Kreis Segeberg. Mehr Fälle von Lohndumping und illegaler Beschäftigung im Kreis Segeberg: Zoll leitet 73 Ermittlungsverfahren ein.

Illegale Beschäftigung, Sozialbetrug und Lohndumping: Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) hat kriminelle Praktiken auf Baustellen beklagt. Das Hauptzollamt Itzehoe, das auch für den Kreis Segeberg zuständig ist, habe allein im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres in der Region insgesamt 73 Ermittlungsverfahren im Baugewerbe eingeleitet.

Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) deckte bei ihren Kontrollen vor allem illegale Beschäftigung, Sozialbetrug und Mindestlohnverstöße auf. Die ermittelte Schadenssumme durch nicht gezahlte Steuern und Sozialabgaben auf dem Bau liegt nach Angaben der Experten bei rund 146.000 Euro. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es nur 44 Ermittlungsverfahren.

Gewerkschaft: „Kriminelle Methoden gehören auf dem Bau zum Alltag“

Die Baugewerkschaft beruft sich auf Zahlen, die das Bundesfinanzministerium zur Kontroll-Bilanz des Zolls auf dem Bau mitgeteilt hat. „Die hohe Zahl der Ermittlungsverfahren zeigt, dass kriminelle Methoden auf dem Bau auch in unserer Region zum Alltag gehören. Die tatsächlich aufgedeckten Verstöße sind nur die Spitze des Eisbergs“, so der Bezirksvorsitzende der IG BAU Holstein, Ralf Olschewski.

Neben den vielen „sauber arbeitenden Unternehmen“ gäbe es noch immer unseriöse Firmen, für die Lohndumping und illegale Beschäftigung bei Bauaufträgen zum Geschäftsmodell gehörten. Und Olschewski warnt vor einer weiteren Zunahme illegaler Machenschaften. „Die hohe Inflation, steigende Bauzinsen, hohe Material- und Energiekosten – alles führt zu einem wachsenden Kostendruck auf dem Bau. Unseriöse Chefs werden deshalb jetzt erst recht versuchen, ihre Kosten durch Lohndumping zu senken. Und sie werden sich noch mehr Tricksereien einfallen lassen, um Steuern und Sozialabgaben zu hinterziehen. Dadurch geraten Arbeitgeber, die sich an den Bau-Tarifvertrag halten, weiter unter Druck.“

Gewerkschaft: „Sündenregister für Schwarzarbeit“

Aus diesem Grund fordert der IG BAU Bezirksverband Holstein deutlich mehr Kontrollen und eine stärkere Präsenz des Zolls auf den Baustellen. „Auch im Kreis Segeberg wollen wir ‚saubere Baustellen‘. Der Staat muss sicherstellen, dass kriminelle Praktiken auf Baustellen keine Chance mehr haben“, so Ralf Olschewski. Zudem müssten auffällig gewordene Firmen von der öffentlichen Auftragsvergabe ausgeschlossen werden.

Die Forderung der Experten: „Wir brauchen ein ‚Sündenregister für Schwarzarbeit‘ – eine öffentliche Kartei, in der die Betriebe aufgelistet werden, deren Geschäftsmodell auf illegaler Beschäftigung und Lohnprellerei beruht.“