Der Landesverband der Feuerwehr und die Türkische Gemeinde Schleswig-Holstein gehen aufeinander zu

Norderstedt/Kiel. Mit Uniformen hätten türkische Einwanderer in Deutschland so ihre Probleme, sagt Dr. Cebel Kücükkaraca, der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Schleswig-Holstein. „In der Türkei werden Feuerwehrmänner nicht als ehrenamtliche Helden wahrgenommen. Sondern als Teil des Polizei- und Militärapparates.“ Das könnte zumindest eine Erklärung dafür sein, dass türkische Einwanderer in den Feuerwehren in Schleswig-Holstein kaum eine bis gar keine Rolle spielen. „Doch unser Ziel muss es sein, dass auch die öffentlichen Institutionen ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Vielfalt abgeben. Es kann nicht sein, dass wir Türken bei der Feuerwehr immer noch nicht vertreten sind“, sagt Kücükkaraca.

Der Landesfeuerwehrverband sieht das ganz genauso. Verbandsgeschäftsführer Volker Arp: „Die Feuerwehren in Schleswig-Holstein müssen sich mehr öffnen und auf die Migranten zugehen.“ Er habe das Gefühl, beide Seiten haben das gleiche Ziel und die Bereitschaft, zu handeln. Allein – es mangelte bislang an der praktischen Umsetzung. Ein Stillstand, den die Türkische Gemeinde und der Feuerwehrverband nun beenden wollen. Die Zusammenarbeit beider Verbände soll intensiviert werden. Landesweit sollen bei „Kennenlern-Treffen“ zwischen den Aktiven der Wehren und Vertretern der Türkischen Gemeinde das Eis gebrochen werden.

Die Feuerwehren müssten ihre Türen öffnen, aber die türkischen Migranten und die Deutschen mit türkischen Wurzeln müssten dann auch den Mut haben, hinzugehen, sagt Cebel Kücükkaraca. „Wenn ich im Brandfall gerettet werden will, wenn ich im Notfall erstversorgt und ins Krankenhaus gefahren werden will, dann muss ich auch etwas dafür tun.“ Laut Kücükkaraca, der selbst seit 1982 in Kiel lebt und seit 1988 als Mathematiker am Rechenzentrum der Universität Kiel arbeitet, herrsche große Unwissenheit in der türkischen Gemeinde über die Aufgaben der Feuerwehr in Deutschland. „Da müssen wir Aufklärungsarbeit leisten.“

Die Lage für die Integration sei günstig. Denn der demografische Wandel sorge auch bei der Feuerwehr für Nachwuchsprobleme. „Bislang können sich die Wehren wohl noch ausreichend aus den eigenen Reihen mit Kameraden versorgen. Doch ohne Migranten lässt sich die Nachwuchsfrage in Zukunft nicht mehr lösen“, sagt Kücükkaraca. „Menschen mit verschiedenen Kulturen und Sprachen haben doch den gleichen Gemeinsinn. Und ohne die Hilfe des anderen kommt man nicht voran.“

Volker Arp hat sich mal die Zahlen angeschaut. „Nur etwa ein Prozent der Männer mit türkischem Migrationshintergrund in Schleswig-Holstein ist ehrenamtlich tätig. Bei den Frauen sind es immerhin zwei Prozent.“ Dass in den Feuerwehren türkische Namen eine Rarität auf der Uniform-Brust sind, wundert ihn nicht. In Deutschland gebe es Feuerwehr-Familien, die seit Generationen aktiv sind. Dieses Vorbild fehlt bei den Migranten. Und dass die Hürde hoch ist, wenn man als Migrant versucht, in eine Wehr einzutreten, in der sich alle anderen seit Generationen kennen, erklärt sich von selbst.

„Wir haben die türkischen Einwanderer in den vergangenen Jahrzehnten ins Land geholt, aber wir haben sie nicht empfangen“, sagt Arp. „Es haben sich Parallelgesellschaften gebildet.“ Nun müsse die Feuerwehr den Migranten endlich zeigen, dass sie mehr ist als Uniform und Traditionspflege, nämlich in erster Linie eine Gruppe von Menschen, die zusammenhält und hilft, wenn es brennt. „Migrant oder nicht – es ist eigentlich völlig Wurst: Wir sind alle Deutsche. Und wenn du in der Feuerwehr bist, dann ist das wie Familie, dann gehörst du dazu“, sagt Arp.

Im Einsatz kann es durchaus von Vorteil sein, wenn Feuerwehrleute türkisch können oder andere Landessprachen. Wenn Menschen in Panik geraten, hören sie auf den vertrauten Ton ihrer Muttersprache. „Es hat nun aber keinen Sinn, Migranten zur Teilnahme an der Feuerwehr zu überreden oder sie zu shanghaien“, sagt Arp. Von den geplanten Kennenlern-Treffen erhofft sich der Landesfeuerwehrverband vielmehr eine Art Aha-Effekt. „Wenn sich erst mal zwei oder drei Freiwillige finden, die mit Begeisterung dabei sind, dann ist das der Türöffner für eine behutsame Entwicklung.“