Agnese Gustmane, Tennisspielerin der TG Alsterquelle-Henstedt-Ulzburg, zieht mit ihrer Familie in den Libanon

Norderstedt. Agnese Gustmane, 39, Tennisspielerin bei der TG Alsterquelle-Henstedt-Ulzburg, hat in den letzten Wochen eine lange Aufgaben- und Terminliste abgearbeitet. Das Haus in Hasloh wurde verkauft, der Telefonanschluss abgemeldet. Die letzten Behördengänge mussten erledigt werden. Und schließlich stand auch noch Schwiegervaters Geburtstag an.

Nun beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Die gebürtige Lettin ist zusammen mit Ehemann Jens, 44, sowie den Kindern Lina, 9, und Janus, 5, in die libanesische Hauptstadt Beirut geflogen. Aber nicht etwa, um dort ein paar Wochen Urlaub zu machen. Die Familie wird dort mindestens für die nächsten drei Jahre leben. Der Grund für den Umzug: Jens Gustmann, Volkswirt bei der Firma Philips und einst erfolgreicher Tennisspieler beim Hamburger SV, ist beruflich in den Nahen Osten versetzt worden.

"Ich bin froh, dass es in den Libanon und nicht nach Dubai geht"

"Wir sind schon vor acht Jahren gefragt worden, ob wir bereit wären, für den Job auch irgendwann einmal ins Ausland zu ziehen", sagt Agnese Gustmane. 2009 fiel die Entscheidung für Beirut. "Im Gespräch waren auch Nairobi in Kenia und Dubai. In den Vereinigten Arabischen Emiraten kann man sich als Frau aber nur in den Touristengegenden normal bewegen. Ich bin froh, dass es in den Libanon geht", sagt die Damen-U-35-Weltmeisterin des Jahres 2006. Sie geht ohne Vorurteile an den neuen Lebensabschnitt heran. "Ich freue mich wahnsinnig auf Beirut. Die Stadt ist offen und tolerant. Hier leben viele Menschen mit unterschiedlichen Religionen friedlich miteinander. Ich war schon ein paar Tage dort, da wohnen ganz normale Leute."

Sie erinnert sich mit einem Schmunzeln an die Zeit, als sie mit der lettischen Tennis-Nationalmannschaft in den USA war und dort mit merkwürdigen Fragen gelöchert wurde. "Einige Amerikaner dachten tatsächlich, ich würde in meiner Heimat zusammen mit Bären leben. Jetzt bin ich mit meiner Familie in einer ähnlichen Situation, doch diesmal haben wir viele Fragen", sagt Agnese Gustmane, "wichtig ist, sich respektvoll zu behandeln, Rücksicht aufeinander zu nehmen und nicht irgendeinen Mist zu reden", betont sie.

Panzer und Baukräne prägen das Stadtbild in Beirut

Der Zeitpunkt, Deutschland erst einmal auf Wiedersehen zu sagen, ist für die Familie optimal. "Die Kinder wären auch hier auf eine neue Schule gekommen. In Beirut werden Janus und Lina eine deutsche Schule besuchen, auf der Englisch gesprochen wird."

Die Folgen des Bürger- und des Libanonkrieges sind allgegenwärtig. "Es sieht dort so aus wie in Berlin vor 15 Jahren. Überall stehen Baukräne." Zum Stadtbild gehören aber auch Panzer, die ständig an den Konflikt im Nahen Osten erinnern - genau wie zerstörte Gebäude und Trümmerhaufen.

Angst, in der libanesischen Hauptstadt zu leben, hat Agnese Gustmane nicht. Sie wird auf der Straße deshalb auch keine Panzerweste oder einen Schutzhelm tragen. "Das Leben in Beirut funktioniert etwas anders als in Deutschland, aber es funktioniert."

Wohnen werden die Gustmanns außerhalb der Stadt. "Man hat einen tollen Blick auf Beirut und auch aufs Mittelmeer", schwärmt Agnese Gustmane, "und in nur zwei Stunden ist man in einem Skigebiet." Ob sie in Beirut auch Tennisspielen und eventuell Trainerstunden geben wird, weiß sie noch nicht. "Es gibt hier zwar Tenniscourts, doch die Sportart Nummer eins ist Basketball. Ich möchte mich erst einmal intensiv um meine Kinder kümmern."

Auf jeden Fall bleibt sie der TG Alsterquelle-Henstedt-Ulzburg treu. "Ich weiß, wo meine Wurzeln sind. Im Sommer 2011 möchte ich mindestens zwei Punktspiele mitmachen, dann bin ich wieder für die deutschen Mannschaftsmeisterschaften der Damen 30 spielberechtigt." Die erste Heimreise ist für Weihnachten vorgesehen. "Janus hat sich schon mit einem Freund zum Fußballspielen verabredet", sagt Agnese Gustmane.