Jugendliche zerstören auf dem Schulhof der Grundschule Heidbergstraße einen Riesen-Marienkäfer, den die Jungen und Mädchen mit viel Liebe gebastelt hatten

Norderstedt. Vom Natur-Kunstwerk ist nicht mehr viel übrig. Schulleiterin Christl Rohgalf und Künstlerin Doris Hiller zeigen die Weidenruten, die nur noch mit viel Fantasie als Gerippe eines Riesen-Marienkäfers zu identifizieren sind. Der sollte auf dem Schulhof der Grundschule Heidbergstraße zum Blickfang und zum Erlebnisraum für die Schüler werden – doch Jugendliche haben das Kunstobjekt zerstört. „Wir haben leider immer mal wieder mit Vandalismus und aggressivem Verhalten von Jugendlichen gegenüber unseren Kindern zu kämpfen“, sagt die Schulleiterin, die wegen der Zerstörung des überdimensionalen Käfers Strafanzeige gestellt hat.

Immer wieder würden Grundschüler mit Ausdrücken beschimpft, die nicht druckreif seien, die 14- bis 16-jährigen Täter würden die Reifen von Fahrrädern zerstechen oder die Jungen und Mädchen auf dem Schulweg anhalten und bedrängen.

Die Kinder, die das Tier gebastelt haben, sind traurig, ärgerlich und wütend: „Wir haben uns viel Mühe gegeben und uns richtig angestrengt“, sagt Vincent, der wie die anderen zehn Grundschüler einen Nachmittag pro Woche opfert, um bei dem Projekt mitzumachen. Unter dem Motto „Kultur macht stark – Bündnisse für Bildung“ fördert der Bund das Angebot, das Doris Hiller von der „KunstWerkstattNatur“ mit den Mädchen und Jungen der Norderstedter Schule gestaltet. Sie wollen Kunst und Natur zu einem Gesamtkunstwerk verknüpfen.

„Die Grundschüler werden nicht nur für die Vielfalt der Natur und ihrer Umwelt sensibilisiert. Sie setzen auch ihre Fantasie und Kreativität ein, um gemeinsam etwas Neues und Einzigartiges zu schaffen, das dann in der Schule bleibt und weiter betreut oder erweitert werden kann“, sagt die Projektleiterin. Geplant ist, dass die Arbeitsergebnisse während der Schaffensphase und nach dem Ende des Projektes ausgestellt werden. „Die Ausstellungen können zum Sprungbrett für weitere Aktivitäten werden und andere motivieren, ähnliche Ideen zu entwickeln und zu verwirklichen“, sagt Doris Hiller, die mit ihrer „KunstWerkstattNatur“ Bastelerfahrungen auch schon im Norderstedter Stadtpark gesammelt hat. Von Mai bis September 2012 hatte sie mit rund 700 Kindern Tiere aus Lehm hergestellt.

Zum Start in das aktuelle Schulprojekt haben die Kinder Tiere in einem Buch skizziert, sich gemeinschaftlich für den Marienkäfer entschieden, weil der eine „so schöne Form hat“. Doris Hiller hat das Material besorgt, ist mit den Kindern auf den Schulhof gegangen, wo sie Weidenruten mit Bast zusammengebunden und das biegsame Holz mit Erdnägeln im Boden verankert haben.

Das Skelett stand, der Kopf war geformt, ein Pilotensitz sollte beides verbinden, die jungen Künstler wollten so tun, als wenn sie das Großinsekt steuern könnten. Drei Meter lang war das Weidenruten-Tier, etwa 1,50 Meter breit, und der Hinterleib bot ausreichend Platz für die Höhle, die die Kinder unbedingt haben wollten, um sich zurückziehen und sich Geschichten erzählen zu können.

Nun erst recht, haben sich die Projektleiterin und ihre jungen Teilnehmer gedacht, nachdem Jugendliche ihren Marienkäfer „ermordet“ hatten. Die Materialien sind geblieben, die Insekten auch. Nur: Jetzt basteln die Grundschüler im Projekt, das über ein halbes Jahr noch bis zu den Sommerferien läuft, in Gruppen kleinere Insekten. Die werden dann auch nicht im Freien fliegen, sondern unter der Decke in der Pausenhalle. „Dort sind sie dann vor Zu- und Angriffen geschützt“, sagt die Schulleiterin.

Vincent und Friedrich haben sich für eine Libelle entschieden. Die ist schon zu erkennen, die großen Flügel und der schmale Körper. Das Duo ist weiter als die meisten anderen. Und: Sie sind die einzigen Jungen im von Mädchen dominierten Mal-, Bastel- und Erlebniskursus. Warum machen sie mit? „Basteln macht mir einfach Spaß. Ich bastele auch zu Hause und habe immer schon gern Origami gemacht“, sagt Vincent. Sein Mitstreiter nickt bestätigend, ehe sich die Bastler daran machen, ihr Flugobjekt zu vollenden.

Noch in den Anfängen stecken Lena und Antonia. „Wir wollten erst etwas anderes basteln. Das war aber zu schwer, jetzt probieren wir, ob wie einen Maikäfer hinkriegen“, sagen die beiden. Amadea zeigt stolz ihre Skizze mit dem Grashüpfer, der ihr gut gelungen ist. Ohnehin verrät der Blick in die Skizzenbücher, dass die Grundschüler gut beobachten und detailgetreu wiedergeben können. Und spätestens wenn die Insekten unter der Decke schweben, wird der Ärger Stolz weichen.