Im Gestüt Wiesenhof in Wakendorf I spielen die Therapie am Pferd und die Reitpädagogik eine entscheidende Rolle

Der Hof liegt malerisch mitten im Dorf. Schon im 18. Jahrhundert wurde hier Landwirtschaft betrieben, auch heute noch wird hier Ackerbau betrieben, Freilandschweine und Geflügel gezüchtet und gehalten. Doch ein althergebrachter landwirtschaftlicher Betrieb ist der Wiesenhof in Wakendorf I schon eine ganze Weile nicht mehr. Dafür haben Viola Gadow-Frangakos, 40, und Ehemann Frank Gadow, 42, gesorgt: Auf dem Gelände des heutigen Gestüts können Menschen jeden Alters den partnerschaftlichen Umgang mit dem Lebewesen Pferd ganzheitlich erlernen. Der Wiesenhof ist also ein Reiterhof – aber kein ganz normaler Reiterhof, auf dem Frauen, Männer, Kinder und Jugendliche ihren Hobby, dem Reiten, nachgehen.

Reitpädagogik, Reittherapie, Sozialtherapie am Pferd sowie Seminare und Fortbildungen mit Pferden – das sind die Themenfelder, die auf diesem modern und dynamisch geführten Hof vorherrschend sind. Während Diplom-Agrar-Ingenieur Frank Gadow mehr für den landwirtschaftlichen Zweig des Familienunternehmens zuständig ist – er führt in Rickling zusätzlich den Schönmoorer Hof, auf dem er Freilandgeflügel hält –, ist seine Frau Viola treibende Kraft und Ideengeberin des Gestüts und Reiterhofes. Die Voraussetzungen dafür bringt sie mit: „Individualität, Verlässlichkeit, Sensibilität und Flexibilität sind meine Stärken“, schreibt sie nicht ganz unbescheiden in ihrem Prospekt. Tatsächlich hat sie mit diesen Fähigkeiten und Stärken seit 2002 einen Reiterhof aufgebaut, der in Fachkreisen einen großen Stellenwert hat.

Zunächst diese Feststellung: Bei dem Wiesenhof handelt es sich um einen Aktivstall, bei dem das alte Stallgebäude im Mittelpunkt steht. Die Pferde sind sowohl artgerecht, als auch arbeitsfreundlich untergebracht. Das Stallkonzept beruht auf der Trennung der vier Bereiche Laufen, Ruhen, Tränke und Fütterung. Der drainierte und befestigte Laufbereich ist so gestaltet, dass den Pferden ein Rundweg und Fluchtwege zur Verfügung stehen. Die frostsichere Tränke befindet sich abseits der Fütterung, um den Tieren einen weiteren Bewegungsanreiz zu bieten. Auch im Sommer müssen die Pferde den Weg von der Weide hin zur Tränke am Stall zurücklegen. Der Stall dient ausschließlich als Ruhezone. „Die Pferde müssen also den Tag in Bewegung sein, um zu fressen“, sagt Viola Gadow-Frangakos. „In den Stall können sie, wann immer sie wollen.“ Am Futterstand können sich die Pferde per Mikrochip oder Transponder selbst bedienen. Die Fütterung dosiert die Kraftfuttergabe und die Raufutterportion für jedes einzelne Pferd. Die Pferde erhalten so bis zu zwanzig kleine Portionen über den Tag verteilt.

Der Vorteil dieser Pferdehaltung liegt für Viola Gadow-Frangakos auf der Hand und ist für sie klar erkennbar: „Eine pferdegerechte Fütterung, kontinuierliche Bewegung und frische Luft fördern die Gesundheit und Leistungsfähigkeit aller Pferde.“ Ein beleuchteter, frostsicherer Allwetterreitplatz, eine runde Reithalle, Reitwege um die hofeigenen Felder (sieben Hektar) und Ausreitgelände bieten Reiter und Pferd zudem optimale Trainingsbedingungen.

Das sind die Grundbedingungen der Pferdehaltung und die Voraussetzungen, um die verschiedenen Angebote des Wiesenhofes zu realisieren. Viola Gadow-Frangakos ist Diplom-Sozialpädagogin und Diplom-Reitpädagogin, die ihre Ausbildung in der Schweiz gemacht hat. „Pferde sind soziale Wesen, persönlichkeitsstärkend, direkt und sensibel“, sagt sie. „Sie treten in Kontakt zu jedem Menschen und ermöglichen so wertfrei den Beziehungsaufbau.“ In der Reittherapie bietet sie deshalb Kindern und Erwachsenen mit besonderen Bedürfnissen eine psychomotorische Entwicklungsförderung mit dem Pferd, das Pferd ist dabei der „Co-Therapeut“. Körperbewusstsein und Entspannung, das Überwinden von Ängsten, das Steigern von eigenen Kompetenzen, das Wiederentdecken von Spaß und Lebensfreude – das sind Ziele der Reittherapie. Kinder oder Erwachsene mit Wahrnehmungs- und Entwicklungsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten, geistiger oder seelischer Behinderung erleben, auch nach traumatischen Erlebnissen, eine ganzheitliche psychomotorische Entwicklungsförderung und Selbsterfahrung mit dem Pferd.

Zum Angebot gehört auch die Sozialtherapie am Pferd, ein Angebot mit Elementen der Sozialpädagogik und der Psychotherapie für Erwachsene: Wegbegleitung, Unterstützung und Hilfe zur Selbsthilfe aus persönlichen Krisen, beruflichen Umbrüchen und besonderen Lebenssituationen. Im persönlichen Kontakt mit dem Pferd sollen Klarheit, neue Impulse, eigene Ziele und Visionen entwickelt oder wiederbelebt werden.

Seit 2006 bilden Viola Gadow-Frangakos und ihr Team, das aus erfahrenen Reitlehrern und Reitpädagogen besteht, Reittherapeuten aus. Voraussetzung ist eine pädagogische oder therapeutische Ausbildung. Zwei Jahre dauert die berufsbegleitende Ausbildung auf dem Wiesenhof. Dazu gibt es Einzelcoaching für Privatpersonen, Selbstständige und Führungskräfte, Teamcoaching für bestehende Teams aus sozialen, lehrenden, beratenden und therapeutischen Berufen und Kurse aus dem pädagogischen oder therapeutischen Bereich.

Das Konzept, die ländliche Umgebung, die schönen alten Gebäude mit der kleinen Reitanlage haben den NDR inspiriert, für die Serie „Schönes Landleben XXL“ einen 90-Minuten-Film zu drehen. Das NDR-Team weilt noch auf dem Hof, Ende des Jahres wird der Beitrag ausgestrahlt.

Am kommenden Montag stellen wir den Reitstall Klingenberg in Norderstedt vor.