Henstedt-Ulzburg. Linke Szene organisiert Demonstration in Henstedt-Ulzburg. Der Anlass: Prozess um Angriff mit Pick-up steht bevor.

Vielleicht kommen auf Henstedt-Ulzburg unruhige Wochen zu. Immer näher rückt der Beginn des Prozesses gegen einen Mann, der am 17. Oktober 2020 auf dem Gehweg an der Beckersbergstraße mit einem Pick-up in eine Antifa-Gruppierung gefahren war, die zuvor gegen eine Veranstaltung der AfD im Bürgerhaus demonstriert hatte. Es wurden mehrere Menschen verletzt, einige von ihnen schwer.

Nach mehr als drei Jahren Ermittlungen und Vorbereitung muss sich der damals 19-Jährige ab Montag, 3. Juli, vor dem Landgericht Kiel verantworten. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft steht fest: Es war nicht bloß ein Verkehrsunfall, vielmehr wollte der Fahrer gezielt Menschen rammen und nahm deren Tod in Kauf.

Die Anklage lautet auf versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr. Bei einer Verurteilung droht eine mehrjährige Haftstraße.

Henstedt-Ulzburg: Antifa-Demo – „AfD raus aus dem Bürgerhaus, so oder so!“

Vermutlich wird der Prozess weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit, vor der 2. Großen Strafkammer als Jugendkammer, stattfinden. Denn der Angeklagte, der aus Föhrden-Barl bei Bad Bramstedt stammt, gilt rechtlich als Heranwachsender. Erwartet werden zahlreiche Zeugenvernehmungen, es sind 15 Verhandlungstage angesetzt.

Als sich nun die Gemeindevertretung im Bürgerhaus zur konstituierenden Sitzung traf, fanden Besucher anschließend an Autos Infozettel vor, festgeklemmt am Scheibenwischer. Am Sonnabend, 24. Juni, wird es ab 14 Uhr in Henstedt-Ulzburg eine Demonstration geben – und zwar von antifaschistischen Gruppen.

Sie verweisen nicht nur auf den Angriff mit dem Auto, sondern auf eine grundsätzliche Problematik: Denn bekanntlich hat die AfD in der Vergangenheit das Bürgerhaus regelmäßig für Treffen genutzt, ob nun des Kreisverbandes Segeberg oder der Landesverbände aus Schleswig-Holstein wie auch Hamburg.

Die Forderung: „Der AfD die Räumlichkeiten entziehen“

„Das Bürgerhaus Henstedt-Ulzburg hat sich zum wichtigsten Versammlungsort der AfD in Schleswig-Holstein entwickelt“, heißt es. „Die Verantwortlichen der Kommunalpolitik müssen endlich Konsequenzen ziehen und der AfD die Räumlichkeiten entziehen.“

Damit wird ein wunder Punkt getroffen. Die Möglichkeit, der AfD, die keinen Ortsverband in Henstedt-Ulzburg hat, eine Anmietung des Bürgerhauses, also einer öffentlichen Immobilie, zu versagen, wurde vor Jahren rechtlich geprüft.

Der Gutachter sah im Prinzip nur eine Option – nämlich, pauschal alle Parteien oder Wählergemeinschaften auszusperren. Da die Ortspolitik keine adäquaten Alternativen für Veranstaltungen sah, wurde dies nicht weiter verfolgt.

Auch Bürgermeisterin Ulrike Schmidt hat sich wiederholt eher in die Richtung geäußert, dass man der AfD auf eine andere Art und Weise entgegentreten müsse, also im politischen Streit etwa, und nicht mit Verboten, die für eine Märtyrer-Rolle sorgen könnten.

Henstedt-Ulzburg: Derzeit keine Absicht, Nutzung des Bürgerhauses einzuschränken

Es ist momentan nicht zu erwarten, dass es aus den Reihen der Fraktionen oder der Verwaltung neue Versuche geben wird, einen Weg zu finden, die AfD komplett aus dem Bürgerhaus rauszuhalten.

Ob sich das ändert, sollte die Partei mit ihrer Klage gegen die vom Bundesverfassungsschutz vorgenommene Einstufung als rechtsextremer Verdachtsfall endgültig scheitern, ist offen. Eventuell hätte Henstedt-Ulzburg dann mehr Spielraum – aber auch dann müsste man sich zunächst über ein rechtlich abgesichertes Vorgehen einig werden.

Und so wird die Antifa den Druck hoch halten. „Wir werden erst Ruhe geben, wenn das Bürgerhaus nicht mehr der Ort ist, wo sich die AfD Schleswig-Holstein organisiert“, heißt es vonseiten der antifaschistischen Gruppen. Die unmissverständliche Forderung: „AfD raus aus dem Bürgerhaus, so oder so!“