Manche Patienten ärgern sich über die Notaufnahme der Paracelsus-Klinik. Aber fast allen wird schnell geholfen

Henstedt-Ulzburg. Mittwochnachmittag in der zentralen Notaufnahme der Paracelsus-Klinik in Henstedt-Ulzburg. Normalerweise sind die meisten Stühle besetzt, weil die Praxen der niedergelassenen Ärzte geschlossen sind, an diesem Mittwoch, 27. August, ist jedoch wenig los. Laura Bähr, Dr. Alexander Nikolitsis und Dr. Michael Borowiak, die drei diensthabenden Assistenzärzte, haben gut zu tun, Hektik kommt jedoch nicht auf. Keiner der wartenden Patienten muss lange warten – aber das ist nicht immer so: Wer die Notaufnahme aufsucht, muss sich unter Umständen auf längere Wartezeiten einrichten. Die Patienten reagieren unterschiedlich: Wer lange auf eine Untersuchung oder ein Untersuchungsergebnis wartet, reagiert bisweilen unwirsch.

So wie Klaus O. Martin aus Kaltenkirchen. Er schildert sein Erlebnis vom 7. Juli in der zentralen Notaufnahme. Um 22 Uhr trifft er mit seiner Frau im Krankenhaus ein. Sie hat immer stärker werdende Blinddarmschmerzen, aber erst um 23.15 Uhr erhalten beide das auszufüllende Formular. Bis dahin war die Aufnahme nicht besetzt, das Wartezimmer aber war voll. Um 1 Uhr erscheint eine Ärztin, die Blut abnimmt, um 1.45 Uhr erfolgt eine umfangreiche Untersuchung. Nach dem Eintreffen des Laborergebnisses um 2.30 Uhr wird Frau Martin stationär aufgenommen, die Operation soll am Morgen erfolgen.

Vor drei Jahren hatte das Hamburger Abendblatt über den Fall einer krebskranken Patientin berichtet, die von ihrem Arzt mit Thrombose-Verdacht in die Notaufnahme geschickt worden war und dort sechs Stunden warten musste. Die Klinikleitung sprach damals von einem Fehler, entschuldigte sich bei der Patientin und versprach, Konsequenzen aus dem Vorfall zu ziehen. Klaus O. Martin folgert aus seinen aktuellen Erfahrungen: „Entgegen dieser Ankündigung hat sich überhaupt nichts getan.“

Die Meinungen gehen offenbar auseinander. Am Mittwochnachmittag geht alles sehr schnell: Wenig Patienten, zügige Untersuchungen, schnelle Verarztung. Eine Henstedt-Ulzburgerin, die mit ihrem Sohn in die Notfallambulanz gekommen ist, weil der sich in der Schule beim Rangeln mit einem Klassenkameraden den Daumen verletzt hatte, lobt den Betrieb in der Klinik: „Ich war schon häufiger hier, und es ging immer sehr schnell.“ In Hamburger Krankenhäusern habe sie vorher wesentlich schlechtere Erfahrungen gemacht, zwei bis drei Stunden Wartezeit seien die Regel gewesen. 30 Minuten müssen sie und ihr Sohn warten – kein Daumenbruch, sondern nur eine Prellung wird anhand der Röntgenaufnahmen festgestellt. Dagmar Mühlhausen aus Kaltenkirchen hat sich während der Arbeit in einem Geschäft beim Melonenschneiden heftig in den Finger geschnitten – auch sie muss nicht lange warten, bis sie einen Verband bekommt und dann wieder nach Hause fahren kann.

Eine Mitarbeiterin aus den benachbarten Wohngebäuden des Rauhen Hauses begleitet eine Bewohnerin, die wegen einer Darmkrankheit einen festen Termin hat. Sie erinnert sich an einen Vorfall, der sich vor etwa zwei Jahren ereignete. Damals habe sie einen Bewohner mit heftigen Knie- und Beinschmerzen in die Notaufnahme gebracht, das Röntgen des Knies habe keinen Befund ergeben. „Der Mann hatte weiter heftige Schmerzen, aber der Arzt in der Notaufnahme war nicht bereit, weitere Untersuchungen zu machen.“ Ein später in die Wohnung gerufener Notarzt habe die Einweisung in die Heidberg-Klinik veranlasst, wo ein kaputtes Hüftgelenk entdeckt worden sei.

Assistenzarzt Michael Borowiak weiß, wie schmal der Grat bei Entscheidungen manchmal ist. Aber er und seine Kollegen stehen nicht alleine vor Problemen: „Hier ist das Personal geschulter als in anderen Kliniken.“ Er spricht aus Erfahrung, weil er auch schon in anderen Häusern gearbeitet hat. Die Krankenschwestern böten viel Unterstützung bei der Vorbereitung von Untersuchungen, auch das sei er aus anderen Häusern so nicht gewohnt. In Zweifelsfällen könnten erfahren Ober- oder Chefärzte jederzeit hinzugezogen werden – auch nachts.

In den ersten sechs Monaten dieses Jahres wurden in der Notaufnahme 8666 Patienten untersucht. „Nach unserem Umbau ist die Zahl der Patienten rasant angestiegen“, sagt Dr. Thomas Bonitz, ärztlicher Leiter der Paracelsus-Klinik und Chefarzt der zentralen Notaufnahme. Tagsüber werden die Patienten von Arzthelferinnen, nachts von Krankenschwestern in Augenschein genommen. Wer mit einem Krankenwagen kommt, hat Vorrang, bei Patienten, die selbst kommen, entscheidet die Arzthelferin, wer zuerst untersucht wird. „Das gelingt nicht immer hundertprozentig“, schränkt Thomas Bonitz ein. „Aber oft glaubt jeder Patient, gerade ihm gehe es am schlechtesten und nimmt dann sehr sensibel wahr, wenn sich nicht sofort jemand kümmert.“ In der Notaufnahme würden viele Probleme sofort abgearbeitet, die in Praxen oft eine Woche in Anspruch nähmen. „98 Prozent aller Situationen werden bei uns professionell eingeschätzt.“ Nachts stehen nach Angaben des Chefarztes jeweils ein Chirurg, Internist, Gynäkologe und ein Anästhesist im Bereitschafts- und Rufdienst.

„Wir bemühen uns, ordentliche Medizin abzuliefern, sind aber keine Fußabtreter“, hält Dr. Bonitz Kritikern entgegen, die sich unfreundlich behandelt fühlen. Nachgedacht werde über eine künftige bessere Information der Wartenden.