Evelyn Rancka und Holger Runz haben eine Bühne gebaut und ein Stück geschrieben. Sie treten in der Adventszeit kostenlos in Pflegeheimen auf

Norderstedt . Mit einem Kerl, der in die Jahre gekommen, aber zugleich unverwüstlich frisch seine Abenteuer erlebt, wollen zwei Norderstedter Menschen eine Freude machen, die an Demenz erkrankt sind. Evelyn Rancka und ihr Mann Holger Runz gehen mit Kasper an den Adventswochenenden auf Tournee durch die Alten- und Pflegeheime in Norderstedt und Umgebung. Das klassische Amüsement kostet die Heimbewohner keinen Cent, sie können kostenlos erleben, was da auf der selbst gebauten Bühne passiert.

„Unsere Freundin ist an Demenz erkrankt, und wir haben sie in den letzten Jahren so gut es geht begleitet. Mittlerweile lebt sie in einem Pflegeheim und durch unsere Besuche ist die Frage aufgetaucht, wie können wir ihr und anderen Demenzkranken eine Freude machen“, sagt Evelyn Rancka. Die Yogalehrerin und Sozialpädagogin hat gelernt, dass sich bei dieser Erkrankung das Langzeitgedächtnis gut funktioniert.

Die Betroffenen erinnern sich an das, was sie in der Kindheit und Jugend geprägt hat: Mühelos singen sie alte Volks- und Weihnachtslieder, rezitieren Gedichte. Und in die Kinderjahre der heute 80- und 90-Jährigen gehört auch einer, der trotz Spiele-Konsolen, Internet und Smartphone nicht totzukriegen ist: der Kasper.

„Wir hoffen, dass sich viele ältere Demenzkranke an ihre Kindheit erinnern und Spaß haben“, sagen die Freizeit-Puppenspieler, die selbst jede Menge Spaß an ihrem neuen Hobby haben. Erste Erfahrungen bei einigen Auftritten im Vorjahr in Hamburg hätten gezeigt: Was die beiden erwarten, ist durchaus berechtigt. Beim typischen „Tri-tra-trullala“ hätten die Senioren begeistert mitgesungen.

Holger Runz, im Hauptberuf Ingenieur und in der Freizeit geschickter Heimwerker, baute die Bude, in der die Hauptfigur als Guter gegen das Böse kämpft. Ganz aus Sperrholz mit gelber Fassade, rotem Dach und kunstvoll gefertigten bunten Buchstaben, die die Wörter Kasper und Gretel ergeben. Der Theatersaal im Miniaturformat lässt sich auseinandernehmen und ist mit etwa einem mal einem Meter genau so groß, dass er noch ins Auto passt. Über die Hilfsaktion „Von Mensch zu Mensch“ des Hamburger Abendblatts suchten sie die traditionellen Figuren. „Wir wurden förmlich überrollt“, sagt Evelyn Rancka. Auf den Dachböden lagerten die Spielpuppen, niemand habe sie wegschmeißen und nun gern für die tolle Aktion spenden wollen. Und persönliche Geschichten gab es gratis dazu, so wie der Frau, die regelmäßig in die frühere DDR fuhr, beim Zwangsumtausch D- in Ostmark wechseln musste und davon jedes mal eine Kasperpuppe gekauft hat.

Die Hobby-Puppenspielerin hat die Kleider ergänzt, Vorhänge genäht und zusammen mit ihrem Mann das Bühnenbild geschaffen. Drei Hintergründe stehen zur Verfügung, ein weihnachtlicher mit grünen Tannenbäumen, ein häuslicher und ein bunt-dynamischer. Evelyn Rancka hat das Stück geschrieben, mit dem das Duo im Advent durch die Alten- und Pflegeheime ziehen will. Ein modernes und ein vorweihnachtliches Stück, in dem das Krokodil nicht zu Kaspers Feier eingeladen wird und sich rächt. Da das gefräßige Tier im Unterschied zu seinen realen Artgenossen Vegetarier ist, klaut es Kasper den Tannenbaum und will ihn verspeisen.

Doch der Bestohlene trommelt seine Freunde zusammen, Seppl, Gretel, die Oma und den Polizisten. Mit vereinten Kräften suchen sie nach dem Weihnachtsbaum. Ob sie ihn rechtzeitig zum Fest zurück bekommen, wird noch nicht verraten. „Wir haben für jede Figur einen eigenen Charakter entwickelt“, sagt die Puppenspielerin. Die Oma zum Beispiel ist eine echte Hamburgerin, die auch so schön breit und natürlich Platt spricht, „jedenfalls, so weit ich das hinkriege“, sagt Evelyn Rancka, die auch dem durchtriebenen Krokodil ihre Stimme leiht.

Ihr Mann macht den Seppl unverwechselbar, der arme Kerl hat einen „Slick auf der Zunge“. Der Kasper spricht normal, der Polizist ein wenig „hoheitlich-getragen“. Fünf Szenen spielen die beiden, rund 20 Minuten dauert das Stück. Musik gibt es auch dazu, vorweihnachtliche Lieder vom USBStick, ganz auf aktuelle Technik kommt auch ein Klassiker nicht aus.

Nun brauchen die Puppenspieler nur noch Zuschauer. Die Mitarbeiter von Pflegeheimen oder Seniorenwohngemeinschaften in Norderstedt und Umgebung, die die beiden einladen möchten, können sich bei Evelyn Rancka und Holger Runz unter Telefon 040/522 43 95 und per E-Mail unter evelynholger@yahoo.de melden. Sie treten kostenlos auf, freuen sich aber über eine Spende zugunsten einer Rollstuhl-Basketballmannschaft, die im Aufbau und auf Unterstützung angewiesen ist.