Ein Wort hören Bürgermeister, Kommunalpolitiker und Lokalpatrioten im Hamburger Umland besonders ungern: Schlafstadt.

Man setzt sich morgens in die Bahn oder ins Auto, fährt zur Arbeit und kehrt abends ins Reihenhaus im Grünen heim. Der Wohnort dient außer zum Wohnen zum Einkaufen und ist austauschbar – Hauptsache, Hamburg ist nicht weit.

Länger als die meisten Orte in der Region hat Kaltenkirchen mit diesem Image gelebt. Ein Neubaugebiet entstand nach dem anderen. Nur langsam wuchs mit, was die Lebensqualität einer Stadt bestimmt. Das neue Stadtzentrum ist immer noch nicht fertig; bislang besteht es aus einem Supermarkt. Auch kulturell glich das Angebot eher dem einer tristen Vorstadt der 70er-Jahre. Dass Stadtväter und -mütter stets und stolz betonten, mal lebe in einem Mittelzentrum, änderte an der Ödnis nicht viel.

Erst vor einem Jahr begannen Volkshochschule und Kulturverein, den Kaltenkirchenern ein kulturelles Angebot zu präsentieren. Manchmal ungeschickt im Marketing, zuweilen mit exotischen Angeboten, aber engagiert gingen sie ans Werk und haben jetzt beste Aussichten, regelmäßige Programme zu etablieren. Nur die Kaltenkirchener müssen noch mitspielen und die Chance ergreifen, Kultur vor der Haustür zu genießen.

Nur mit treuer Besucherszene kann das Angebot Bestand haben. Andernfalls lautet die Alternative: TV oder der weite Weg nach Hamburg.