DRK bittet um Kleiderspenden, in der Ausgabestelle des Vereins fehlen vor allem Hosen, Handtücher und Bettwäsche

Norderstedt. Hosen für Männer – Fehlanzeige. Handtücher – gibt es nicht mehr. Bettwäsche – nur noch Restposten. Das Rote Kreuz schlägt Alarm, die Kleiderkammer in Norderstedt braucht dringend Nachschub. In der Ausgabestelle an der Ochsenzoller Straße wird die wachsende Zahl von Flüchtlingen spürbar. „Die Menschen, die vor den Kriegen in Syrien oder im Irak hierher geflohen sind, bekommen von uns Kleidung“, sagt Norderstedts DRK-Chef Christoph von Hardenberg, der die Norderstedter aufruft, ausrangierte und gut erhaltene Kleidung beim DRK abzugeben oder in die drei Sammelcontainer auf dem Vereinsgelände an der Ochsenzoller Straße 124 und den Kleidersammler am Kielortring 51 zu werfen.

Die Stadt schickt die Migranten zur Kleiderkammer, wo sie sich, wie alle anderen auch, kostenlos aussuchen können, was sie mitnehmen wollen in ihre Unterkünfte. Und die Zahl derjenigen, die sich im Kleiderlager eindecken, steigt ständig. Episan Shekko und Anetra Kuri sind erst sei wenigen Tagen in Norderstedt. Die beiden älteren Frauen sprechen nur Arabisch. Warum sind sie aus Syrien geflohen? „Es gibt so viele Probleme“, lautet die Antwort der jungen Dolmetscherin, die aus dem Iran stammt und auch nur wenig Deutsch spricht. Über die Probleme wollen und können die Syrerinnen nicht sprechen. Sie wühlen in der Wäsche, zerstreuen die wohl geordneten Haufen, die ehrenamtliche Helferinnen wie Ljuba Gressmann, 63, und Monika Joseph, 74, aufgeschichtet haben. „Halt, halt“, rufen die beiden, als Episan Shekko mehr und mehr Bettwäsche und Gardinen in den grauen Transportkorb packt.

Die Abgabe ist begrenzt. Das allerdings können die beiden Besucherinnen nicht wissen, mit Händen und Füßen machen die ehrenamtlichen Helferinnen ihnen deutlich, dass sie nicht alles mitnehmen können, denn die Frauen sind heute ohne ihre deutschen Betreuerinnen von der Notunterkunft an der Lawaetzstraße zum DRK gekommen und wollen auch ganz schnell wieder los. Einfach ist der Job in der Kleiderkammer nicht, Sprachbarrieren müssen überwunden, Gewohnheiten aufgebrochen und verändert werden.

„Eigentlich soll es so sein, dass unsere Besucher uns sagen, was sie brauchen, und wir suchen das dann raus“, sagt Ljuba Gressmann. Doch das funktioniert momentan nur begrenzt, zu groß ist der Andrang von Frauen, jungen und alten, mit und ohne Kopftuch, mit und ohne Kinder, aus Syrien, dem Iran, Irak und afrikanischen Ländern. Das Gewusel zwischen den Regalen, an den Tischen und Kleiderständern erinnert an den Schlussverkauf. Trotzdem haben die Helferinnen Spaß. „Es ist ja gerade der Reiz, Menschen aus anderen Kulturkreisen kennen zu lernen und sich, so weit das möglich ist, mit ihnen auszutauschen, vor allem aber ihnen zu helfen“, sagt Monika Joseph.

200 Flüchtlingen muss Norderstedt in diesem Jahr aufnehmen, und der große Ansturm steht noch bevor: Im Herbst werden 159 Männer, Frauen und Kinder nach ihrer Flucht aus den Krisengebieten in der Stadt erwartet. Da geht es zwar vorrangig um die Frage, wo und wie die Menschen untergebracht werden. Aber ein Dach über dem Kopf reicht nicht, sie brauchen Hilfe, um den Alltag in ihrer neuen Heimat zu bewältigen, jemanden, der sie zum Arzt begleitet, bei Formalitäten hilft oder mit ihnen eben auch in die Kleiderkammer geht. Erst ehrenamtliche Betreuer gibt es schon.

Doch in der Kleiderkammer herrscht Mangel: „Wir geben nicht nur mehr ab als sonst. Weil Sommerferien sind, bekommen wir auch nicht so viele Kleiderspenden“, sagt Annemarie Schüder. Die 84 Jahre alte Norderstedterin ist die Chefin und der gute Geist der Kleiderkammer, seit 26 Jahren im Einsatz, immer noch fit, herzlich aber durchsetzungsstark und, wie DRK-Chef von Hardenberg sagt, einfach nicht wegzudenken. Doch nicht nur das Rote Kreuz sammelt Altkleider, auch die Stadt hat Sammelbehälter an 19 Containerstandorten aufgestellt. Die Kleiderspenden werden weiter verwertet, die Verwertung wird europaweit ausgeschrieben und bringt Geld, um die Abfallgebühren stabil zu halten.

Ähnlich verfährt auch das DRK. Was in der Geschäftsstelle angeliefert wird, sortieren die ehrenamtlichen Helfer. „Rund 30 Prozent ist so gut, dass wir diese Kleidungsstücke für die Kleiderkammer verwenden und ausgeben können“, sagt von Hardenberg. Der Rest wird ebenfalls zur Verwertung freigegeben, die Einnahmen füllen die Vereinskasse. Dass es Konkurrenz gibt, ist nicht neu. Vor der Stadt haben Firmen die ausrangierte Garderobe eingesammelt und zu Geld gemacht.