik-Projekte oder Sportkurse. Wichtig sei auch die Hausaufgabenbetreuung, wo bislang eine Lücke bestanden habe, so Antje Suhrbier, die Koordinatorin der OGS.

Bernd Rozanski betont zufrieden, dass "man in den naturwissenschaftlichen Fächern nun endlich einmal einen Versuch zu Ende führen" könne. Wozu Schüler fähig sind, wenn sie Freiraum zum selbstständigen Forschen bekommen, demonstriert das Projekt "Elixir". Als für eine elfte Klasse die Synthetisierung von Aromata auf dem Lehrplan stand, nutzte Lehrer Thomas Münch zur Veranschaulichung das Beispiel der Produktion von Weingummi. "Wir haben uns gesagt: 'Das schmeckt ja gar nicht so schlecht, da können wir doch etwas mit machen'", erinnert sich Sebastian Selchow.

Die Naturwissenschaften werden traditionell besonders stark gefördert

Aus einer kurzweiligen Unterrichtseinheit wurde innerhalb weniger Tage ehrgeiziger Unternehmergeist - die Schüler-Aktiengesellschaft "Elixir" war geboren. Auf die Kopie der weltweit bekannten Gummibärchen wurde zwar verzichtet, dafür gibt es in den Pausen in der Aula jedoch kleine "Elis" zu erwerben für 75 Cent die Tüte. Pro Woche verkauft die Firma rund 25 Stück.

Die findigen Schüler holten sich sogar Auskünfte bei der Wirtschafts- und Handelskammer und hielten eine Aktionärsversammlung ab. "Der Markt stagniert aber ein bisschen, weil keiner verkaufen will", sagt Selchow. Er scherzt: "Da alles in Handarbeit hergestellt wird, müssen wir keine Arbeitskosten zahlen. Deswegen können wir uns die Produktion in Deutschland leisten - sonst hätten wir ins Ausland auslagern müssen." Reich wollen und können die talentierten Chemiker nicht werden mit ihrem Produkt, auch wenn Selchow augenzwinkernd von einer "Dividende" spricht.

Traditionell hat die Jürgen-Fuhlendorf-Schule also immer ein besonderes Augenmerk auf die Stärkung der Naturwissenschaft gelegt. So gibt es in der Oberstufe neben einem Physik- auch ein Biologie-Profil. "Und wir haben da auch einen erfreulichen Andrang, sind immer gut besetzt und haben auch qualifizierte Lehrerkollegen", so Uwe Czerwonka. Am beliebtesten sind momentan allerdings die beiden gesellschaftswissenschaftlichen Profile, die naturgemäß einen hohen tagesaktuellen Bezug besitzen in den Fächern Geschichte, WiPo und Geografie.

Weil jahrelang an der Schule nichts passiert war, gab es einen Reformstau

Die Modernisierung der Fachräume war eines der Großprojekte 2011, die den Alltag am Gymnasium positiv verändert haben. "Mittlerweile sind wir im Bereich der Fachräume auf dem neuesten Stand. Ich bin immer sehr beeindruckt, wenn ich mir das anschaue", sagt Czerwonka. Klar ist, dass ohne den gesetzlich erzwungenen Trägerwechsel vom Kreis Segeberg zur Stadt Bad Bramstedt viele Maßnahmen illusorisch geblieben wären. "Wir Eltern sind an den neuen Schulträger herangetreten und haben die damalige Situation aus Sicht unserer eigenen Kinder geschildert", so Birga Müller, die selbst eine ehemalige Schülerin der "JFS" ist und daher die Zustände vergleichen kann. "Die Stadtvertreter haben dann geschaut, wo noch ein müder Cent herumliegt. Vorher war jahrelang nichts passiert, es gab einen Reformstau."

Und so wurde, beginnend im März diesen Jahres, "Erstaunliches geleistet", wie Uwe Czerwonka es ausdrückt. Ein früherer Innenhof wandelte sich somit in die neue Mensa, die Anfang 2012 offiziell eingeweiht wird. Sie dient nicht nur als Aufenthaltsbereich für die Mittagspause, sondern beinhaltet zusätzlich einen Bühnenbereich für Theateraufführungen oder Abiturientenentlassungen.

Gemeinsam sind Schüler, Lehrer und Eltern optimistisch für die Entwicklung der Jürgen-Fuhlendorf-Schule. Antje Suhrbier spricht aus, was viele denken: "Der Weg geht dahin, dass jeder sagen kann: 'Das ist meine Schule'."