Vortrag

Wie junge LandFrauen gegen Burn-Out kämpfen

| Lesedauer: 5 Minuten
Immer schön positiv bleiben und Daumen hoch: Svenja Pein (r.) motiviert die LandFrauen im Dörphus in Nahe zu gemeinsamen Achtsamkeitsübungen

Immer schön positiv bleiben und Daumen hoch: Svenja Pein (r.) motiviert die LandFrauen im Dörphus in Nahe zu gemeinsamen Achtsamkeitsübungen

Foto: Bianca Bödeker / Bödeker

Die jungen LandFrauen aus den Kreisen Stormarn und Bad Segeberg trafen sich zu einem Achtsamkeits-Seminar im Dörphus in Nahe.

Nahe. „Müssen tust du gar nichts, nur auf Klo.“ Plastischer kann der Titel einer Veranstaltung nicht lauten, in der es um Stress, Achtsamkeit, Perfektionismus, um drohende Burn-Out-Fallen, Müssen und Nein sagen geht. Gebündelt in der Frage: „Und wo bleibe ich im Alltag?“

Eingeladen in das Dörphus Nahe hatten die jungen LandFrauen Stormarn und Bad Segeberg - ihre erste größere Veranstaltung seit Start der Initiative 2018. Und mehr als 60 Interessierte hören Gastrednerin Svenja Pein aufmerksam zu.

Auch Regina Piehl ist gekommen. Die Landwirtin und Mutter zweier kleiner Kinder ist seit fünf Jahren Mitglied im Ortsverein Leezen. Sie freut sich, dass sich die jungen LandFrauen gegründet haben und mit ihren Veranstaltungen das Themenspektrum der LandFrauen erweitern. Diese Treffen, sagt die 37-Jährige, seien wichtig, um zu netzwerken, interessante Vorträge zu hören, oder gemeinsam etwas Handwerkliches zu gestalten.

Job, Hof, Kinder, Freizeit – alles unter einen Hut zu bekommen, laugt aus

Wienke Möckelmann ist ebenfalls dabei. In Nützen-Kampen betreibt die Familie der Mutter eines dreijährigen Sohnes einen landwirtschaftlichen Betrieb. Als langjähriges Mitglied im Ortsverein Schmalfeld nimmt die 35-Jährige zum zweiten Mal an einer Veranstaltung der jungen LandFrauen teil. Der Vortrag spricht die Lehrerin an. Schließlich weiß auch sie, wie herausfordernd es ist, Familie, Haushalt und Job unter einen Hut zu bringen und dabei alle Bälle gleichermaßen in der Luft zu halten.

Schonungslos offen erzählt Svenja Pein den Gästen, wie sie ihr eigenes Leben nach einem Burnout völlig umkrempelte. Ihr Ehrgeiz, möglichst viel erreichen zu wollen, hätten ihr viel Erfolg gebracht. „Ich war gefragt, gut vernetzt, konnte mir die Jobs aussuchen. Ich genoss die Anerkennung und viel rumzukommen.“ Doch das hatte seinen Preis. Häufiger Wohnortwechsel, Stress und der Druck, immer zu den Besten gehören zu wollen, seien die Kehrseite gewesen. Privatleben und Gesundheit hätten darunter gelitten und die Erkenntnis geschaffen, dass Erfolg nicht alles sei.

Die Rednerin kommt vom Hof und weiß Bescheid

„Das war für mich der Anlass, etwas zu ändern“, sagt die studierte Agrarwissenschaftlerin, die ihre Wurzeln auf dem Almthof in Appen hat. „Ich stellte mir die Frage nach der richtigen Work-Life-Balance, suchte Möglichkeiten zum Ausgleich und probierte verschiedene Sportarten aus. Die effektivste aller Methoden aber war das Nein sagen.“ Die 35-Jährige schuf sich immer mehr Raum und Zeit für sich selbst.

Und geht seitdem achtsamer mit sich um. Das heißt: „Im jeweiligen Moment präsent zu sein und ihn wahrzunehmen ohne zu werten. Ich werde, wenn ich achtsam bin, zum Beobachter dessen, was da von innen passiert - nehme Gefühle, Signale und Gedanken wahr.“

Achtsamkeit? Geht das auch mir selbst gegenüber?

Dass die Worte Wirkung zeigen, bestätigt der Zwischenruf einer Dame aus der ersten Reihe: „Ich dachte immer, achtsam soll ich mit anderen sein. Mit mir selbst auch? Das ist mir neu.“ Wieder etwas dazugelernt, denn: „Wenn ich mit mir achtsam bin, dann bin ich es auch mit anderen“, sagt die Referentin.

Und appelliert an die Gäste: „Erden wir uns. Dafür sind wir gemacht. Ich gehe bei Wind und Wetter mit nackten Füßen über den Hof. Das bringt mich ins Spüren.“ Erneuter Zwischenruf, diesmal einer jungen Mutter: „Wir sollten hier mehr auf unsere Kinder hören, die doch häufig fragen: Wann können wir mal wieder barfuß laufen?“ Svenja Pein lacht und nickt: „Ja, die Kinder sind Meister der Achtsamkeit.“

Und dann nimmt Pein die Gäste mit auf eine kurze Achtsamkeitsreise: Augen schließen, ein- und ausatmen, Pause. Sich auf sich besinnen. Gedanken und Atem fließen lassen. Um nach drei Minuten wieder entspannter im Hier und Jetzt zu landen.

Nach zwei Stunden ist der interaktive Vortrag dann zu Ende, bei Vielen fängt das Reflektieren jetzt an. „Gesunder Egoismus ist das Zauberwort. Ihr könnt die anderen nicht ändern. Also denkt an euch“, fasst Nicole Arnold (39) vom Orgateam junge LandFrauen Segeberg zusammen, die den Abend mit ihrem Stormarner Pendant Katharina Wendt (30) organisiert hat.

Und gleichzeitig die Werbetrommel für die jungen LandFrauen rührt. „Wir möchten ein Bindeglied sein zwischen denen, die sich für die Landjugend zu alt und für die LandFrauen noch zu jung fühlen“, sagt die Mutter eines fünfjährigen Sohnes, die seit zwei Jahren Mitglied im Ortsverein Nahe ist. „Mit Veranstaltungen zu aktuellen, nach Interessen abgestimmten Themen, mit kreativem Gestalten, Ausflügen mit der Familie zu Gruppenpreisen, Generationentreffen. Und das zu freizeitfreundlichen Zeiten.“

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