Norderstedt. Verwaltung hat Antrag geprüft. Eltern wollten mehr Sicherheit auf dem Schulweg. Doch die Antwort ist ernüchternd.

Es war ein dringendes Anliegen vieler Eltern, die Grünen hatten es in einem Antrag aufgegriffen, der Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr einstimmig beschlossen. Die Verwaltung der Stadt Norderstedt sollte prüfen, ob auf dem Glashütter Damm, und zwar zwischen den Einmündungen Glasmoorstraße und Grüner Weg, eine Tempo-30-Zone eingerichtet werden könnte. Aus Sicht der Anwohner wäre das nötig, da hier morgens Kinder und Jugendliche unterwegs sind zum Schulzentrum Süd beziehungsweise zur Grundschule.

Nun liegt die Antwort aus dem Rathaus vor. Sie wird für Ernüchterung sorgen. Denn die Fachleute im Sachgebiet für Verkehrsaufsicht sehen keine rechtliche Möglichkeit. „Eine Tempo-30-Zonenanordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen erstrecken.“ Die Straßenverkehrsordnung regelt das in Paragraf 45.

Norderstedt: Tempo 30 auf Glashütter Damm – das sagt die Stadt

Im konkreten Fall heißt das: „Der Glashütter Damm ist als verkehrswichtige Straße im Verkehrsentwicklungsplan der Stadt Norderstedt eingestuft und ist damit auch Vorfahrtstraße. Daher kann hier keine Tempo-30-Zone angeordnet werden.“ Und auch Durchgangsverkehre mit Lkw seien erlaubt.

Dennoch bestätigt die Stadt, dass die Belastung auf dem Glashütter Damm zugenommen hat. Das hat zwei Gründe: „Durch die Sperrung der Segeberger Chaussee und des Hofwegs kam es durchaus zu erhöhten Verkehrsaufkommen, da Ortskundige diesen Weg nutzten, statt die offizielle Umleitung über den Hummelsbütteler Steindamm zu fahren.“

Stadt Norderstedt: Glashütter Damm ist kein Unfallschwerpunkt

Ein Gefahrenpunkt ist der Glashütter Damm ebenso nicht, so die Verwaltung. Es seien „keine Unfälle nach dem polizeilichen Unfall-Lagebild bekannt, die auf zu hohe Geschwindigkeiten schließen und streckenweise Tempo 30 aus Gefahrengründen rechtfertigen würden“. Und ein Tempolimit wäre nur dann möglich, wenn es häufig Unfälle gibt, weil zu schnell gefahren wird. „Die verkehrlichen Probleme im Glashütter Damm waren vielmehr auf ein zu hohes Verkehrsaufkommen durch die beiden Sperrungen zurückzuführen. Es kam zu Staubildungen.“

Ein parkender Pickup wurde zwar auf dem Glashütter Damm in Norderstedt vor wenigen Wochen morgens gerammt – doch ein Unfallschwerpunkt ist die Straße laut Verkehrsaufsicht nicht.
Ein parkender Pickup wurde zwar auf dem Glashütter Damm in Norderstedt vor wenigen Wochen morgens gerammt – doch ein Unfallschwerpunkt ist die Straße laut Verkehrsaufsicht nicht. © Privat

Es hatte auch den Vorschlag gegeben, Tempo 30 einzuführen, da sich in der Nähe eine Schule und eine Kita befinden. Aber: „Hierfür müsste es in Verbindung mit der zugehörigen Verwaltungsvorschrift einen direkten Zugang zum Glashütter Damm geben oder die Bring- und Holverkehre hier stattfinden. Beides ist nicht der Fall“, erklärt die Verkehrsaufsicht.

Bring- und Holverkehre zu Schule und Kita sind auf anderen Straßen

Eine entsprechende Verkehrsschau sei „in enger Abstimmung mit der Polizei, Vertretern der Schule und der Kindergärten erfolgt“. Schule und Kita seien 150 Meter vom Glashütter Damm entfernt. „Die Bring- und Holverkehre mit all ihren kritischen Begleiterscheinungen finden in der Müllerstraße und in der Stichstraße zur Schule statt, nicht aber am Glashütter Damm.“

Tempo 30 anzuordnen, wäre laut Rathaus also ein Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung, demnach rechtswidrig.

Die zeitweilige Sperrung der Durchfahrt über den Hofweg hatte zu Verdrängungs- und Ausweichverkehr in den Wohngebieten geführt.
Die zeitweilige Sperrung der Durchfahrt über den Hofweg hatte zu Verdrängungs- und Ausweichverkehr in den Wohngebieten geführt. © Melanie Ritter

Was bleibt? Ein Appell an die Kinder und Eltern. Denn für jede Grundschule in der Stadt gibt es einen Schulwegplan. „Hier wird Kindern und Eltern für die Grundschule Glashütte unbedingt empfohlen, nur über die Ampeln und nicht außerhalb der Signalisierung zu queren.“ Die bestehenden Fußgängerampeln sind ausreichend, so die Verkehrsaufsicht. „Dieses bestätigt auch das Unfall-Lagebild in diesem Bereich, welches vollkommen unauffällig ist. Auch sind in ausreichender Zahl „Achtung Kinder“-Gefahrenschilder angebracht.“

Wie berichtet, hatte sich der Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr im November mit der Verkehrslage in diesem Bereich befasst. Die mit Pollern durchgesetzte Sperrung des Hofwegs an der Einmündung Glasmoorstraße war per Beschluss wieder kassiert worden. Damit machte die Politik eine 180-Grad-Wende – sie hatte vor einigen Monaten das Gegenteil entschieden, um einen Unfallschwerpunkt an der Kreuzung des Hofwegs mit der Segeberger Chaussee und dem Hummelsbütteler Steindamm zu entschärfen.

Tempo 30: Glashütter Damm – Laut Grünen wäre andere rechtliche Auslegung möglich

Verwaltung und Polizei hatten hingegen Poller direkt an der Bundesstraße 432 empfohlen. Die andere Variante führte binnen kurzer Zeit zu viel Verdrängungs- und Ausweichverkehr durch die Wohngebiete, was wiederum zu großem Protest der Anwohner führte, die diesen vor Ort bei der Sitzung lautstark äußerten.

Die Poller wurden wenige Tage nach dem Beschluss wieder entfernt. „Jetzt haben wir das alte Problem wieder“, sagt Marc-Christopher Muckelberg, Fraktionsvorsitzender der Grünen. Dass die Verkehrsaufsicht den Antrag zu Tempo 30 ablehnt, sieht er übrigens differenzierter. „Wenn man sich andere Kreise anguckt, gibt es auch deutlich breitere Auslegungen der Straßenverkehrsordnung.“ Anderswo wäre ein solches Ansinnen also womöglich durchgekommen, deutet er an. In Norderstedt hilft das nicht. Denn ein Ausschuss kann die Verkehrsaufsicht nicht per Votum dazu verpflichten, wenn sie wie beim Glashütter Damm rechtlich argumentiert. „Aktuell haben wir keine andere Chance.“