Norderstedt. 100 kluge Köpfe aus digitalen Start-ups netzwerkten in der Stadt. Welche Lösungen sie für Alltagsprobleme anbieten.

Einen Tag lang war Norderstedt das Zentrum für Künstliche Intelligenz (KI) und von innovativen IT-Start-ups in Schleswig-Holstein. Etwa 100 Existenzgründer, mögliche Investoren und Kunden aus Hamburg und Schleswig-Holstein trafen sich auf Einladung der Kieler Staatskanzlei in den neun Veranstaltungsräumen der Norderstedter Bank.

Zehn junge Firmen mit frischen Ideen aus der digitalen Welt stellten dabei ihre Projekte vor. KI-basierte Lösungen für die Medizintechnik, Lagerhaltung, Wartung, Energieeinsparung oder Vertrieb wurden angeboten – manche davon haben sich schon erfolgreich am Markt etabliert.

Künstliche Intelligenz: Norderstedt war einen Tag Silicon Valley

„Junge Unternehmen aus dem Bereich KI sollen in Schleswig-Holstein und Hamburg noch besser vernetzt und länderübergreifend ausgebaut werden“, sagte Digitalisierungsminister Dirk Schrödter zum Auftakt des Norderstedter „KI-Start-up.Pitch“. KI-Start-ups würden in Schleswig-Holstein mit 90 Prozent ihrer Projektsumme, maximal bis zu 200.000 Euro gefördert, wenn sie weniger als fünf Jahre am Markt bestehen, so der Minister.

Schon heute gebe es „ein großartiges Start-up-Ökosystem in Schleswig-Holstein“, sagte er. „Ich bin mir sicher, dass es noch zahlreiche weitere kreative Ideen und Impulse gibt. KI und Start-ups gehören untrennbar zusammen.“

KI: Der Norden ist bei dem Thema ganz weit vorne

Johannes Ripken (l.) und Andreas Hennig vom KI-Transfer-Hub der Wirtschaftsförderung und Technologietransfer in Schleswig-Holstein leiteten das KI-Seminar in Norderstedt.
Johannes Ripken (l.) und Andreas Hennig vom KI-Transfer-Hub der Wirtschaftsförderung und Technologietransfer in Schleswig-Holstein leiteten das KI-Seminar in Norderstedt. © Burkhard Fuchs

In Norderstedt sollten die Akteure sich untereinander austauschen und mögliche Geschäftsbeziehungen knüpfen – auch über die Landesgrenzen hinweg. Das bestätigte Eva Baukloh, die bei Hamburg-Innovation den Bereich für KI leitet – genauer gesagt den Bereich Artificial Intelligence und den „AI.Startup.Hub“.

Hamburg-Innovation biete jungen Existenzgründern halbjährige Stipendien mit 1500 Euro im Monat an, einen Arbeitsplatz und Experten als Mentoren, die sie von der Idee bis zur Umsetzung betreuen. Im nächsten Jahr gebe es in Hamburg eine Fachtagung, einen „AI-Summit“, mit bis zu 7000 KI-Start-ups aus aller Welt.

Es besteht direkter Kontakt zum Silicon Valley in Kalifornien

Bei der KI sei der Norden Deutschlands zurzeit führend, sagte Andreas Hennig, Projektleiter vom KI-Transfer-Hub Schleswig-Holstein. Kiel, Bremen und Hamburg hätten bereits 100 Millionen Euro in diese digitalen Projekte der Maschinen-Intelligenz gesteckt. Über das „Northern Germany Innovation Office“ werde eine direkte Brücke zum Silicon Valley in Kalifornien geschlagen, indem es Kooperationspartner und Netzwerke im Silicon Valley aufzubauen helfe.

Dort befinde sich seit Jahrzehnten das „weltweite Epizentrum für Innovation und Fortschritt im Bereich der Digitalisierung“. Und dort nahmen Microsoft, Apple oder Google ihren Anfang, die heute zu den weltweit größten Firmen gehören und Daten von Milliarden Menschen verarbeiten.

KI kann die IT-Probleme von Firmen selbstständig lösen

Von solchen Dimensionen sind die hiesigen Start-ups zwar noch weit entfernt. Aber die möglichen Anwendungsgebiete der KI scheinen keine Grenzen zu kennen. So hat das Start-up AI-omatic aus Hamburg eine Software-Lösung erarbeitet, die für andere Firmen die Haltbarkeit ihrer Maschinen messe und errechne, wie Vorstandschefin Anna Weirauch in Norderstedt berichtete.

Cloud-Supplies aus Hamburg habe ein digitales System entwickelt, das die wiederkehrenden IT-Probleme für Kunden erledige, sodass deren IT-Mitarbeiter sich um andere Dinge kümmern könnten und so 95 Prozent ihrer Standardprobleme endlich los seien, erklärte Firmengründer Olaf Schäfer.

KI hilft, den Vertrieb perfekt zu optimieren

Und Alexander Weltzsch von Deal-Code kann Vertriebsmitarbeitern mit Hilfe von Computer gestützten Daten genau vorhersagen, wann und wie sie am besten ihre Kunden ansprechen und damit ihre Vertriebsprozesse verbessern können.

Mit Energieverbrauch befasst sich die Firma encentive aus Neumünster, erläuterte Geschäftsführer Daniel Ehnes. Seine erst vor zwei Jahren gegründete Firma biete mit inzwischen zehn Mitarbeitern andern Unternehmen flexible Lösungen zur Optimierung des Stromverbrauchs und zur Kombination mit erneuerbaren Energien an.

KI prüft laufend die Haltbarkeit der Batterien von Elektroautos

Voll im Trend dürfte da auch das Start-up Heindalytics mit seinem Angebot liegen: Es misst den Ladezustand von Batterien und die Qualität der Zellen darin für Elektrofahrzeuge permanent aus, wie ihr Gründer Christoph Weber berichtete. Der Markt sei groß und wachse. Jedes dritte Neufahrzeug sei inzwischen ein E-Auto und ihre Lösung richte sich sowohl an die Hersteller als auch an die Käufer von Neu- und Gebrauchtfahrzeugen, die wissen möchten, wie lange ihre Batterie noch halte.

Mit digitalbasierter Medizintechnik beschäftigen sich laromed und Fuse-AI. Erstere verstehen sich als eine Art digitaler Vollzeit-Altenpfleger, wie laromed-Gründer Clemens Winter erklärte. Sie hätten ein Lattenrost entwickelt, das sämtliche Daten wie Größe, Gewicht, Druck oder Feuchtigkeit des darüber liegenden Menschen ständig messen würden. Dies könnte Entlastung für die Pflegekräfte bringen, weil diese den Pflegebedürftigen dann immer im Blick halten können und informiert sind, ob er ruhig schläft oder möglicherweise sogar das Bett verlassen hat.

Künstliche Intelligenz: Zustand von Pflegebedürftigen wird überwacht

Matthias Steffen wiederum bietet mit Fuse-AI Radiologen eine Software-Lösung an, die die Fehldiagnosen von Prostata-Krebs von zurzeit 15 Prozent auf nahezu null reduzieren könnte. Das erleichtere die Arbeit der Ärzte, die noch dazu mehr Patienten behandeln könnten als bisher, wirbt er für sein Programm. „Wir suchen zurzeit händeringend eine Kooperation mit einer Klinik und wollen unser Angebot die USA und Südostasien erweitern.“