„Zu fällen einen schönen Baum, braucht’s eine halbe Stunde kaum. Zu wachsen, bis man ihn bewundert, braucht er, bedenk es, ein Jahrhundert.“

Ob dieser weise Vers des Lyrikers Eugen Roth im Norderstedter Rathaus bedacht wurde, als man beschloss, das prachtvolle Ensemble aus jahrzehntealten Laub- und Nadelbäumen vor dem Coppernicus-Gymnasium nahezu vollständig abzuholzen, darf bezweifelt werden. Möglicherweise war es der Stadt zu mühsam und auch auch zu teuer, die natürlichen Kollateralschäden – vom Wurzelwerk hochgedrückte und vom Laub- und Nadelfall verschmutzte Gehwegplatten – Jahr für Jahr zu beseitigen. Oder war es schlicht landschaftsarchitektonischer Übereifer?

Was auch immer die Verantwortlichen geritten haben mag: Natur zu schützen, ist eine gesellschaftliche und eine politische Aufgabe. Mit dem Kahlschlag am Coppernicus-Gymnasium hat die Stadt nachhaltig bewiesen, dass sie ihrer Verantwortung gegenüber der Natur nicht gerecht wird. Staatliche Institutionen haben gegenüber den Bürgern eine Vorbildfunktion, erst recht gegenüber jungen Menschen. Mehr als ein Dutzend Bäume auf dem Gelände einer Schule, vor den Augen der Schüler, zu fällen, ist genau das Gegenteil. Den eigenen Bürgern Sensibilität im Umgang mit den Bäumen auf ihren Grundstücken abzuverlangen, wird damit zur Farce.