Stadtentwicklung

Norderstedt 2030 – was sich ändern muss

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Andreas Burgmayer
Norderstedt ist unter den 20 Städten der zweiten Phase im Bundeswettbewerb Zukunftsstadt 2030

Norderstedt ist unter den 20 Städten der zweiten Phase im Bundeswettbewerb Zukunftsstadt 2030

Foto: BMBF

Für das Konzept von der Zukunftsstadt hat die Stadt Norderstedt 1300 Bürger zu den sieben wichtigsten Themen befragt. Eine Übersicht.

Norderstedt.  Zugegeben: Sich die Zahnbürste mit dem Nachbarn teilen, ist zwar extrem nachhaltig, weil es Ressourcen schont und Plastikmüll vermeidet. Aber das Austauschen der Bürste würde ja dann auch wieder Transportlogistik auslösen. Und wenn die Bürste dann nicht zu Fuß, mit dem Rad, per Elektroauto oder durch einen gezielten Wurf aus dem Bad-Fenster zum Nachbarn geliefert wird, sondern mit dem alten Diesel-Stinker, dann hat es sich mit der Nachhaltigkeit.

Der Cartoonist Martin Perscheid hat im Auftrag der Stadt Norderstedt die Idee der Zukunftsstadt Norderstedt 2030 karikiert. Lachend den Zugang zu einem ernsten, aber abstrakten Thema zu finden, erleichtert die gute Sache ungemein. Die Stadt Norderstedt möchte gemeinsam mit den Bürgern die Zukunft der Stadt planen und die große Frage klären: Wie wollen wir 2030 und vor allem danach das Leben in Norderstedt gestalten, ohne die Umwelt, aber auch das soziale Gefüge noch mehr zu gefährden? Sichere Arbeit, bezahlbares Wohnen, Klimaanpassung, nachhaltige Mobilität und Energieversorgung – das sind die globalen Herausforderungen, die lokal umgesetzt werden müssen.

Als eine von 23 Kommunen in Deutschland arbeitet Norderstedt im Wettbewerb Zukunftsstadt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung am Stadtkonzept von morgen. Im Sommer geht der Wettbewerb in die entscheidende Phase: Dann werden acht Städte gewählt, die Geld vom Bund bekommen, um konkrete Projekte in der Stadt umzusetzen.

Bevor sich die Stadt dem finalen Urteil der Jury im Sommer stellt, prüfte sie in einer repräsentativen Umfrage unter 1300 Norderstedtern, ob die sieben Leitziele des Konzeptes Akzeptanz finden. Die da wären: Klimaschutz, Gesunde Stadt, Grünes Norderstedt, Soziale Integration gestalten, Stadt der kurzen Wege umsetzen, Stoffkreisläufe und Fairtrade-Stadt. „Wir haben hohe Zustimmungswerte bekommen. Das zeigt: Wir sind auf dem richtigen Weg mit diesen Zielen“, sagt Herbert Brüning, der als Leiter des Amtes Nachhaltiges Norderstedt die Bewerbung der Stadt anführt. Am höchsten bewertet: Die gesunde Stadt und das Grüne Norderstedt. Die Norderstedter wollen Straßenbäume, sie wünschen miteinander vernetzte Parks, Wasserflächen und lieben gepflegte Vorgärten. Für all das würden sich auch die meisten Bürger persönlich engagieren.

Und obwohl Norderstedt als Autofahrerstadt gilt und auch in fast 90 Prozent der befragten Haushalte mindestens ein Auto vorhanden war, sprachen sich 75 Prozent von ihnen für städtische Investitionen in den Radverkehr und ÖPNV aus. 21,7 Prozent der Befragten nutzen für alle Alltagswege das Auto und wollen das auch nicht ändern. Aber 43,6 Prozent nutzen das Auto kaum noch in der Stadt und wollen das noch intensivieren.

Besonders die Jungen und die Alten wünschen sich den Bau von kleinen, bezahlbaren Wohnungen mit 30 oder 40 Quadratmetern. Und 30 Prozent der Norderstedter wollen in der Zukunftsstadt Norderstedt mehr gemeinschaftliche oder genossenschaftliche Wohnformen zur Verfügung haben – aus finanziellen wie auch sozialen Gründen. „Die Bereitschaft, diese dann auch zu wagen, hängt von der möglichst niedrigschwelligen Verfügbarkeit ab“, sagt Brüning.

Am Ende kommen wir wieder auf die Zahnbürste zurück und die Frage, ob die Norderstedter in Zukunft wirklich bereit sind, Dinge untereinander zu tauschen. Ein Tauschsystem finden über 60 Prozent der Befragten gut, allerdings sind nur knapp 30 Prozent bereit, wirklich Gegenstände zu verleihen. Wenn es um die ehrenamtliche Mitarbeit in einem Tauschsystem geht, dann finden sich dazu nur knapp 13 Prozent der Befragten bereit. Vielleicht haben da zu viele Norderstedter die Karikatur von Martin Perscheid zu ernst genommen?

Brüning ist von den Ergebnissen der Umfrage begeistert. „Selbst auf dem Wochenmarkt haben sich die Leute 20 Minuten Zeit genommen, um die Fragen zu beantworten.“ Die Norderstedter, so zeigten es deren Antworten, hätten verstanden, dass einiges anders laufen muss in einem zukünftigen Norderstedt. Brüning: „Es gibt keine Alternative mehr zum Umdenken und zum nachhaltigen Handeln.“

Alle Ergebnisse der Umfrage unter norderstedt.de/Zukunftsstadt

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