Der 27-jährige Ex-U-15-Nationalkeeper Johannes Höcker steht künftig bei Eintracht Norderstedt zwischen den Pfosten.

Norderstedt. Hier lässt es sich gut aushalten. Johannes Höcker lächelt, als er den Blick durch das Klubheim von Eintracht Norderstedt und über die Kunstrasenplätze schweifen lässt. Dort trainiert eine Jugendmannschaft eifrig Torschüsse, die Bälle fliegen über den Parkplatz. "Wehe, die schießen mein Auto ab", sagt der künftige Schlussmann des Fußball-Oberligisten, bleibt aber locker.

In zwei Monaten wird die Szenerie eine andere sein: Heimauftritt, Pressekonferenz, daneben die übliche gemeinsame Mahlzeit des Teams nach dem Match, im Fernsehen läuft parallel dazu die Bundesliga, Fans und Verantwortliche diskutieren über das stets kritisch beäugte erste Herren-Team. Für Garstedter Verhältnisse mag dies dann lebhaft sein, für Johannes Höcker ist es dagegen geradezu idyllisch.

Die Karriere des 27-Jährigen begann auf dem Land, führte ihn in mehrere Großstädte, quer durch Deutschland und bis nach Norderstedt, das nun seine Heimat ist.

Freyung, eine Kleinstadt im Bayerischen Wald nahe der deutsch-tschechischen Grenze, war der Ausgangspunkt. Schon früh erkannten Beobachter, dass Höcker ein besserer Keeper war als die meisten seiner Konkurrenten. "Mit 16 Jahren bin ich weg von zu Hause und habe mich nur mit Fußball beschäftigt, bis ich 23 war." Seine Leistungen als Teenager führten ihn in einen Kreis der Auserwählten - der FC Bayern München sah in ihm genügend Potenzial für eine mögliche Profikarriere. Höcker stand im Tor der U-15-Nationalmannschaft und war über Jahre hinweg die Nummer eins der Bayern-Auswahl.

"Als B-Jugendlicher in München hatte ich einen geilen Trainer: Stefan Beckenbauer, den Sohn von Franz. Er war Coach und Kumpel. Sein Nachfolger war Kurt Niedermayer, der hat uns von der Technik und vom Spielverständnis her geschliffen. Und dann kam Hermann Gerland."

+++ Eintracht Norderstedt ist in der Bundesliga +++

Bei Anhängern des Deutschen Rekordmeisters genießt Letzterer einen legendären Ruf. Schließlich sind unzählige Weltklasse-Akteure durch seine Schule gegangen. "Gerland ist ein sehr harter Hund", sagt Höcker, "wenn einer nicht laufen konnte - bei ihm hat er das gelernt."

Selbstbewusstsein, den Glauben an die eigene Qualität; diese Mentalität, das Bayern-Gen, bekam er in München eingeimpft. Der Konkurrenzkampf war heftig. Johannes Höcker zählt fast beiläufig prominente Mitstreiter auf: "Michael Rensing, Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger, Piotr Trochowski, Paolo Guerrero, Zvjezdan Misimovic. Viele meiner Ex-Gefährten spielen jetzt in der Bundesliga, in der Nationalmannschaft, in der 2. oder 3. Liga. Dem einen oder anderem haben nur ein wenig Glück oder ein guter Berater gefehlt. Die Unterschiede waren fein, fußballerisch haben wir es alle draufgehabt."

Johannes Höcker selbst musste sich umorientieren. "Vielleicht war ich manchen Trainern mit 1,83 Metern zu klein. Aber das ist Quatsch - Andreas Köpke war 1,82 Meter groß und Nationalkeeper." Höcker startete 2005 einen neuen Anlauf beim Hamburger SV, schaffte in seinen drei Jahren beim Bundesliga-Dino aber nicht den Sprung in den Kader der Profis.

Der Keeper behielt seine Wohnung im Norderstedter Stadtteil Glashütte und unterschrieb einen Vertrag bei Anker Wismar. "Das war die richtige Entscheidung. Dort habe ich meinen Kaufmann für Tourismus und Freizeit gemacht. Ich bin froh, dass ich nicht alles auf die Karte Fußball gesetzt habe."

Doch so reizvoll die NOFV-Oberliga Nord in sportlicher Hinsicht auch ist, so sehr war Johannes Höcker das Pendeln leid. Mittlerweile arbeitet er in Hamburg als Ernährungsberater. Eintracht Norderstedt kam zwangsläufig ins Spiel, da die beiden Söhne seiner Lebensgefährtin in der Jugend kicken und der gemeinsame Sprössling bald zu den Bambinis kommen soll.

Die Vereinsverantwortlichen sind fest von Johannes Höckers Qualitäten überzeugt. Der neue Eintracht-Torhüter, dessen Lehrmeister unter anderem Sepp Maier, Bernd Dreher und Ronny Teuber waren und der Marcel Kindler ersetzt, nimmt diese Erwartungen gerne auf. "Ich freue mich auf die neue Mannschaft. Wir werden in der Vorbereitung und in der Oberliga Hamburg richtig Gas geben."