In unserer Serie „Sattelfest“ stellen wir jeden Montag einen Pferdehof vor – heute: die Reitanlage Alsterquelle

Die linke Hand mehr anheben, eine Idee ruhiger das Tempo.“ Kurze Pause. Dann geht es weiter: „Das rechte Bein dran behalten, den Oberkörper ganz gerade, durch die Bahn wechseln...“ Bodo Chromik, 65, sitzt in der großen Reithalle auf einer Bank und verfolgt jede Bewegung von Pferd und Reiterin. Laut, deutlich und bestimmt kommen seine Anweisungen.

Tina Lagenstein, Reiterin in der Ausbildung, hört aufmerksam zu, jedes Wort prägt sie sich ein. Vor eineinhalb Jahren hat Bodo Chromik die junge Dame aus Henstedt-Ulzburg unter seine Fittiche genommen. Der Weg zu einer erfolgreichen Dressurreiterin, das weiß sie genau, ist weit und beschwerlich.

Bodo Chromik, Inhaber der vier Hektar großen Reitanlage Alsterquelle gegenüber der Paracelsus-Klinik in Henstedt-Ulzburg, ist einer der erfahrendsten Dressurtrainer im deutschen Pferdesport. „Die Ausbildung von den ersten Anfängen bis hin zur schwersten Klasse ist sehr lang“, sagt er. „Nur wenige schaffen es von der Kreisklasse bis ganz nach oben in die Bundesliga. 95 Prozent bleiben ihr Leben lang reine Freizeitreiter.“

Mit großem Talent und eisernem Willen ist Pferdewirtschaftsmeister Chromik vor knapp einem halben Jahrhundert seinen Weg gegangen. In Flensburg absolvierte er die Lehre zum Bereiter, bei der Deutschen Reitschule in Warendorf legte er erfolgreich die erste Bereiter-Prüfung ab, und auf ländlichen Turnieren überall in Norddeutschland gewann der Reitlehrer Spring- und Dressurprüfungen bis zur Klasse S.

Dann lernte er die Welt kennen und arbeitete u.a. als Trainer in den USA und in Kolumbien. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) in Warendorf verlieh ihm schließlich sowohl das Goldene Reitabzeichen im Spring- als auch im Dressursport. „Das haben in Deutschland nur wenige Reiter geschafft“, sagt Bodo Chromik.

Besonders stolz ist er darauf, das Ehefrau Monika und Tochter Malin, 22, ausgebildete Dressurreiterinnen sind. Die Studienrätin an einer Grundschule in Lemsahl-Mellingstedt hat viele Prüfungen bis zur Intermediaire gewonnen. Ihr Erfolgspferd Eskimo, schon 18 Jahre alt, genießt seit Kurzem sein Rentnerleben auf dem Hof.

Monika Chromik reitet seit ihrem zehnten Lebensjahr. Ihren Mann hat sie bei einem Turnier in Hamburg-Bergstedt kennengelernt: „Als ich ihn das erste Mal auf einem Pferd sah, wusste ich: Das ist der Richtige.“

Tochter Malin, Studentin der Psychologie in Hamburg und in New York, siegte im vergangenen Jahr mehrfach bis zur Klasse M. Sie reitet, wenn es das Studium, das sie im nächsten Jahr abschließen wird, zulässt, den selbstgezogenen siebenjährigen Wallach Lexington, der auf der Anlage Alsterquelle zur Welt kam. „Reiten ist gut zum Abschalten“, sagt die angehende Motivationspsychologin. „Man bekommt den Kopf frei, das kann man in der Vorlesungszeit und vor Klausuren gut gebrauchen.“

„Wir haben einen professionellen Anspruch an artgerechte Haltung und Ausbildung von Dressurpferden für den Turniersport und werden ihm mit einer Ausstattung gerecht, die kaum einen Wunsch offen lässt“, sagt Bodo Chromik. 40 lichtdurchflutete, geräumige Innen- und Außenboxen, ruhig gelegene Koppeln sowie Winter- und Hengstpaddock sorgen dafür, dass sich die Pferde wohlfühlen.

Mittagspause auf der Reitanlage Alsterquelle, Besuch hat sich angesagt. Beate Dude, Hamburger Pferdesportfreunden als ehemalige erfolgreiche Springreiterin bestens bekannt, besucht ihr Freizeitpferd Zafiro, der seit zwei Jahren im Pensionsstall Alsterquelle ein Zuhause hat. Den temperamentvollen zehn Jahre alten Hengst hatte sie vor vier Jahren in Jerez/Spanien gekauft. Liebevoll pflegt und umsorgt sie den feurigen Andalusier.

Bodo und Beate, die sich seit früher Jugend an gut kennen, reden von alten Zeiten. Sie zeigt auf ein Bild an der Casino-Wand. „Weißt du noch?“, fragt sie. Der Hausherr nickt und antwortet: „Das Foto ist 1974 gemacht worden. Es zeigt mich beim Deutschen Springderby in Klein Flottbek. Ich springe gerade mit Fanal über ein Hindernis. Er machte damals in der 1. Derby-Qualifikation nur einen Fehler – an den Eisenbahnschranken.“ Einen Tag später bei der zweiten Qualifikation fielen mehrere Stangen, so reichte es für das Finale nicht. Es blieb sein einziger Derbystart.

Auch Beate Dude erinnert sich: „1974 habe ich in Flottbek mit meinem damaligen Traumpferd Sirius das Amazonenspringen gewonnen – gegen eine Weltklassereiterin wie die Engländerin Caroline Bradley, die ein Jahr später als vierte Frau in der Geschichte das Derby gewann und gegen die deutsche Topreiterin Marion Snoek. Das war mein größter Sieg. Den Silberteller, den ich als Siegpreis erhielt, habe ich bis heute aufbewahrt.“

Noch ein Besucher betritt das Casino: Bernd Rehberg, 71, langjähriger Freund des Hauses und Vorsitzender des Reitclubs Alsterquelle. Seit 1982 ist er dabei. „Bei Bodo habe ich das Reiten gelernt“, sagt Rehberg, Träger des Silbernen Reitabzeichens.

Die Pause ist vorüber, Bodo Chromik geht zurück in die Reithalle und setzt sich wieder auf die Bank. Monique Pistol, 26, aus Henstedt-Ulzburg, seit 13 Jahren auf der Anlage, seit einigen Wochen als Praktikantin, erhält mit ihrem Pferd Heavens Delight, mit dem sie vor ein paar Tagen in Friedrichshulde siegte, Unterricht. Bodo Chromik ruft: „Ganz ruhig antraben, nicht schneller werden, immer das Tempo bestimmen, das Tempo nicht dem Pferd überlassen...“

Am kommenden Montag stellen wir in der Serie „Sattelfest“ den Hof Barkholz in Kayhude vor.