Das Stadtmuseum Norderstedt zeigt die Historie, die Nutzung und das Leben der Norderstedter Niedermoore

Norderstedt. "O schaurig ist's, übers Moor zu gehen". Diese erste Zeile des Gedichts "Der Knabe im Moor" der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff stellte das Stadtmuseum Norderstedt über die neuste Ausstellung im Haus am Friedrichsgaber Weg 290 in Norderstedt. Zwar gibt es keinen Knaben im Moor, aber eine Moorleiche drapierten die Ausstellungsmacherinnen mit sehr viel Liebe zum krimihaften Detail. Kalt und weiß ragt eine Hand aus dem toten Laub, und unter einem Jutesack können die Umrisse eines gekrümmten Körpers nur geahnt werden.

"Leider haben wir keine echte Leiche", sagt Dr. Marlen von Xylander. Die Stadtarchivarin, die vor einem Jahr über das Leben der Flüchtlinge des Zweiten Weltkrieges in Schleswig-Holstein promovierte, hätte sich zwar gern die Moorleiche "Das Kind von Windeby" aus der Sammlung der Schleswig-Holsteinischen Landesmuseen Schloss Gottorf ins Stadtmuseum geholt, "doch die Kollegen hätten den kleinen Jungen wohl kaum rausgerückt."

Mit der Ausstellung informieren das Stadtmuseum, der Fachbereich Umwelt der Norderstedter Stadtverwaltung und das Agenda-Büro über die Geschichte, die Nutzung und den Lebensraum in den Norderstedter Mooren wie beispielsweise die Hochmoore Beekmoor, Glasmoor, Wittmoor, Scharpenmoor, Raakmoor und Ohemoor oder das Buckhörner Moor, eines der wenigen Niedermoore. Die Moore sind vor 5000 Jahren entstanden und wachsen in einem Jahr um einen Millimeter.

"Wir haben die Ausstellung so gestaltet, dass vor allem Kinder und Jugendliche sich als Forscher betätigen können", sagt Stadtarchivar und Museumsleiter Dr. Manfred von Essen. Das sei besonders für Schülerinnen und Schüler lehrreich. An mehreren, interaktiven Stationen wie beispielsweise einer "Entdeckerkiste" können die Besucherinnen und Besucher Torf zerbröseln, den pH-Wert (Maß für den sauren oder basischen Charakter einer wässrigen Lösung) messen und damit feststellen, wie sauer welcher Torf ist, oder die unterschiedlichen Brennwerte verschiedener Materialien testen.

"Im Torf befinden sich mehrere tausend Jahre alte, abgestorbene Pflanzenteile wie Moose oder Schilf", sagt von Xylander und geht mit einer Lupe auf die Suche. Die Ausstellung zeigt zudem, wie Moore das Klima beeinflussen und was jeder Einzelne leisten kann, um diesen Naturraum weiterhin zu bewahren. Viele Pflanzen im Moor sind heute geschützt, beispielsweise die Moorlilie oder der Sonnentau. Was in den Mooren im Norderstedter Raum wächst, haben die Ausstellungsmacher in einem Terrarium angepflanzt.

Die meisten Exponate kommen aus dem Magazin des Stadtmuseums, beispielsweise die Fotografien, die zeigen, wie noch bis in die 60er-Jahre Torf gestochen wurde. Die Torfstücke wurden zu Wällen geschichtet oder zu Haufen geringelt. So wurde zwischen den einzelnen Stücken Luft "eingebaut", damit die Stücke besser und schneller trockneten. Während des Zweiten Weltkrieges und noch in den fünfziger Jahren war das Torfstechen für viele Menschen nicht nur eine Einnahmequelle, sondern die einzige Art, Brennmaterial zu erhalten. Vielfach mussten Frauen die schwere Arbeit leisten, da die Männer zur Front befohlen waren.

Einige Fotografien dokumentieren die Arbeit der Gefangenen des KZs Wittmoor an der heutigen Segeberger Chaussee, in dem die Nationalsozialisten von April bis Oktober 1933 überwiegend politische Häftlinge gefangen hielten, die im Moor arbeiten mussten. Tafeln neben den Fotografien informieren über das ehemalige KZ in Norderstedts Ortsteil Glashütte.

Ein Glanzstück der Schau ist die archimedische Schraube zum Entwässern des Moores, doch auch die zahlreichen alten Torfgeräte und natürlich Norderstedts heimliches Wahrzeichen, der Steertpogg-Karren, zeigen, wie schwer die Torfgewinnung war.

Veranstaltungen zur Moor-Schau: Sonntag, 28. August, 16 Uhr: Der Nabu führt durchs Wittmoor. Treffpunkt: Fiersbarg/Lemsahler Landstraße. Eintritt frei. Sonnabend, 17. September, 15 Uhr: Naturkundliche Führung durch das Wittmoor. Treffpunkt: KZ-Gedenkstein Fuchsmoorweg/Am Wittmoor. Eintritt frei. Mittwoch, 5. Oktober, 19 Uhr: Vortrag "Geschichte der Norderstedter Moore" von Dr. Manfred von Essen, Stadtmuseum, Friedrichsgaber Weg 290. Eintritt frei. Mittwoch, 12. Oktober, 19.30 Uhr: Vortrag "Kamerapirsch in Moor, Heide und Wald", Stadtmuseum, Eintritt neun Euro. Die Ausstellung ist bis 30 Oktober, täglich von 14 bis 17 Uhr, ab 9. Oktober mittwochs bis sonntags von 15 bis 18 Uhr zu sehen. Eintritt drei Euro. Kinder bis zwölf Jahren haben freien Eintritt.