Pastor John William Siegmund wird am Sonntag nach 37 Jahren in der Gemeinde Henstedt-Ulzburg verabschiedet

Henstedt-Ulzburg. Es ist eine lange Zeit vom Mai 1977 bis zum September 2014. Eine lange Zeit, die John William Siegmund an der Kreuzkirche verbracht hat. Nach seiner Ordination in Lübeck wurde der gebürtige Amerikaner mit deutschen Wurzeln Pastor der Kirchengemeinde Henstedt-Ulzburg und ist dies noch bis Sonntag, 28. September. Dann wird er von Propst Kurt Riecke in einem feierlichen Gottesdienst um 15 Uhr von seinem Amt entpflichtet. Bereits vor wenigen Wochen ist er mit seiner Frau Dorothea nach Hamburg-Volksdorf gezogen. „Wir haben da eine tolle Wohnung, deswegen fiel mir der Abschied vom Pastorat wohl auch leicht“, sagt sie.

Dort, im Pastorat, wohnt bereits Siegmunds Nachfolger Jürgen Schacht. Der Übergang erfolgt nahtlos. Der neue Pastor passt in das besondere Profil der Kirchengemeinde und freut sich auf die Evangelische Messe nach der Liturgie Martin Luthers. Sie wird in der Kreuzkirche an der Hamburger Straße, die im Frühjahr ihren 50. Geburtstag feierte, jeden Sonntag gefeiert. Jeden Sonntag wird auch das Heilige Abendmahl ausgeteilt. Für dieses Profil stand und steht John Siegmund ebenso wie sein Schwager Andreas Rüß, mit dem er 23 Jahre lang bis zum Jahr 2000 gemeinsam an der Kreuzkirche wirkte und der ihn 1977 einst nach Ulzburg geholt hatte.

„Wir sind sehr dankbar für die Zeit hier“, sagt Dorothea Siegmund. „Es war für uns und unsere Kinder ein kleines Paradies.“ Ihr Mann stimmt ihr zu und erweitert den Blick auf die ganze Gemeinde: „Es ist eine lebendige Kirchengemeinde. Die Menschen kommen Sonntag für Sonntag, Feiertag für Feiertag zur Kirche und feiern das Heilige Abendmahl miteinander.“ Und auch für seine Frau sei er dankbar. „Sie war eine großartige Unterstützerin meiner Arbeit und der gesamten Gemeinde“, sagt er. Gerade die Kinder, die bei der pensionierten Grundschullehrerin schon in der Schule Religionsunterricht bekommen hatten, seien positiv geprägt zur Kirche gekommen.

Davon und von vielem mehr habe er und habe die Gemeinde profitiert. Dass die beiden sich einst im Haus ihres Bruders trafen, kennenlernten und wenig später in Goslar heirateten, habe Gott gewollt, ist sich Siegmund sicher. Wegen seiner Frau, mit der er drei Kinder hat, seinem Schwager und der Gemeinde wollte er auch nie zurück in die Heimat seiner Familie, die aus Baltimore im US-Bundesstaat Maryland stammt.

Siegmund lebt seinen Glauben auf Grundlage der Liebe zu Jesus Christus. „Das geht mit der Liebe zu den Menschen einher“, sagt er. Dies habe immer im Mittelpunkt gestanden, habe ausgestrahlt und zum lebendigen Gemeindeleben beigetragen. Dass die Gemeinde an der Kreuzkirche wegen ihres besonderen Profils dabei zuweilen aneckte, Siegmund sich als Stachel im Fleisch seiner Landeskirche empfand und manch Auswärtiger die Kirchengemeinde gar als Sekte bezeichnete, hat den Pastor dabei nicht von seinem Kurs abgebracht. Er steht zu seinen Überzeugungen, lässt sich von der Bibel als Wort Gottes und den lutherischen Bekenntnisschriften leiten und will nicht jede Mode mitmachen. „Gott setzt klare Grenzen“, ist sich Siegmund mit Blick auf die Veränderung der Sitten und die Debatten über Lebensstile sicher. Vor diesem Hintergrund wird er und wird die ganze Gemeinde in der Nordkirche in die konservative Ecke der Theologie gestellt. Eine Diskussion darüber gebe es in der Kirche nicht, ärgert sich Dorothea Siegmund, die als Pastorentochter schon früh viele theologische Debatten erlebt hat. Sie sagt: „Wenn nicht mehr gestritten wird, wird es langweilig.“

Damit es im eigenen Glauben nicht langweilig wird, will das Ehepaar Siegmund sich nun im Ruhestand in verschiedenen Kirchen und Gemeinden in Hamburg umsehen – über die engen Grenzen der evangelisch-lutherischen Kirche hinaus. „Ich verstehe mich ein wenig als Priester für die gesamte Christenheit“, sagt John Siegmund. Er werde nun zwar entpflichtet, Pastor aber bleibt er. Und als solcher stehen in Kürze schon wieder zwei Trauungen an, und auch für das kommende Jahr gibt es bereits Anfragen. Zudem seien er und seine Frau sehr an Kunst und Kultur interessiert – und so ganz lassen können sie auch von der Kreuzkirche nicht. Bereits sechs Tage nach der Verabschiedung kommen sie zurück und singen am Sonnabend, 4. Oktober um 18 Uhr in der Kantorei der Gemeinde die Große Mariazeller Messe von Joseph Haydn.