Die Anlieger protestieren mit aggressiven Vorgartenschildern gegen den Bau eines Mehrfamilienhauses

Henstedt-Ulzburg. „Profitgier. Nein. Danke.“ Sprüche dieser Art sind zurzeit in der Straße Kronskamp in Henstedt-Ulzburg zu sehen. Sie stehen auf Schildern mit teilweise aggressiven Sätzen. Damit protestieren Anwohner gegen den Bau eines mehrgeschossigen Wohnhauses.

Der Protest von Bürgern hat in Henstedt-Ulzburg eine neue Dimension erreicht. Gegenüber dem AKN-Bahnhof an der Hamburger Straße macht der Unternehmer und Investor Horst Beckmann mit großen Schildern darauf aufmerksam, dass er auf dem Grundstück gerne bauen würde, die Politik den Bau aber seiner Ansicht nach verhindert. Tausende von Autos fahren hier täglich vorbei. Am Kronskamp sind die Protestschilder kleiner, aber sie stehen in nahezu jedem Garten und sind mit Leuchtfarben ausgemalt – also sehr auffällig. Weil es sich um eine Anliegerstraße handelt, ist dieser ungewöhnliche Protest bisher kaum aufgefallen.

Die Anliegerproteste sind Ausdruck eines allgemeinen Problems, mit dem die Politik und die Verwaltung in Henstedt-Ulzburg fertig werden müssen. Nachdem die CDU nach der Kommunalwahl 2008 ihre Mehrheit verloren hatte, wurde das Großprojekt Beckershof gestoppt, weil zunächst die freien innerörtlichen Grundstücke genutzt werden sollten, um den Einwohnerzuwachs aufzufangen – zum Beispiel im Ortsteil Ulzburg. Der Siedlungsdruck hatte teilweise kuriose Auswirkungen. So entstanden klotzige Bauten neben Einfamilienhäusern, aber erst der Bau eines Wohnhauses an der Hamburger Straße machte das ganze Dilemma deutlich: Baugrenze direkt am Fußweg – das erregte den Zorn vieler. Deutlich wurde dadurch aber auch, dass es keine einheitlichen Regelungen für eine geordnete Bebauung gibt. Den vollen Bürgerzorn bekommt Bernd Langbehn, Geschäftsführer der Hesebeck Home Company, zu spüren. Der Möbelhauschef baut auf dem Grundstück seines verstorbenen Onkels Werner Hesebeck ein zwölf Meter hohes, zweigeschossiges Wohnhaus mit Staffelgeschoss, Tiefgarage und Fahrstuhl. Der bestehende Bebauungsplan lässt einen solchen Bau zu, die Anlieger sind empört.

Über den Bürgerprotest und die daraus resultierende Bürgerinitiative HU-Transparent ist schon mehrfach berichtet worden. Diese Initiative weitet ihre Aktivitäten jetzt aus und will einen Bürgerentscheid herbeiführen, um eine geplante Bebauung der Pinnauwiesen in andere Bahnen zu lenken. Der Langbehn-Bau schreitet voran, aber die Anwohner lassen nicht locker und haben mit den Gartenschildern zu einer Form des Protestes gegriffen, der bisher in Henstedt-Ulzburg unbekannt war. Dirk Meissner, Sprecher von HU-Transparent, hält die Schilder mit zum Teil sehr persönlichen Angriffen gegen die Familie Langbehn und das Möbelhaus Hesebeck für „grenzwertig“. Er spricht einerseits von „Wut und Frust“ der Anlieger, andererseits von einer „Überheblichkeit und Arroganz“ des Bauherren, der einfach weitermache. „Gut finde ich beleidigende Schilder auch nicht“, sagt Meissner. „Aber ich kann die Leute, die solche Schilder aufstellen, auch verstehen.“

Geschäftsmann Bernd Langbehn verweist auf den gültigen Bebauungsplan, an den er sich halte. „Wir machen hier überhaupt nichts Unrechtmäßiges, daher ist es nicht korrekt, wenn wir als Bausünder bezeichnet werden.“ Von den Schildern fühlt er sich mit seiner Familie persönlich angriffen und verunglimpft. Bernd Langbehn und die Anlieger erwarten Hilfe von der Politik.

Die hat den Bebauungsplan 90 auf Eis gelegt und eine Veränderungssperre erlassen, die bis zum Aufstellen eines neuen Bebauungsplanes gilt. Allerdings erst nach Genehmigung des Langbehn-Baues. Karin Honerlah, WHU-Fraktionschefin, gibt zu, dass in der Vergangenheit einiges schief gelaufen ist. Sie hat Verständnis für die Verärgerung der Anlieger. „Dass Bürger sich äußern, ist gut, der Stil ist aber eine andere Sache.“ Auch SPD-Fraktionschef Horst Ostwald findet es „nicht witzig“, wenn Protestaktionen persönlich werden. Aber er sagt auch: „Die Politik muss sich Kritik gefallen lassen. Denn für all diese Bauvorhaben sind politische Beschlüsse die Grundlage.“ Jetzt werde der gesamte Innenbereich durchleuchtet.

Die CDU steht nach wie vor zur Innenverdichtung Ulzburgs. „Persönliche Angriffe sind aber deplatziert“, sagt CDU-Vorsitzender Michael Meschede. Auch er hält die Angriffe auf Langbehn für stark überzogen.