Gutachter kommen zu dem Schluss, dass in zehn Jahren eine der weiterführenden Schulen schließen muss

Norderstedt. Eine der neun weiterführenden Schulen in Norderstedt wird wohl in spätestens zehn Jahren geschlossen. Treffen könnte es die Horst-Embacher-Gemeinschaftsschule, die Gemeinschaftsschule Ossenmoorpark oder das Lise-Meitner-Gymnasium im Schulzentrum Süd. Im Gegenzug sollen die Gemeinschaftsschule Harksheide oder die Willy-Brandt-Gemeinschaftsschule ausgebaut werden. Das lässt sich aus dem Schulentwicklungsplan herauslesen, den das Beratungsbüro Steria Mummert im Auftrag der Stadt erarbeitet und jetzt den Politikern vorgestellt hat.

Wie sieht die Schullandschaft in der Stadt in zehn Jahren aus? So lautete die Kernfrage. Die Gutachter, die für die Stadt schon die Grundlagen für die Kita-Planung erarbeitet hatten, sollten eine Basis für politische Entscheidungen schaffen. Vorgabe war, dass das gute und vielfältige Lernangebot erhalten bleibt, Gymnasien und Gemeinschaftsschulen sollen sich auch künftig so im Stadtgebiet verteilen, dass sie von den Schülern gut zu erreichen sind. „Es geht uns aber auch um Planungssicherheit, einen sinnvollen Einsatz des Geldes und das Vermeiden von Fehlinvestitionen“, sagt Schuldezernentin Anette Reinders.

Die Analysten haben sich zum einen auf Daten wie die Prognose der Schülerzahlen, Anmelde- und tatsächliche Einschulungszahlen, die Auslastung der Schulen und das Elternwahlverhalten gestützt. Sie haben sich von den Schulleitern sagen lassen, was an der jeweiligen Schule saniert werden muss und was das voraussichtlich kosten wird. Und sie haben Interviews an den Schulen geführt.

Während die Schülerzahlen bundes- und landesweit in den nächsten Jahren sinken werden, bleiben sie laut Prognose des Statistikamtes Nord in Norderstedt auf dem jetzigen Niveau und steigen bis 2030 sogar noch. Gegenwärtig leben 7786 Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 18 Jahren in der Stadt. Zwar wird die Zahl 2018 auf 7559 sinken, doch die Statistiker gehen davon aus, dass die Zahl bis 2030 auf 7940 steigt.

Weiter haben die externen Berater den Trend zum Gymnasium berücksichtigt. „Der könnte noch zunehmen, weil zum neuen Schuljahr die Schulartempfehlungen der Grundschullehrer wegfallen“, sagt die Dezernentin. In Hamburg habe der Wegfall der Empfehlungen dazu geführt, das mehr Eltern ihre Kinder an einem Gymnasium angemeldet haben, heißt es im Schulentwicklungsplan, den Steria Mummert den Politikern jetzt im Ausschuss für Schule und Sport vorgestellt hat. Sorgen bereitet Anette Reinders auch, dass von der siebten Klasse an viele Schüler von den Gymnasien auf Gemeinschaftsschulen wechseln, weil sie den Anforderungen nicht gewachsen sind. „Das wirkt eher demotivierend auf die Betroffenen und kann einen erheblichen Knick für die Bildungskarriere bedeuten“, sagt die Dezernentin. Zudem arbeiteten drei der vier Gemeinschaftsschulen am Limit, sie könnten die Vielzahl von Schulwechslern nicht aufnehmen.

Wichtig sei zudem, die Willy-Brandt-Schule zu entlasten. An der Gemeinschaftsschule nahe dem Herold-Center lägen die Anmeldezahlen deutlich über der Aufnahmekapazität. Schließlich wirke sich auch eine Entscheidung in der Nachbarschaft auf die Schulentwicklung in Norderstedt aus. Die Frage ist: Bekommt die Gemeinschaftsschule Alsterland in Nahe eine Oberstufe? Die aktuellen Zahlen geben das nicht her, sodass die Jugendlichen aus dem Bereich Kayhude, Nahe, Itzstedt auch künftig am Lise-Meitner-Gymnasium in Norderstedt ihr Abitur machen werden.

Anhand der Datenbasis und der Vorgaben haben die Gutachter fünf Zukunftsszenarien für die Norderstedter Schullandschaft entwickelt. Dabei bleiben die Standorte der Gymnasien Coppernicus, Harksheide und Lessing unberührt. Für sie gilt, was für alle Schulen zutrifft: Sie müssen ausgebaut, saniert und modernisiert werden.

SzenarioA: Alle Schulstandorte bleiben. Das Schulzentrum Süd und die Horst-Embacher-Schule werden abgerissen und neu gebaut oder von Grund auf saniert. Alle anderen Schulen werden erweitert und saniert, die Gemeinschaftsschule Harksheide eventuell auf vier Züge erweitert – ein Modell, das laut Steria Mummert mehr Nach- als Vorteile bietet. Die Schülerzahlen entwickelten sich unausgewogen, die Schulen seien ungleichmäßig ausgelastet, es fehlten Kapazitäten an den Gemeinschaftsschulen, um die Wechsler von den Gymnasien aufzunehmen, die sich in der Horst-Embacher-Schule ballen würden. Die Anmelde- und Einschulungszahlen reichten an dieser Schule nicht, um den Standort auf Dauer zu sichern. Die Willy-Brandt-Schule als einzige Gemeinschaftsschule mit gymnasialer Oberstufe könne die Nachfrage nicht bewältigen, die Flexibilität der Eltern bei der Schulwahl sei eingeschränkt. „Außerdem dürfte dieser Vorschlag der teuerste sein und Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe erfordern“, sagt die Dezernentin.

SzenarioB: Die Gemeinschaftsschule Ossenmoorpark läuft aus. Das Lise-Meitner-Gymnasium als einziges G9-Gymnasium in Norderstedt wird durch einen Neubau ersetzt genauso wie die Horst-Embacher-Schule, die auf vier Züge erweitert wird. Auch die Gemeinschaftsschule Harksheide bekommt eine vierte Parallelklasse und eventuell eine gymnasiale Oberstufe. Diese Variante führe zu einer gleichmäßigeren Verteilung der Schüler und ausgewogenen Auslastung der Schulen, ein Vorteil, den die Gutachter für die folgenden Szenarien sehen.

Szenario C und D: Die Horst-Embacher-Schule läuft aus.

Szenario C1: Das Schulzentrum Süd wird neu gebaut. Die Willy-Brandt-Schule wird um zwei Züge im Gebäude der Grundschule Lütjenmoor erweitert. Die Grundschule zieht um, näher an das Neubaugebiet Garstedter Dreieck heran – oder gleich auf einen Teil des Geländes der auslaufenden Horst-Embacher-Schule.

SzenarioC2: Das Schulzentrum Süd wird durch eine achtzügige Gemeinschaftsschule mit Oberstufe ersetzt, die Gemeinschaftsschule Harksheide um einen Zug erweitert.

Szenario D: Das Schulzentrum Süd wird wie bisher mit Gymnasium und Gemeinschaftsschule neu gebaut. Die Gemeinschaftsschule Harksheide wird vierzügig und bekommt bei Bedarf eine Oberstufe, die Gemeinschaftsschule Friedrichsgabe wird ebenfalls vierzügig.

„Die Schulentwicklung wird uns sicher die nächsten Jahre beschäftigen“, sagt Reinders. Sie hofft, dass sie mit den Politikern und den Schulen nach der Sommerpause einen Zeitplan für die weitere Schritte aufstellen kann.