Norderstedt. Geschäfte im Herold-Center müssen früher schließen: Mitarbeiter fehlen. Was sich der Center-Manager deswegen ausgedacht hat.

„Den Personalmangel habe ich noch nie so schlimm erlebt wie jetzt“, sagt Andrea Evers. Sie ist seit gut 15 Jahren im Einzelhandel tätig. Erst hat sie als Verkäuferin bei Karstadt in der De-Gasperi-Passage gearbeitet – als die Filiale in Norderstedt geschlossen wurde, wechselte sie zum benachbarten Modegeschäft Bonita im Herold-Center.

Wer durch das Herold-Center schlendert, sieht in den Geschäften häufig nur einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin stehen. Dieser muss Kunden beraten, abkassieren, für Ordnung im Laden sorgen. Bereits in den frühen Abendstunden, in denen das Einkaufszentrum noch geöffnet ist, sind einige Geschäfte abgedunkelt und verschlossen.

Herold-Center in Norderstedt: „Personalmangel nie so schlimm wie jetzt“

„Wir merken, dass die Corona-Zahlen deutlich steigen. Dass so viele Leute auf einmal krank sind, hatten wir noch nie“, berichtet Evers. Bonita muss wegen der Ausfälle aktuell schon um 16 Uhr schließen – vier Stunden früher als üblich. „So kurzfristig lässt sich einfach kein Ersatz finden.“

Auch das Kleidungsgeschäft Camp David/Soccx konnte zwischenzeitlich nur bis 18 Uhr öffnen. „Personal fehlt überall. Es darf keiner krank werden“, sagt Mitarbeiterin Ellen Bernau. Denn nicht nur Krankheitsausfälle sind verantwortlich für die dünne Besetzung – viele Arbeitskräfte sind aus dem Einzelhandel in andere Branchen abgewandert.

Wegen Corona: Arbeitskräfte sind abgewandert

Agâh Schaumburg, der seit April dieses Jahres Manager des Herold-Center ist, steht mit seinen Mietern im engen Austausch. Sie berichteten ihm, dass einige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen schon während der Corona-Einschränkungen begonnen hätten, sich umzuorientieren.

Das ständige Hin und Her und die sich andauernd ändernden Maßnahmen hätten ihnen zugesetzt: Mal war nur ein Kunde pro 20 Quadratmeter zugelassen, dann wurde das System „Click & Meet“ (Einkaufen mit Termin) eingeführt, zwischenzeitlich mussten die Einkaufszentren komplett schließen.

Herold-Center: Mieter müssen sich an neue Öffnungszeiten halten

„Die Mitarbeiter haben sich nach Alternativen umgesehen und andere Jobs gefunden. Das ist leider ein Fakt wie in vielen anderen Branchen auch. Hinzu kommen immer wieder kurzfristige, krankheitsbedingte Ausfälle“, sagt Schaumburg.

Das Herold-Center hat bis um 20 Uhr geöffnet. Die Mieter sind dazu verpflichtet, sich an die vorgegebenen Öffnungszeiten zu halten. Doch in der jetzigen Phase ist dies für einige kaum möglich. „Im Moment ist die Personallage katastrophal“, sagt Jeanine Drifte. Die 19-Jährige arbeitet bei Party Fiesta und verkauft Luftballons, Girlanden und andere Dekoartikel für Geburtstags-, Halloween- oder Hochzeitsfeiern.

Kunden in Norderstedt sollen sich auf Zeiten verlassen können

Am Eingang des Ladens hängt ein Zettel aus: Das Partyartikel-Geschäft sucht dringend eine Verkäuferin oder einen Verkäufer in Teilzeit. „Unter der Woche haben wir nur bis 18 Uhr geöffnet, am Wochenende bis 20 Uhr. Es gab aber auch schon Tage, da mussten wir komplett schließen, weil kein Mitarbeiter zur Verfügung stand“, berichtet Jeanine Drifte.

Die Mehrheit der Läden ist in der Lage, Kunden bis zur offiziellen Schließung des Einkaufszentrums zu bedienen. Insbesondere Großmieter wie zum Beispiel H&M richten sich wieder nach den gewohnten Öffnungszeiten. Das ist Agâh Schaumburg als Center-Manager sehr wichtig, schließlich sollen sich die Besucherinnen und Besucher auf die angegebenen Zeiten verlassen können.

Center-Manager ruft Jobbörse für das Herold-Center ins Leben

„Die weiteren Geschäfte werden mittelfristig folgen, weil wir dies auch im Sinne unserer Kunden einfordern“, sagt Schaumburg. Der 45-Jährige ist seit 18 Jahren im Einzelhandel tätig. Er ist davon überzeugt, dass die abgewanderten Arbeitskräfte ihren Weg zurück in die Branche finden werden. „Wer das Verkäufer-Gen in sich hat, wird an diesen Ort zurückkehren“, meint er.

Agâh Schaumburg hat im Obergeschoss des Herold-Center eine Jobbörse mit Stellenausschreibungen eingerichtet, um dem Personalmangel im Einzelhandel entgegenzuwirken.
Agâh Schaumburg hat im Obergeschoss des Herold-Center eine Jobbörse mit Stellenausschreibungen eingerichtet, um dem Personalmangel im Einzelhandel entgegenzuwirken. © Annabell Behrmann

Um seine Mieter bei der Mitarbeitersuche zu unterstützen, hat Schaumburg vor etwa einem Monat im Obergeschoss eine Wand gestaltet, an der Jobangebote ausgehängt werden. Sie befindet sich in dem Durchgang zum Parkhaus auf Höhe des Eisladens Giovanni L. „Die Situation ist so, wie sie ist. Also habe ich mich gefragt: Was können wir tun, um unsere Mieter zu unterstützen?“

Herold-Center Norderstedt: Zwölf Flächen stehen aktuell leer

Zusätzlich hat der Center-Manager Aufkleber produzieren lassen, die nun an Parkautomaten, Eingängen und einigen Geschäften hängen. Darauf befindet sich ein QR-Code. Wer ihn mit dem Handy einscannt, landet auf einer Webseite, auf der vakante Stellen ausgeschrieben sind. Modemarken suchen Filialleiter, Aushilfen und Verkäufer, ein Dekogeschäft bietet eine Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel an. Insgesamt 28 Jobs sind zu vergeben.

Derzeit sind 122 Mieteinheiten im Herold-Center belegt – zwölf Flächen stehen leer. „Das ist ein natürlicher Fluktuationsmodus“, sagt Schaumburg, der sich aktuell mit neuen potenziellen Mietern in Verhandlungen befindet. „Ich liebe den Einzelhandel und bin überzeugt davon, dass er eine Zukunft hat.“