Gemeindepolitiker streben eine große Lösung an, um den Verkehr in den Griff zu bekommen. FDP will Bürgerentscheid

Henstedt-Ulzburg. In der Gemeinde Henstedt-Ulzburg zeichnet sich die ganz große Lösung ab: Eine Umgehungsstraße im Westen der Gemeinde soll den Verkehr aus dem Ort heraushalten. Diese Idee ist nicht neu, aber erstmals scheinen alle Fraktionen die Dringlichkeit dieser Maßnahme zu erkennen. Das ist das wichtigste Fazit aus der Sitzung des Umwelt- und Planungsausschusses vom vergangenen Montag, in deren Verlauf die Verkehrs Consult Dresden-Berlin das von ihr erarbeitete Verkehrsstrukturkonzept vorstellte. Die FDP fordert sogar einen Bürgerentscheid, weil die Umgehungsstraße ihrer Ansicht nach ein „Schlüsselelement“ für die Lösung der Verkehrsprobleme der Gemeinde ist.

Ohne eine westliche Umgehungsstraße sind alle anderen Maßnahmen zur Eindämmung des Verkehrs in Henstedt-Ulzburg nicht so wirkungsvoll, wie sie es sein könnten. Zwar schlägt die Verkehrs Consult insgesamt 81 realisierbare Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung und -lenkung vor, aber davon sind 80 Maßnahmen zusammengenommen nicht so wirkungsvoll wie die entscheidende Umgehungsstraße. Diese Erkenntnis hat sich bei allen Fraktionen durchgesetzt: Alle wollen eine Westumgehung, die nicht nur den Verkehr aus dem Ortskern heraushalten würde, sondern auch für eine erhebliche Lärmminderung sorgen könnte. Profitieren würden auch die Bewohner des Ortsteils Rhen: Der Durchgangsverkehr könnte von der Norderstedter Straße ferngehalten werden.

Die CDU, eigentlich immer Verfechter einer östlichen Umgehungsstraße, hatte bereits vor einigen Wochen eingelenkt und eine Westumgehung gefordert. „Wir lernen schließlich auch hinzu“, sagte CDU-Vorsitzender Michael Meschede während der Sitzung des Umwelt- und Planungsausschusses, in der er auch darauf verwies, dass es viele neue Köpfe in der Fraktion gebe – und damit auch neue Meinungen.

Eine westliche Umgehungsstraße könnte vom nördlichen Autobahnzubringer (Landesstraße 326) in Richtung Süden verlaufen und etwa in Höhe Kiefernweg auf die Hamburger Straße treffen. Dieser Trassenverlauf birgt zahlreiche Unwägbarkeiten: Die Straße würde durch den Rantzauer Forst verlaufen und möglicherweise die Hoheitsgebiete von Quickborn, Ellerau und Alveslohe tangieren oder durchqueren. Während der Ausschusssitzung wurde deshalb angeregt, die Gemeinde solle bereits frühzeitig Kontakt mit den Gemeinden und der Stadt Quickborn aufnehmen, um Genehmigungen einzuholen. Wie die Landesforsten Schleswig-Holstein sich zu einer Zerschneidung des Waldes stellen, ist ungewiss.

Der Bau einer Umgehungsstraße ist zum jetzigen Zeitpunkt nichts anderes als ein Denkmodell – allerdings mit konkretem Hintergrund. Für die FDP ist der Bau dieser Straße Voraussetzung für die Lösung der Verkehrsprobleme in der Gemeinde. Mit dieser Meinung steht Stephan Holowaty, FDP-Vertreter im Umwelt- und Planungsausschuss, nicht alleine da. Diese große Lösung wird seit Jahrzehnten diskutiert, die Fraktionen im Gemeinderat haben sich dabei jedoch stets gegenseitig blockiert, weil die unterschiedlichen Auffassungen über den Verlauf einen Konsens stets verhinderten. Die Politiker sind sich jetzt einig, dass sie über die Legislaturperioden hinaus langfristig denken und planen müssen.

Damit die Bürger der Gemeinde an dieser „historischen Entscheidung“ beteiligt werden, schlägt die FDP einen Bürgerentscheid vor. „Wir brauchen eine breite Unterstützung und keine bürgerkriegsähnlichen Zustände wie damals beim Thema Beckershof“, sagt Stephan Holowaty. Ein Bürgerentscheid sei die intensivste Art und Weise der Beteiligung.

Einig sind sich die Kommunalpolitiker, dass die Verkehrs Consult Dresden-Berlin mit ihrem Verkehrsstrukturgutachten gute Arbeit geleistet hat und eine Fülle von Möglichkeiten aufzeigt, um die Verkehrsprobleme im Ort in den Griff zu bekommen. Dazu gehört eine verbesserte Struktur des öffentlichen Personennahverkehrs, der Bau von Kreisverkehren, bauliche Unterstützungen, um Autofahrer zum Fahrradfahren zu bewegen, eine grüne Welle auf der Hamburger Straße sowie viele Einzelmaßnahmen in den Ortsteilen, um den Verkehr zu kanalisieren und den Verkehrsfluss zu verbessern.

Um allem eine Struktur zu geben und gleichzeitig eine Strategie zu erarbeiten, soll es eine, möglicherweise ganztägige, Arbeitssitzung des Umwelt- und Planungsausschusses geben. Zuvor müssen die Gemeindepolitiker allerdings fleißig lesen: Das gesamte Konzept ist mit allen Anhängen mehrere Hundert Seiten stark.