Norderstedt. Große Prominenz auf der Tribüne, klare Verhältnisse auf dem Platz: So lief das Derby zwischen Eintracht und der U21 des Hamburger SV.

  • Eintracht Norderstedt verliert auch das vierte Spiel in diesem Jahr
  • HSV II genügen 15 starke Minuten
  • Was wird aus Trainer Max Krause?

Der kriselnde Fußball-Regionalligist Eintracht Norderstedt taumelt immer weiter dem Abstieg entgegen. Beim 0:3 (0:0) gegen den Hamburger SV II kassierten die Garstedter vor 815 Zuschauern verdientermaßen die sechste Pleite in Folge. Unter den Augen von reichlich Prominenz – unter anderem waren HSV-Trainer Steffen Baumgart, HSV-Sportchef Horst Hrubesch, Ex-St.-Pauli-Profi Fabian Boll und der frühere Eintracht-Coach Olufemi Smith im Edmund-Plambeck-Stadion zugegen – erspielte sich die Eintracht in den gesamten 90 Minuten nicht eine echte Torchance.

Schon in der ersten Halbzeit war den Spielern der Gastgeber die Verunsicherung deutlich anzumerken. Von der einstigen Spielkunst des Teams war nichts zu sehen, das Pressing des HSV II wurde mit langen Sicherheitsbällen überwunden. Fairerweise muss man sagen: Ein dominanter Auftritt der Garstedter war nach den letzten Wochen kaum zu erwarten. Auch der Kampfgeist war dem Team nicht abzusprechen. Doch aus einigen Ballgewinnen in der gegnerischen Hälfte machte Eintracht Norderstedt nichts. Das Umschaltspiel war zu fahrig, die Spielzüge zu eindimensional, die Flanken ungefährlich, ebenso die beiden Torannäherungen durch Nick Selutins Fernschüsse (34., 41.).

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Die Begegnung spielte sich aber sowieso hauptsächlich in der Hälfte der Eintracht ab. Der HSV II besaß die Spielkontrolle, verzeichnete seinerseits in der ersten Hälfte aber nur eine echte Tormöglichkeit. Nach einer Flanke von Milad Nejad prallte der Ball zu Jesse Kilo, der in Rücklage über den leeren Kasten schoss (25.).

Steffen Baumgart sah sich den Auftritt der HSV-Talente bei Eintracht Norderstedt persönlich an.
Steffen Baumgart sah sich den Auftritt der HSV-Talente bei Eintracht Norderstedt persönlich an. © Cathrin Mueller | Cathrin Mueller

Zur zweiten Halbzeit wechselte Norderstedts Trainer Max Krause positionsgerecht Innenverteidiger Moritz Frahm für den verletzten Saibo Ibraimo ein. Doch ein anderer Wechsel Krauses rückte zunächst in den Blickpunkt. Der Coach hatte auf die Pleitenserie mit dem Tausch des Torwarts reagiert. Lars Huxsohl stand für Arne Exner im Kasten.

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In Hälfte eins noch beschäftigungslos, schien sich der Wechsel zunächst auszuzahlen. Huxsohl rettete glänzend gegen den durchgebrochenen Omar Sillah (52.). Doch kurz darauf sah er bei einer Ecke von Arlind Rexhepi in der Strafraumbeherrschung nicht gut aus, und ausgerechnet der Ex-Norderstedter Tjark Hildebrandt köpfte aus kurzer Distanz das 0:1 (55.). Nun ging es Schlag auf Schlag. Sillah vernaschte den bedauernswerten Frahm im Laufduell, umspielte Huxsohl und markierte das 0:2 (60.). Milad Nejad setzte per Beinschuss gegen Huxsohl das 0:3 obendrauf (65.).

Nach dem desillusionierenden Derby (der Abstand auf den Relegationsplatz um den Klassenerhalt beträgt weiterhin nur drei Punkte) wusste Eintracht-Sportchef Denny Schiemann, welche Frage nun kommen würde. Er hatte den Auftritt bereits deutlich bewertet, die erste Halbzeit als „relativ vernünftig“ bezeichnet, aber auch geurteilt: „Die Mannschaft strahlt nach vorne keine Torgefahr aus. Und sie bricht immer wieder nach dem ersten Gegentor in sich zusammen. Da gibt es nichts schönzureden. Das ist fatal, beschämend und bezeichnend für unsere Situation.“

Eintracht-Sportchef: Trainer Krause „sitzt am Sonntag auf der Bank“

Schon aufgrund dieser Wertung wusste Schiemann, dass die Frage nach Trainer Max Krause zwangsläufig gestellt werden würde. Seine Antwort: „Max Krause sitzt am Sonntag gegen Hannover 96 II auf jeden Fall auf der Bank. Aber natürlich wird es immer schwerer, die Lage in dieser Konstellation zu handhaben. Auch wenn man fairerweise sagen muss, dass manche Themen auch von den Spielern auf dem Platz geregelt werden müssen. Aber wir müssen eben auch unsere Hausaufgaben machen, damit hier alles reibungslos funktioniert.“

Im Klartext dürfte das heißen: Punktet Krause gegen Hannover 96 II (14 Uhr, Edmund-Plambeck-Stadion) nicht, ist seine Entlassung nicht mehr zu vermeiden. Dass wiederum in Krause selbst noch genügend Energie steckt, bewies er nach der in der zweiten Halbzeit schlimmen Leistung seiner Mannschaft, bei der im Stadion bezeichnenderweise sogar zweimal die Anzeigetafel ausfiel. Krause holte sein Team nach der Pleite, der vierten im vierten Spiel in diesem Jahr (0:13 Tore), in der Kabine zusammen und brüllte derart laut auf seine Spieler ein, dass seine Schimpfkanonade bis in den Pressekonferenzraum darüber hörbar war.

„15 Minuten haben gereicht, um uns völlig aus der Fassung zu bringen“

Bei selbiger Pressekonferenz gab sich der Coach, dessen Maßnahmen wie der Torwartwechsel zu Lars Huxsohl einmal mehr verpufft waren, ruhig und zugleich kämpferisch. „Ich habe Verständnis dafür, was durch die Gegentore im Kopf passiert. Ich habe aber kein Verständnis dafür, wenn die Mannschaft die Dinge auf dem Platz so unselbstständig regelt, ohne Willen weiterspielt und alles so dahingehen lässt, sagte Krause. Und: „15 Minuten haben gereicht, um uns völlig aus der Fassung zu bringen.“

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Wobei diese Sichtweise aus Trainersicht als Kommunikation für die Öffentlichkeit zwar nachvollziehbar ist, die Eintracht allerdings auch schon in der ersten weitgehend ausgeglichenen ersten Halbzeit – genau wie in der zweiten – keine echte Torgelegenheit verzeichnete und spielerisch maximal Oberliganiveau zu bieten hatte.

Eintracht Norderstedt: „Ich renne nicht weg“, sagt der angeschlagene Trainer

Einen Rücktritt von sich aus schloss Krause aus. „Wir werden im Trainerteam weiter das vorleben, was wir von den Spielern fordern. Und ich renne nicht weg. Das ist eine Stärke von mir. Ich bin stinksauer auf die Situation. Hätte ich selbst noch Fußballschuhe an, würde ich am liebsten jetzt gleich noch mal rausgehen, um mich auf Sonntag vorzubereiten. Wir haben jetzt alle gemeinsam eine ,Wir-Aufgabe‘ vor uns“, so Krause.

Doch was stimmt ihn optimistisch, dass die Mannschaft noch mitzieht? „Ich bin ganz ehrlich. Das kann ich jetzt nicht beantworten. Aber wenn ich die Mannschaft am Donnerstag wiedersehe, will ich in optimistische Gesichter schauen“, forderte Krause. Inwieweit ihm dieses Erlebnis vergönnt sein wird, bleibt abzuwarten. Fakt ist: Max Krause braucht jetzt ein kleines Wunder, wenn das Spiel gegen Hannover 96 II nicht sein letztes sein soll.