Segeberger Kreistag diskutiert über die Geschichte nicht nur in der NS-Zeit und will nun ein virtuelles Museum schaffen

Bad Segeberg. Die Galerie der ehemaligen Landräte im Erdgeschoss des Kreistags-Foyer bleibt hängen. „Das ist ein museales Gut“, erklärt Kreispräsident Winfried Zylka (CDU). „Wir wollen sie als historische Galerie zeigen.“ Eine Änderung soll es jedoch geben: Auf einem Schild werde festgehalten, dass mit der Galerie keinerlei Wertung vorgenommen werde. Auf Landrat Waldemar von Mohl wird laut Zylka dabei besonders hingewiesen. Von Mohl amtierte von 1932 bis 1945 und war somit der einzige Landrat des Kreises Segeberg in der NS-Zeit. Seine und die Geschichte der anderen Landräte und Amtmänner seit 1867 sowie die Geschichte des ganzen Kreises wird künftig in einer elektronischen Kreisgeschichte aufgearbeitet. Sie soll im Foyer auf einem Terminal sowie im Internet abrufbar sein. Dies beschloss der Kreistag einstimmig während seiner jüngsten Sitzung.

Die Diskussion über die Kreisgeschichte und die Galerie hatte mit der Diskussion über von Mohl vor knapp zwei Jahren begonnen. Die Linksfraktion des Kreistages wollte damals erreichen, dass das Foto von Mohls in der Galerie mit einem erklärenden Text versehen wird. In der Folge setzten sich die Kreispolitiker mit der NS-Geschichte ihres Kreises auseinander und beauftragten das Institut für schleswig-holsteinische Zeit- und Regionalgeschichte (IZRG) mit einem Gutachten über von Mohl (wir berichteten).

Landrat von Mohl ist ein Beispiel für die Rolle der alten Eliten im Dritten Reich

Das Gutachten lag Ende 2013 vor und besagt, dass von Mohl zwar kein Nationalsozialist gewesen sei. Sein Beitritt zur NSDAP im Jahr 1937 wird nur als Beispiel für seine Anpassungsbereitschaft und als ein typisches Beispiel für die Rolle alter Eliten im Dritten Reich genannt. Allerdings geben die Gutachter Professor Uwe Danker und Dr. Sebastian Lehmann vom IZRG dem Landrat in der NS-Zeit eine Mitverantwortung am nationalsozialistischen Unrecht im Kreis.

Im Zuge der Beratungen über das Gutachten setzten die Kommunalpolitiker im Frühjahr einen Arbeitskreis jüngere Kreisgeschichte ein. Jede Fraktion ist darin mit zwei Mitgliedern vertreten, geleitet wird der Arbeitskreis von Zylka selbst. „Wir haben in den bisher vier Sitzungen viel diskutiert“, sagt er. Alles sei sachlich und in großem Respekt vor anderen Meinungen abgelaufen. Bei unterschiedlichen Auffassungen habe man versucht, die verschiedenen Positionen kompatibel zu machen. „Wir konnten uns am Ende der Sitzungen immer einvernehmlich auf ein weiteres Vorgehen einigen.“ Für Zylka ist durch die Arbeit des Arbeitskreises klar: „Wir sind ein Kreis, der sich seiner Geschichte bewusst ist.“ Der Arbeitskreis wird zunächst weiter tagen, denn nun gehe es um die Arbeit an der historischen Dokumentation. Wie sie aussehen könnte, werde das IZRG am Beispiel von Mohl exemplarisch darstellen, erklärt Christoph Lauff (CDU), Vorsitzender des federführenden Ausschusses für Bildung, Kultur und Sport des Kreistags. Es werde ein virtuelles Museum zur Geschichte der Landräte und des Kreises entstehen. Ob dafür neben dem Kreisarchivar noch ein weiterer Mitarbeiter verantwortlich sein wird, steht noch nicht fest. Eine halbe Stelle dafür habe der Ausschuss angemeldet, sie stehe aber wie alle anderen unter dem Vorbehalt der Haushaltsberatungen des Kreistags, so Lauff.

Die Linksfraktion, die die Diskussion ins Rollen gebracht hat, ist mit der Entwicklung zufrieden. „Wir sind viel, viel weiter, als ich jemals gedacht hätte“, sagt ihr Fraktionschef Heinz-Michael Kittler. Der Kreis Segeberg, so Kittler, könne mir seinem Vorgehen landesweit ein bisschen wie ein Leuchtturm wirken.