Wirtschaftsverbände fordern ein generelles Rauchverbot während der Arbeitszeit. Die Unternehmen lehnen den Vorstoß jedoch ab.

Kreis Segeberg. Raucherpausen kosten die Betriebe Geld und stören den Arbeitsablauf - das sagt der Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMV), Mario Ohoven, und fordert komplett zigarettenfreie Arbeitszeiten. Beschäftigte sollen nur noch in der Mittagspause oder nach Feierabend rauchen. "Es kann nicht sein, dass Nichtraucher bestraft werden", sagt auch Ursula Frerichs, Präsidentin des Unternehmensverbands mittelständische Wirtschaft, die Ohovens Vorstoß unterstützt.

Doch ein generelles Rauchverbot am Arbeitsplatz stößt bei den Unternehmen im Kreis Segeberg auf Widerstand. Sie halten nichts davon, das Rauchen während der Arbeitszeit zu verbieten und regeln die Raucherpausen lieber selbst. Geschäftsleitung und Mitarbeiter setzen einerseits auf Absprache, Einsicht und kollegiales Miteinander, oder sie haben in Dienstvereinbarungen festgelegt, wie mit Raucherpausen umzugehen ist.

Die Mitarbeiter einigen sich. Und das klappt ausgesprochen gut

"Bei uns gibt es keine Vorgaben, die Mitarbeiter in den Büros und Einkaufsmärkten einigen sich, wie sie mit den Rauchpausen umgehen. Das klappt gut, Probleme sind mir nicht bekannt, eine weitergehende Regelung ist nicht nötig", sagt Raimund Esser, Sprecher der Handelskette Rewe, die in Norderstedt ein zentrales Auslieferungslager betreibt.

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Heinrich Ritscher, Geschäftsführer des Unternehmensverbandes Unterelbe-Westküste und damit auch zuständig für Norderstedt, hält nichts von einer gesetzlichen Regelung der Raucherpausen. "Die Entscheidung, wie mit der Zigarettenpause umgegangen wird, sollte innerbetrieblich geregelt werden." Im Kreis Segeberg gehen die Unternehmen unterschiedlich mit dem Thema um.

"Bei uns gibt es seit 2008 eine Dienstvereinbarung zum Nichtraucherschutz. Wer rauchen will, muss ausstempeln und die Arbeitszeit nachholen", sagt Siegried Becker, Leiterin des Hauptamtes in der Norderstedter Stadtverwaltung. Diese Regelung werde von Rauchern wie von Nichtrauchern akzeptiert, sie reiche aus.

Auch in der Segeberger Kreisverwaltung müssen die Raucher ihre Stempelkarten ins Kontrollgerät stecken und sich abmelden, wenn sie sich in den Raucherraum zurückziehen oder vor der Tür rauchen wollen. "Auch bei uns ist das per Dienstvereinbarung geregelt", sagt Meike Hass, Fachbereichsleiterin Zentrale Steuerung in der Kreisverwaltung. Sowohl im Rathaus als auch im Kreishaus darf nicht mehr geraucht werden, was Siegried Becker als "sehr angenehm" empfindet.

Vertrauensarbeitszeit ersetzt die Stechuhr und Kontrollen

Der Vorstand der Norderstedter Bank setzt hingegen ganz auf die Einsicht und das Verantwortungsbewusstsein der Mitarbeiter: "Wir haben eine Vertrauensarbeitszeit, Stechuhren gibt es nicht", sagt Bank-Vorstand Martin Weber. Er geht davon aus, dass die Arbeit ordentlich erledigt wird und hat bisher keine negativen Erfahrungen gemacht. Da das Prinzip von "Geben und Nehmen" gut funktioniere, sei eine gesetzliche Regelung überflüssig. Die Kollegen der Sparkasse Südholstein hingegen müssen ausstempeln, um eine Zigarette zu rauchen. "Das sind nicht bezahlte Pausen", sagt Sparkassen-Sprecherin Imke Gernand.

"Wir haben so wenige Raucher, und das Rauchen während der Arbeitszeit wird nicht übertrieben, also brauchen wir kein Ausstempeln", findet AKN-Sprecher Jörg Minga. Auch der international tätige Gabelstapler-Hersteller Jungheinrich verzichtet in seinem Werk in Norderstedt auf Vorgaben. "Insgesamt haben wir den Eindruck, dass das Thema an Bedeutung verliert, die Zahl der rauchenden Kolleginnen und Kollegen geht deutlich zurück", sagt Unternehmens-Sprecher Markus Piazza.

Bei der Barmer GEK hingegen lautet das Unternehmensmotto Ausstempeln für alle, die eine Raucherpause brauchen. "Das ist natürlich grundsätzlich die sauberste Lösung. Allerdings bedeuten Raucherpausen nicht zwangsläufig, dass diese Mitarbeiter weniger leisten", sagt Detlef Senkpaul, Leiter der Barmer GEK in Norderstedt.

Auch die Nichtraucher unterbrechen die Arbeit gern mal für einen Plausch

Auch die Nichtraucher unterbrechen die Arbeit gern mal für einen Plausch mit dem Kollegen. Wichtig sei doch, dass die Arbeit erledigt wird. Erledigt hat sich seit diesem Jahr in der Geschäftsstelle allerdings auch das Thema Raucherpause: "Alle unsere 15 Mitarbeiter sind Nichtraucher", sagt Senkpaul.