Den soll nach dem Willen der Fluglärm-Gegner jeder Fluggast zahlen. Bürgerinitiative schickt Forderungen an Politiker

Norderstedt. Sicherheit und Lärmschutz vor Gewinnmaximierung und Wachstum, deutlich höhere Strafen für nicht genehmigte Flüge zwischen 22 und 6 Uhr und einen Fluglärm-Euro von jedem Passagier – das fordert die Bürgerinitiative Alstertal/Walddörfer/Ahrensburg für Fluglärmschutz in Hamburg und Schleswig-Holstein (BAW) in ihrem Fluglärmschutzplan (FLAP) 2015, den die Initiative jetzt an die Politiker in Hamburg verschickt hat. „Wir schließen uns dem Forderungskatalog an, müssen nur immer darauf achten, dass die gesundheitlichen Belastungen nicht zu unseren Lasten vom Hamburger Nordosten auf Norderstedt umverteilt werden“, sagen Reimer Rathje, Fraktionschef der WIN, und Hans Schwarz, Chef der Norderstedter Interessengemeinschaft für Fluglärmschutz (NIG), die sich ebenfalls hinter die Forderungen der BAW stellt.

Die hat den Zeitpunkt für ihren Vorstoß bewusst gewählt, verhandeln SPD und Grüne doch gerade über ihre Koalition. „Nachdem Mitte Januar der sogenannte 16-Punkte-Konsens beschlossen wurde, müssen wir jetzt nachlegen“, sagt BAW-Sprecher Martin Mosel. Mit aktuell rund 150.000 Flugbewegungen pro Jahr sei die maximal verträgliche Belastung der von Fluglärm betroffenen Menschen wesentlich überschritten. Die Verantwortlichen seien weniger dem wirtschaftlichen Erfolg des Flughafens als vielmehr dem Wohl ihrer Bürger und dem der Umlandbewohner verpflichtet.

Das sei umso nötiger, als der Flughafen die Zahl der Passagiere weiter steigern und mehr Flugziele anbieten wolle. Erreicht werden sollten diese Ziele durch ein Anreiz- und Rabattsystem in der Entgeltverordnung des Flughafens, wonach Nachlässe und der komplette Verzicht auf Landeentgelte möglich seien. Ein solches Ziel stehe in krassem Widerspruch zum 16-Punkte-Konsens. Auch NIG-Chef Schwarz sieht weitere Expansionsabsichten kritisch: „Schon vor Jahrzehnten war klar, dass das Wachstum schon wegen der begrenzten Fläche irgendwann ein Ende haben wird. Da haben es die Verantwortlichen leider verpasst, den Flughafen Kaltenkirchen auf den Weg zu bringen.“

Statt auf Landeentgelte zu verzichten, müssten die Gebühren deutlich angehoben werden, fordert die BAW. „Nur wenn die Fluggesellschaften finanziell wirklich spüren, was verspätete Landungen bedeuten, werden sie ihr Verhalten ändern und auf kalkulierte Verspätungen verzichten“, sagt Mosel. Wenn eine Maschine um kurz nach Mitternacht lande, zahle die Airline 1300 Euro einschließlich der ohnehin üblichen Landegebühr.

Die BAW plädiert für ein Strafgeld von 250 Euro pro Passagier und stützt sich dabei auf die Entschädigungsverordnung der EU. Ohne Ausnahmegenehmigung dürfen Flugzeuge zwischen 22 und 6 Uhr nicht in Fuhlsbüttel landen. Sie müssten nach Hannover ausweichen, die Fluggäste entweder per Bus nach Hamburg bringen oder ihnen eine Übernachtung bezahlen. Dafür werde, so der BAW-Sprecher, allgemein ein Satz von 250 Euro pro Person kalkuliert. Da könnten dann schon mal 40.000 Euro für eine verspätete Landung zusammenkommen.

Die BAW sieht sich durch die Statistik gestützt: Die Anzahl der nächtlichen Flüge befinde sich auf einem Sechsjahreshoch. Für 2014 registrierte die Behörde für Stadtentwicklung und Verkehr in Hamburg 6547 Starts und Landungen zwischen 22 und 6 Uhr, im Jahr 2011 waren es noch 5155.

Außerdem fordert die BAW einen Fluglärm-Euro – die Fluggesellschaften sollen von jedem, der in ein Flugzeug steigt, einen Euro kassieren. Die Einnahmen sollen zu 100 Prozent in Maßnahmen für den Fluglärmschutz investiert werden.

Die Initiative will die Position der Fluglärmschutzbeauftragten in Hamburg stärken und plädiert für ein Pendant in Schleswig-Holstein. „Nichts gegen die Arbeit der Amtsinhaberin. Aber wir brauchen niemanden, der den Fluglärm verwaltet. Nötig ist ein Amt, das Spielraum zum Handeln lässt, der Fluglärmschutzbeauftragte muss eben eine Landung auch mal verweigern können“, sagt Mosel, der weiter fordert, die Flugwege zu optimieren und beispielsweise Siedlungsschwerpunkte zu umfliegen.

Den Norderstedtern sicherte die BAW zu, sich an die Absprachen halten zu wollen. „Natürlich wollen wir den Fluglärm nicht nach Norderstedt umleiten, sondern gemeinsam dafür eintreten, dass sich die Belastungen für alle betroffenen Menschen verringern“, sagt Mosel.