Finanzbeamter Tobias Sommer bekam viel Lob, den Ingeborg-Bachmann-Preis gewann er aber nicht

Bad Segeberg. Eine gute Geschichte macht noch keinen Sommer. Aber ein Sommer macht viele gute Geschichten: Für den Segeberger Schriftsteller und Finanzbeamten ist die Welt nicht untergegangen, obwohl er den Ingeborg-Bachmann-Preis nicht gewonnen hat. Tobias Sommer will seinen Weg unbeirrt weitergehen und die Welt mit neuen literarischen Geistesblitzen von seinem Können überzeugen. Sein Auftritt in Klagenfurt beim Wettbewerb um die Vergabe des Bachmann-Preises bleibt indessen mehr als nur eine Randnotiz in der Biografie des Schriftstellers.

Ganz unbeeindruckt ist Tobias Sommer, 36, nicht aus Österreich zurückgekommen. Sein Auftritt hat immerhin Spuren hinterlassen. Wer wollte, konnte die etwa 25 Minuten lange Lesung des Segebergers live im Fernsehen verfolgen – die Äußerungen der Kritiker inklusive. Und die nahmen die im Milieu eines Finanzamtes angesiedelte Kurzgeschichte vergleichsweise wohlwollend auf. „Andere mussten härtere Kritiken einstecken“, sagt Tobias Sommer.

Und das ist noch harmlos ausgedrückt: Wer die Berichterstattung über die Vergabe des renommierten Ingeborg-Bachmann-Preises verfolgt hat, weiß, wie gnadenlos die Kritiker auf einzelne Autoren eingedroschen haben. So mancher Text wurde im wahrsten Sinne des Wortes in der Luft zerrissen, der von Tobias Sommer nicht. Ganz im Gegenteil: Der bekannte Literaturkritiker Hubert Winkels vom Deutschlandfunk, seit 2010 Juror beim Ingeborg-Bachmann-Preis, fand den Sommer-Text gar „virtuos“. Mehr Lob geht eigentlich nicht. Eine andere Literaturkritikern setzte noch einen drauf: Sie verglich den Sommer-Text mit Kafkas Werken. Das fand selbst Tobias Sommer sehr erstaunlich. Für einen der begehrten Preise reichte es dennoch nicht.

Tobias Sommer hat es abgehakt und freut sich über die vielen Erfahrungen, die er machten konnte. Und über die vielen Verbindungen und Kontakte, die er geknüpft hat. Er führte Gespräche mit Autorenkollegen, mit Kritikern, Verlegern, Lektoren und fühlte sich insgesamt gut aufgehoben in diesem illustren Zirkel. „Wir Autoren hatte eine super Gemeinschaft, einige Kontakte werden sicherlich bleiben.“

Sommer hätte, wie einige andere Autoren auch, einen Abschnitt seines noch nicht veröffentlichten Romans vorlesen können. Ob er damit besser gefahren wäre, weiß er nicht. „Ich fand es jedenfalls besser, einen abgeschlossenen Text vorzutragen.“ Er glaubt ganz fest, dass ihn die Klagenfurter Erfahrungen in seinem schriftstellerischen Leben weiterbringen. Eine interessante Erkenntnis hat er für sich selbst gewonnen: „Ich war überhaupt nicht aufgeregt, das hat mich sehr erstaunt.“

Tobias Sommer schätzt die Sicherheit, die ihm der Beamtenstatus verleiht

Jetzt gilt es für den Segeberger, nach vorne zu schauen. Der dritte Roman liegt in den letzten Zügen und erfährt gerade noch einen Feinschliff in Zusammenarbeit mit dem Lektorat des Wiener Verlags Septime. Im Frühjahr 2015 soll er erscheinen, einen Titel gibt es noch nicht. Tobias Sommer spürt, dass er durch die Teilnahme am Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb einen Schritt weiter nach voran gemacht hat. „Genügend Motivation hatte ich auch vorher schon, aber jetzt ist alles noch eine Spur stärker.“ Obwohl Roman Nummer drei noch nicht endgültig abgeschlossen ist, wächst bereits Roman Nummer vier. Zumindest im Notizbuch: Darin bewahrt Tobias Sommer seine Ideen und Gedankenschnipsel auf, die er später zu ganzen Geschichten zusammenfügt. Irgendwann wird er sich im Wohnzimmer seines Segeberger Einfamilienhauses an den Esstisch setzen und auf dem Laptop mit dem Schreiben des neuen Romans beginnen.

Bei allem Erfolg und bei aller Anerkennung, die ihm bereits widerfahren ist, bleibt Tobias Sommer doch ein Mann der Zahlen: Beim Segeberger Finanzamt prüft er in seiner Eigenschaft als Finanzhauptsekretär die Einkommenssteuererklärungen und Veranlagungen von Freiberuflern und Gewerbetreibenden. Das ist das andere Leben des Schriftstellers, in diesem Metier, kann ihm so leicht keiner etwas vormachen. Und so soll es auch bleiben. Tobias Sommer schätzt die Sicherheit, die ihm der Beamtenstatus verleiht. Keinesfalls hat er vor, das Finanzamt zu verlassen, um sich auf unsicheres Terrain zu begeben.

Das ist der Status quo. Was davon übrig bleibt, wenn sich seine Bücher plötzlich hunderttausendfach verkaufen sollten, ist eine andere Sache. Soweit allerdings denkt Tobias Sommer nicht, diese Auflagenzahlen liegen in weiter Ferne. Und er hat ja auch prominente Vorbilder: Ein Herr Goethe war schließlich auch Beamter ...