Geschäftsführer der „TriBühne“ hat in München ein Seminar absolviert und kann nun 80 Biersorten auseinanderhalten

Norderstedt. „Die Zungenspitze schmeckt Süßes, die hintere Zunge Bitteres, die Zungenseiten Saures und Salziges“, sagt Rajas Thiele. Deshalb lassen Sommeliers hopfenstarkes Bier direkt über die hintere Zunge abrollen. Bier-Sommeliers. Rajas Thiele ist so einer. Vor einer Woche bestand der Geschäftsführer der Meno GmbH, zu der die „TriBühne“, das Kulturwerk und das Meilenstein gehören, seine Diplom-Prüfunf als Bier-Sommelier. Er ist jetzt nach einem Lübecker Kollegen der zweite diplomierte Bier-Experte in Schleswig-Holstein.

Ein zweiwöchiges Seminar hat Rajas Thiele dafür auf der Bier-Schule Doemes Genuss-Akademie in München-Gräfeling und in Österreich absolviert, hat 133 Biersorten geschmeckt, Lebensmittelkunde, Brau-Hygiene, Biergeschichte und Paragraphen gebüffelt, Biergerichte komponiert, eine Bierkarte kreiert, er musste eine sensorische Prüfung zum Erkennen von Biersorten ablegen, abends Hausaufgaben schreiben, zwei mündliche und eine schriftliche Prüfung bestehen.

„Das war harte Arbeit“, sagt Thiele, der als Geschäftsführer so einiges an Rund-um-die-Uhr-Arbeit gewöhnt ist. 80 Biersorten musste er geschmacklich blind erkennen, vom American Lager über belgische Lambic-Biere bis zu raren Trapisten-Bieren aus belgischen Klöstern und zum Stout-Bier.

Rajas Thiele schenkt ein obergäriges Atlantik-Ale von der Brauerei Störtebeker ein. Langsam rollt es über die Zunge nach hinten, entfaltet erst eine starke Hopfennote, die von Zitrus und Melone getupft wird. Im Gegensatz zum Wein, der beim Verkosten nicht geschluckt wird, soll Bier richtig getrunken werden, um den gesamten Flavour der Sorte vom Einatmen beim Schwenken des Bieres im Glas bis zum Abgang durch die Kehle beim Ausatmen zu erfahren.

„Es hat mich gestört, dass beim Essen im Restaurant über die Weine zum Essen beraten wird, aber nicht über Biere“, sagt Thiele. Dabei könnten Biere ein Fünf-Gänge-Menü ebenso gut begleiten wie Wein. Mehr noch: Bier würde den Geschmack der einzelnen Speisen verstärken und habe im Gegensatz zu Wein zwei Charaktere zu bieten, den Hopfen und das Malz. Zudem würden weltweit stets neue Hopfensorten entwickelt werden.

„Ich will als Bier-Sommelier dem Bier wieder sein Genuss-Image bringen. Ich will weg von der Vorstellung, Bier sei nur gut fürs Fernsehen und Fußballgucken, aber nicht für ein feines Essen“, sagt Thiele. Vor einem Jahr hat er den Craft Beer Day, den Tag für handgemachte Biere im Norderstedter Kulturwerk, erstmals veranstaltet. Mit einem Riesen-Erfolg. Statt der erwarteten 1000 Gäste kamen 2500, und in diesem Jahr steigerte sich die Besucherzahl auf 4500 Bierfreunde.

Jetzt fließt ein Pale Ale in ein Glas, dunkler als das Atlantik-Ale, noch hopfenstärker, länger gegart, kraftvoll im Geschmack, ein guter Begleiter zu Fleisch und kräftigen Salaten. „Leichte Biere begleiten leichte Speisen, starkes Bier kräftige Speisen“, sagt Thiele. Ein Stout ist harmonisch zum gegrillten Steak, ein Porter zum Dessert.

Viele kleine Bierbrauer experimentieren und erfinden ständig neue Sorten. Sie lagern Bier in Whisky- oder Cognac-Fässern, geben Früchte wie Erdbeere oder Zitrone dazu, Kaffee und Kräuter. „Das ist eine spannende Entwicklung“, sagt Thiele und schenkt ein Imperial Stout vom Aarhus Bryghus ein. Dunkel leuchtet es im Tulpenglas, schmeckt stark rauchig und entwickelt ein röstiges Aroma. Jetzt will Thiele eine Bierkarte aufbauen, die er mit seinen Köchen direkt zu den Speisen abstimmt. „Im Herbst bieten wir Bier-Seminare an, bei denen verschiedene zum Fünf-Gänge-Menü verkostet werden“, sagt Thiele. Auch Seminare mit einem Käse-Sommelier sind geplant.

Jetzt wird‘s schwarz im Glas. Ein Black Isle Red Kite Ale mit dunkelbraunem Schaum. Es entfaltet schon beim Schwenken im Glas ein Kaffee-Aroma und rollt weich mit einer Bitternote wie guter Espresso über die hintere Zunge. Ein gelungener Abschluss.