Bad Segeberg. Kundgebung in Bad Segeberg mit Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen: Eine ganze Stadt fordert den Bau der A 20.

Große, parteiübergreifende Allianz für eine Autobahn. Etwa 300 Menschen folgten am Donnerstagnachmittag dem Aufruf der CDU in Bad Segeberg, auf dem dortigen Markplatz für einen schnellen Weiterbau der A 20 zu demonstrieren. Dieser Kundgebung schlossen sich nicht nur Orts-, Kreis- und Landespolitiker von SPD und FDP an. Auch Landrat Jan Peter Schröder forderte, dieses so wichtige Infrastrukturprojekt für Kreisstadt und den Kreis Segeberg endlich fortzuführen. Und Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen kündigte unter großem Gejohle des Publikums an, „einfach einen Bagger zu kaufen und mit dem Bau der A20 weiterzumachen“.

Hintergrund dieses spontanen öffentlichen Bündnisses für die A20 war die Entscheidung der Bundesregierung, die A20 nicht zu jenen 144 Autobahnbauten zu zählen, die von „überragendem öffentlichen Interesse“ sind. Dabei werde über diese Autobahn nun schon seit über drei Jahrzehnten diskutiert und sie sei immer noch nicht fertig, kritisiert Bad Segebergs SPD-Vorstandsmitglied Joachim Wilken-Kebeck.

Bad Segeberg und die A20: „Wir kaufen einen Bagger und bauen einfach weiter!“

Blick über den Segeberger Marktplatz bei der von der CDU angemeldeten Kundgebung.
Blick über den Segeberger Marktplatz bei der von der CDU angemeldeten Kundgebung. © Burkhard Fuchs

Segebergs Bürgermeister Toni Köppen sagte, es gebe „19.268 gute Gründe, die A20 endlich weiterzubauen“. Genau so viele wie Bad Segeberg Einwohner zähle, die es leid seien, dass die Stadt durch die B 206 zerschnitten sei, weil die A20 unmittelbar vor der Stadtgrenze aufhöre und sich dadurch jeden Tag rund 30.000 Fahrzeuge durch die Stadt quälen müssten.

Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen: „Die Bad Segeberger sind die geduldigsten und freundlichsten Menschen, weil sie den Verkehr in ihrer Stadt schon so lange ertragen.“
Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen: „Die Bad Segeberger sind die geduldigsten und freundlichsten Menschen, weil sie den Verkehr in ihrer Stadt schon so lange ertragen.“ © Burkhard Fuchs

Der ehemalige Vizepräses der IHK-Lübeck Bernd Jorkisch kalauerte, Bad Segeberg werde bald nicht mehr die Kalkberg- oder Karl-May-Stadt sein, sondern als „die Stau-Stadt des Nordens“ verschrien sein. So der Begründer der Hanse-Belt Vereinigung, die sich für die Fehmarnbeltquerung ausspricht. Marlis Stagat von der Segeberger Wirtschaftsvereinigung sagte: „Jede Straße führt ans Ende der Welt. Wir müssen aufpassen, dass Bad Segeberg nicht der Arsch der Welt wird.“

„Bad Segeberg darf nicht zum Arsch der Welt werden“

Hauptredner Minister Madsen lobte die Menschen in Bad Segeberg für ihre große Geduld. „Die Bad Segeberger sind für mich die geduldigsten und freundlichsten Menschen“, sagte er, weil sie es schon so lange hinnähmen, dass die A20 nicht vom Fleck käme. Er freue sich, dass er offenbar noch nicht so bekannt bei den Bürgerinnen und Bürgern sei, sagte Madsen.

Denn wenn er auf dem Weg von seinem Wohnort in Rostock nach Kiel und zurück über Bad Segeberg fahre, „hätte ich den Verkehrsminister schon lange aus dem Wagen geholt“, sagte Madsen und erzählte die Geschichte, dass er mit seiner dänischen Tante dort im Stau stand und sie sich wunderte, warum die Straße nicht gebaut würde, obwohl doch dort überall Baustellenschilder stehen. Da habe er ihr lieber nicht besagt, dass er der für Verkehr zuständige Minister sei, sagte Madsen.

Verkehrsminister Ruhe Madsen: „Segeberger sind die geduldigsten Menschen“

Demonstrativer Schulterschluss: Segebergs Bürgermeister Toni Köppen und Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (r.).
Demonstrativer Schulterschluss: Segebergs Bürgermeister Toni Köppen und Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (r.). © Burkhard Fuchs

Schleswig-Holstein sei „das einzige Bundesland in Deutschland, wo Autobahnen enden“, sagte Madsen weiter und forderte die hiesigen Verkehrsplaner auf, sich mehr vom dänischen Nachbarland abzuschauen. „Da wird auch jeder Frosch und jeder Stein begrüßt. Wenn dann aber alles klug geplant ist, wird es auch zügig umgesetzt.“ Hierzulande dagegen würde die Planung ständig geändert und Einsprüche nachträglich noch berücksichtigt, sodass es immer wieder zum Stillstand komme.

„Wir verwalten uns zu Tode in Deutschland“, sagte auch Landrat Schröder. Solange er Landrat sei, „in neun Jahren ist hier nichts passiert.“ Er sei sich sicher, dass 90 Prozent der Bevölkerung in Bad Segeberg und dem Kreis Segeberg für den raschen Weiterbau der A20 plädierten.

Landrat Jan-Peter Schröder: „Wir verwalten uns in Deutschland zu Tode!“

Segebergs Landrat Jan-Peter Schröder mit dem ehemaligen FDP-Landtagsabgeordneten Stephan Holowaty.
Segebergs Landrat Jan-Peter Schröder mit dem ehemaligen FDP-Landtagsabgeordneten Stephan Holowaty. © Burkhard Fuchs

Und tatsächlich gab es auf der Kundgebung keinerlei Gegendemonstrationen von Naturschützern oder Autobahngegnern, die diese Autobahn am liebsten nie gebaut sehen möchten. Nur ein vereinzelter Mann rief den Rednern am Pult zu: „Es stimmt doch gar nicht, dass alle für die A20 sind. Sie wollen nur alle weniger Verkehrslärm und sind deshalb für den Autobahndeckel“, rief er. Seinen Namen wollte er aber dem Reporter lieber nicht nennen.

Das taten andere Bürgerinnen und Bürger der Kreisstadt, die sich sehr wohl bald eine fertige A20 um ihre Stadt herum wünschen. „Das ist hier doch verkehrlich eine Katastrophe“, ärgerte sich Jochen Müller-Harboe. „Wir hoffen, dass da endlich was passiert“, ergänzte Ehefrau Margret Müller-Harboe. Und Uwe Behrens sagte: „Dass die A20 nicht fertig ist, bringt unserer Stadt nur Nachteile.“ Und Peter Bruhn wunderte sich, dass die Umweltschützer sich nicht darüber aufregten, dass die Autos täglich drei Kilometer im Stau stünden „und die Luft mit Abgasen verpesten“.

Bad Segeberg: Parteiübergreifendes Signal an die Ampelregierung

Bad Segeberg wird bald als „die Stau-Stadt des Nordens“ verschrien sein, warnte der frühere IHK-Vizepräses Bernd Jorkisch (von links) mit Bad Segebergs Bürgervorsteherin Monika Saggau, Bürgermeister Toni Köppen und Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen.
Bad Segeberg wird bald als „die Stau-Stadt des Nordens“ verschrien sein, warnte der frühere IHK-Vizepräses Bernd Jorkisch (von links) mit Bad Segebergs Bürgervorsteherin Monika Saggau, Bürgermeister Toni Köppen und Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen. © Burkhard Fuchs

„Wir wollen einen parteiübergreifenden Schulterschluss für die A20“, sagte zu Beginn der Kundgebung Bad Segebergs Bürgervorsteherin Monika Saggau (CDU). Und FDP-Vorsitzender Uwe Henn forderte, beim Bau der A20 „kein Schwarzer-Peter-Spiel“ zwischen der Landesregierung und Kiel und dem Bund in Berlin zu machen. „Wir wollen alle, dass die Autobahn bald kommt.“

Bürgermeister Köppen kündigte an, den Entscheidungsträgern in Bund und Land jetzt mindestens alle drei Monate auf den Füßen zu stehen und jedes Mal „lautstark“ den Weiterbau der A20 einzufordern. „Wir sind nicht mehr gewillt, still zu sein“, sagte Köppen. Und Landrat Schröder griff den Rat von Minister Madsen zur Selbsthilfe auf. „Wir werden mit Sicherheit jemanden finden, der uns einen Bagger leiht, damit es schneller geht.“