Nahverkehr

Geht’s bald per Gondel durch Norderstedt?

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Andreas Burgmayer
Angesichts von immer mehr Autos im Stadtgebiet, sollen in Norderstedt auch andere Arten der Fortbewegung erschlossen werden – wie zum Beispiel die Seilbahn

Angesichts von immer mehr Autos im Stadtgebiet, sollen in Norderstedt auch andere Arten der Fortbewegung erschlossen werden – wie zum Beispiel die Seilbahn

Foto: dpa Picture-Alliance / S. Oehlschlaeger / picture alliance / blickwinkel/S

Öffentlicher Nahverkehr spielt immer größere Rolle. Grüne wissen, ob im Stadtgebiet vielleicht eine Seilbahn eingesetzt werden könnte.

Norderstedt.  Wenn die Norderstedter Grünen nun also ernsthaft vorschlagen, Gondelbahnen in Norderstedt im öffentlichen Nahverkehr zu prüfen, dann löst das in ersten Reaktionen bei den Bürgern Lacher aus. So weit, so erwartbar in einer Gesellschaft, die Mobilität in erste Linie über das Auto definiert und einer Stadt wie Norderstedt, in der 52.068 Fahrzeuge angemeldet sind und sich 66 Prozent der gut 79.000 Einwohner regelmäßig hinters Steuer ihres Autos setzen.

Doch mit dem Jetzt-Zustand im Sinn blicken die Grünen in eine mobile Zukunft, die weit weniger auf das Auto abzielt, in der dicke Luft und Verkehrslärm vermieden werden sollen, dem Verkehr weniger Fläche zugestanden und die Wohnqualität der Anwohner von Verkehrswegen besser geschützt wird.

Die Grünen wollen ganz bewusst quer denken

Dafür müssen die Bürger mehr laufen, mehr radfahren, mehr Elektroautos kaufen oder in Carsharing-Modellen mieten und vor allem mehr „Öffis“ nutzen, wie es die Grünen nennen, also die Busse, Bahnen – und Gondelbahnen. „Wir wollen im Nahverkehr mal ganz bewusst quer denken“, sagt Michael Ramcke von der Fraktion der Grünen. „Wir behaupten nicht, dass Gondelbahnen machbar sind. Wir wollen aber prüfen lassen, ob sie in Norderstedt sinnhaft sind und was das Ganze kosten würde.“

Fraktionschef Detlev Grube hat die Frage für sich schon beantwortet. „Es gibt im öffentlichen Nahverkehr in dieser Stadt immer noch weiße Flecken, etwa in Harkshörn, in Glashütte oder in Garstedt. Die Gondel könnte helfen, sie besser anzubinden.“ Denkbar ist für Grube auch die Verbindung der „Hotspots“ der Stadt. „Eine Gondelbahn vom Herold-Center, über das Arriba-Bad bis zum Stadtpark – sehr viele Menschen würden diese Anbindung nutzen.“ Michael Ramcke sagt, es seien genau diese Ost-West-Verbindungen, die in Norderstedt fehlten. „Wir sind allerdings nicht so naiv zu glauben, dass eine Führung der Gondelbahn über Wohnhäuser hinweg machbar ist – das gäbe sicherlich viel Ärger.“ Wer will sich schon zum Beobachtungsobjekt von Gondelfahrern werden.

Ihren Prüfauftrag an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr haben die Grünen deshalb sehr offen formuliert. Neben Kosten, möglichen Fördermitteln und Benutzerpotenzial soll die Stadt auch geeignete Trassenverläufe aufzeigen. „Die Führung entlang von Straßen, etwa der Schleswig-Holstein-Straße, ist denkbar“, sagt Grube. „Bei den Kosten muss man auch die ,Goodies’ gegenrechnen: Denn durch eine Gondel kann vielleicht Parkraum eingespart werden oder Buslinien.“ Am Stadtpark, sagt Grube, gebe es Überlegungen anderer Parteien, den Kleingartenverein neben dem Kulturwerk für mehr Parkraum plattzumachen. „Dann doch besser eine Gondel bauen, als Grünflächen vernichten.“

Vorbilder für städtischer Gondelbahnen stehen in Koblenz, in Graz, Barcelona, Rio, New York oder La Paz. Die Gondelbahn in Hamburg, von St. Pauli über die Elbe zu den Musical-Theatern, scheiterte am Volkswillen. Die Grünen wollen die Norderstedter Bürger mit grünen Fakten überzeugen: Die Gondel, betrieben mit grünem Strom, brauche wenig Platz, sie sei leise, zuverlässig und schnell (25 km/h). „Unser Oberbürgermeister mag doch immer Leuchtturmprojekte: Die Gondelbahn wäre eines, das für Nachhaltigkeit und innovative Mobilität steht“, sagt Grube.

Norderstedts will eine „Zukunftsstadt“ werden

Mit ihren Ideen für alternative Mobilität passen die Grünen ganz gut zum Bundeswettbewerb „Zukunftsstadt“, in dem Norderstedt als eine von 23 Kommunen im Land ausgewählt wurde. Da geht es darum, Visionen für eine nachhaltige Stadtentwicklung zu entwickeln und in ein Maßnahmenpaket umzusetzen. Renommierte Forschungsinstitute entwerfen für die Städte die Konzepte.

Für Norderstedt liegen derzeit fünf davon vor. Darunter Titel wie: „Sharing City Norderstedt“ (Fraunhofer-Institut), „N2: Nachhaltiges Norderstedt 2030+“ oder „Stadt gemeinsam gestalten. Ko-Produktion für ein faires, grünes und gesundes Norderstedt“ (Deutschen Institut für Urbanistik). Eine Jury und die Norderstedter Bürger sollen das beste der fünf Konzepte küren. Am Ende und mit etwas Glück gibt dann das Forschungsministerium in Berlin viel Geld für die Umsetzung des Siegerkonzeptes. Eine Gondelbahn könnte bei der Entwicklung von Visionen durchaus ein Thema sein.

Die Präsentation der Konzepte für die Zukunftsstadt Norderstedt ist für Freitag, 23. Juni, von 16 bis 19 Uhr, im Plenarsaal des Rathauses geplant. Am Sonnabend, 24. Juni wird es eine öffentlichen Jurysitzung zwischen 9.30 bis 17 Uhr im Rathaus geben.

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