Sommerserie: Umland-Lust – rund um Hamburg auf Entdeckungstour. Heute: Mit dem Rad in der Holsteinischen Schweiz

Start der Kirchentour ist eine katholische Kirche. Auf dem Parkplatz unter der Segeberger St.-Johannes-Kirche direkt am Kalkberg kann das Auto kostenlos abgestellt werden, auch außerhalb der Vorstellungen der Karl-May-Festspiele. Von hier geht es auf die Herrenhaus-Tour durch die Holsteinische Schweiz. Von Kirche zu Kirche und dazwischen immer wieder Herrenhäuser und Badestellen, also eine kulturell-vergnügliche, gut 50 Kilometer lange Rundtour durch den evangelisch-lutherischen Kirchenkreis Plön-Segeberg.

Ein wenig Training – oder ein Elektrobike – ist ratsam, auch wenn es für weniger Geübte eine Abkürzung gibt. Es geht immer wieder hoch und runter. Auch, wer nicht in Richtung Kalkbergarena abbiegt und damit die katholische Kirche links liegen lässt, muss schon bald den ersten Anstieg meistern. Noch ehe die Muskeln richtig warm sind, steigt es auf den Weg über Stipsdorf nach Quaal merklich an. Der Ausblick ist wunderschön über Getreidefelder und den von hohen Bäumen umsäumten Segeberger See. Gleich am Anfang zeigt die Holsteinische Schweiz ihre ganze Schönheit. Weiter nach Quaal geht es bergab zur ersten Station, dem Café Ehrgarten.

Alles rund um das Bauernhaus der Familie Höppner-Rohder ist geschmackvoll eingerichtet. Farbenprächtige Blumen begrüßen den Gast im großen Garten, der mit viel Liebe zum Detail und nach englischem Vorbild rund um den alten Teich angelegt ist. Dazwischen stehen Tische und Stühle, so dass jeder, der sich an der Selbstbedienungstheke Torte und Kaffee holt, seinen Lieblingsplatz zum Schlemmen suchen kann. Besitzerin Eike Höppner-Rohder erzählt, dass der Garten schon immer ihr Rückzugsort war. Gern zeigt sie bei einem Rundgang, was sie in einem Vierteljahrhundert aufgebaut hat. „Aus Gartenlust wurde Gartensucht“, sagt sie. Eine schöne Sucht, wie ihr Garten verrät.

Die Warder Kirche ist aufgrund von Bauarbeiten leider öfter geschlossen

In Quaal geht es abseits der Hauptroute der Herrenhaustour. Denn von hier führt die westliche Abkürzung über eine Gesamtlänge etwa 30 Kilometer an der Kirche zu Warder und Krems II vorbei nach Nehms und dann zurück auf die Hauptroute. Die Kirche liegt direkt am Wardersee und einer Badestelle. Dass der heute eckige und mächtige Turm der mehr als 800 Jahre alten Kirche einst rund war, ist nur noch zu ahnen. Derzeit ist die Kirche und damit auch der runde Innenraum des Turms wegen Bauarbeiten öfter geschlossen.

Um wieder auf die offizielle Herrenhaustour zu kommen, geht die Fahrrad-Tour am Gut Rohlstorf vorbei. Das Herrenhaus, in dem heute ein Internat eingerichtet ist, liegt versteckt hinter einer Allee. Der Weg dorthin ist sichtbar seit Jahrhunderten unverändert geblieben und deshalb denkmalgeschützt. Einige Kilometer bei ansteigendem Weg kommt das Gut Margarethenhof mit der großen Holzscheune an der Straße in Sicht und bietet einen beeindruckenden Anblick. Davor bringt eine HVV-Bushaltestelle ein wenig Großstadt-Flair in die Provinz. Die Busse fahren allerdings nur zwei Mal pro Tag und das auch nur in der Schulzeit.

Weiter geht in die Tour, und kurz nach dem Margarethenhof kommt über den Wardersee die markante Pronstorfer Vicelinkirche in Sicht. Vorerst geht's nach Westerrade, dann rollen die Räder wieder auf der Hauptroute weiter. Was folgt, ist nichts Geringeres als das Paradies. Zumindest sagt das ein handgeschriebenes Straßenschild. Das nächste Herrenhaus ist auf Gut Pronstorf. Dazu gehört ein fast noch prachtvolleres Torhaus, in dem Hans-Caspar Graf zu Rantzau mit seine Ehefrau Antje Gräfin zu Rantzau ein edles Hotel eingerichtet haben. Im großen Kuhstall des Gutes veranstaltet das Schleswig-Holstein Musik Festival viele Konzerte.

Dass auch der größte Teil des Dorfes Pronstorf zum Gut gehört, ist schon am einheitlichen Baustil zu erkennen. Vorbei an den großen Getreidesilos geht's zur Pronstorfer Kirche. Die Grafen Rantzau haben auch das Kirchenpatronat inne und bestimmen folglich auch bei der Berufung der Pastoren, so des neuen Pastors Peter Lübbert, mit.

Das Dorf Berlin hat Straßennamen aus der Hauptstadt übernommen

Die Pronstorfer Vicelinkirche wurde erstmals 1198 erwähnt. Das Taufbecken ist schlicht und stammt aus dem 13. oder 14. Jahrhundert, wird derzeit aber kaum gebraucht. „Heute wollen alle den Engel“, sagt Pastor Lübbert und lässt den Taufengel nach unten schweben. Die Deckenmalerei mit biblischen Motiven in der Kirche stammt aus dem 17. Jahrhundert. Nach der Besichtigung lädt eine Bank vor der Informationstafel der Herrenhaustour zu einer kleinen Rast ein, zumal der weitere Weg wieder bergauf geht. Doch der Ausblick über den langgezogenen Wardersee und die romantische Hügellandschaft belohnt belohnt die Anstrengung. Danach folgt eine rasante Abfahrt an der Ruine einer alten Ziegelei vorbei zur nächsten Kirche.

Die Katharinenkirche in Gnissau ist geschlossen, und so geht es gleich parallel zur Trave entlang zu einem archäologischen Denkmal in Travenhorst. Hier stand im Mittelalter die Turmhügelburg eines Ritters – nicht gerade ein Herrenhaus, wie das Bild auf einer Tafel zeigt. Über einen Feldweg, der beim Radfahren ein bisschen durchgeschüttelt, erfolgt eine Punktlandung - direkt auf dem Potsdamer Platz in Berlin. Das Dorf Berlin hat sich einige Straßennamen aus der Hauptstadt einverleibt. Wer Hunger und Durst verspürt, kann beim Imbiss Berliner Eck oder ins Café Schafskelte einkehren, dann geht die Herrenhaus- und Kirchentotur weiter. Das Gut Seedorf mit seinem Torhaus wird von Hochzeitspaaren geliebt. Die Tour führt bergab und kurz darauf durch eine schöne Allee – die Herrenhaustour könnte auch Alleentour heißen. Direkt neben dem Gut lädt eine Badestelle am Seedorfer See zum Sprung ins erfrischende Nass.

Der Altar der St.-Jürgens-Kirche ist von Holzbildhauer Otto Flath

Der Altar des in dieser Region bekannten Holzbildhauers Otto Flath aus Bad Segeberg ist in der St.-Jürgen-Kirche in Schlamersdorf zu besichtigen. Vorsitzender des Kirchengemeinde-Rats ist Peter Stoltenberg, der gern durch die Kirche mit dem Flath-Altar und der Schulze-Orgel aus dem 19. Jahrhundert führt, die gerade dank einer Spende von Arend Oetker renoviert werden konnte. Oetker pflegte mit der Spende Nachbarschaftsbeziehungen, ihm gehört das Gut Muggesfelde nebenan in Nehms.

Angela Schulze-Hamann erzählt den Gästen gern von ihren vielen Projekten

Doch jetzt ist es Zeit für ein delikaten Essen auf dem Land, bei Sonnenwetter im Garten eines Restaurants mit beachtlich guter Küche, der des Landhauses Schulze-Hamann in Blunk. Ein Wegweiser auf dem Radweg der alten Trasse der Bahn zwischen Bad Segeberg und Kiel weist dorthin. Inhaberin Angela Schulze-Hamann erzählt den Gästen gern von ihren vielen Projekten. Unter anderem plant sie eine Außenstelle des Arche-Hofs Bredland, der im Dorf alte Rassen am Leben erhält. Zwei Thüringer-Wald-Ziegen stolzieren bereits im unteren Garten, im nächsten Jahr will die Wirtin weitere Tiere aufnehmen und auch alte Gemüsesorten anbauen.

Der Ihlsee in Bad Segeberg wird von eigenen Quellen gespeist

Als vorletzte Station auf der Strecke der alten Bahntrasse, die an der Segeberger Marienkirche endet, lockt der Ihlsee am Segeberger Stadtrand zum Bad, vor allem für Kinder ein großer Spaß. Von einer Insel im See springen sie vom Drei-Meter-Brett oder rauschen per Rutsche ins saubere Wasser.

Der beliebte Ihlsee ist besonders sauber, weil er von eigenen Quellen gespeist wird. Das kühle Bad schließt die Kirchen- und Herrenhaus-Tour vorzüglich ab.