Bürgermeister und Landrätin verdienen mit Nebenjobs viel Geld – behalten dürfen sie aber nur wenig

Kreis Segeberg. Er ist seit Jahrzehnten Beamter und musste die Pflichten kennen, die sich aus dem besonderen Treueverhältnis zum Dienstherren ergeben. Und doch ist Torsten Thormählen gestrauchelt, hat seine Nebeneinkünfte nicht ordnungsgemäß angegeben und abgeführt. Deshalb hat das Amtsgericht Norderstedt den ehemaligen Bürgermeister von Ellerau und Henstedt-Ulzburg und Stadtrat in Norderstedt wegen Betrugs in zwei Fällen zu einer Geldstrafe von 24.000 Euro verurteilt. Wie halten es Bürgermeister und Landrätin mit Nebeneinkünften? Wir haben nachgefragt und herausgefunden: Norderstedts Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote ist der Topverdiener unter den kommunalen Nebenjobbern – und die Stadtkasse profitiert prächtig davon.

21 Nebenämter bringen dem Verwaltungschef 19.991 Euro im Jahr. Davon darf er aber nur 5550 Euro behalten. Das sieht die Nebentätigkeitsverordnung vor, die genau regelt, unter welchen Bedingungen Beamte neben ihrem Hauptberuf Geld verdienen dürfen. Thormählens Verhalten kann sich Grote nicht erklären: „Er hat eine tolle Karriere hingelegt und bei uns fachlich gute Arbeit geleistet. Ich kann nur sagen: Ich bin enttäuscht.“

Allerdings hat sich Grote nicht in die Nebenämter gedrängt. Von Amts wegen ist er Aufsichtsratsvorsitzender städtischer Gesellschaften, der Entwicklungsgesellschaft Norderstedt, der Stadtpark Norderstedt GmbH, von wilhelm.tel und der Verkehrsgesellschaft Norderstedt, zudem Vorsitzender des Kriminalpräventiven Rates, im Vorstand von Norderstedt Marketing und des Gemeindeversicherungsverbandes, Vorsteher des Abwasserzweckverbandes und Mitglied der Fluglärmschutzkommission. Drei- bis viermal im Jahr tagen die Aufsichtsräte, für jede Sitzung gibt es 50 Euro.

Hinzu kommen öffentliche Ehrenämter, die ebenfalls der Nebentätigkeitsverordnung unterliegen: Vorsitzender im Städteverband Schleswig-Holstein und im Kommunalen Schadensausgleich, Mitglied der regionalen Entwicklungskonferenz, im Landesplanungsrat und im Klimarat Schleswig-Holstein, im kommunalen Verbindungsausschuss des Sparkassen- und Giroverbands und in der Provinzial-Versicherung sowie in der Institution „Einheitlicher Ansprechpartner“. Außerdem gehört er dem Präsidium und dem Hauptausschuss des deutschen Städte- und Gemeindetages an und ist Vizepräsident im Rat der Gemeinden und Regionen Europas.

Der Vorsitz im Städteverband wird mit 3100 Euro entlohnt, für die meisten Ämter gibt es kein Geld, durchaus aber für die Tätigkeit im Aufsichtsrat der Volksbank Elmshorn (4300 pro Jahr) und für den Posten als Aufsichtsratsvorsitzender des Norderstedter Softwareunternehmens c.a.r.u.s. HMS GmbH, wobei dieser Posten im abgelaufenen Jahr nicht vergütet wurde – beide Ämter fallen unter private Nebentätigkeiten, die ebenfalls genehmigt werden müssen. Die Einkünfte darf Grote behalten, muss sie aber wie alle Einnahmen versteuern. „Mit den Ämtern lässt sich ein Netzwerk spinnen, von dem die Stadt profitiert“, sagt der Oberbürgermeister.

Kaltenkirchens Bürgermeister Hanno Krause hat den Fall Thormählen zum Anlass genommen, seine Nebentätigkeiten von der Kommunalaufsicht prüfen zu lassen. Ergebnis: Er liegt deutlich unter dem Grenzwert von 5550 Euro pro Jahr. „Nach dem Fall Thormählen wollte ich einfach sicher gehen, dass bei mir alles in Ordnung ist“, sagt Krause. Es sei sehr bitter, dass Thormählen in so eine Situation gekommen sei. „Ein Bürgermeister muss ein Vorbild sein, vor allem was Ehrlichkeit und Transparenz angeht. Der ganze Fall ist für unseren Berufsstand eine traurige Situation.“

Krause ist Verbandsvorsteher im Zweckverband Fundtiere Segeberg West, dem Schulverband Kaltenkirchen und dem Zweckverband Wasserversorgung Kaltenkirchen und Henstedt-Ulzburg. Dort bekomme er aber nur eine sehr geringe Aufwandsentschädigung.

Außerdem ist Krause von Amts wegen Mitglied in den Vorständen oder Aufsichtsräten des Wegezweckverbands des Kreises Segeberg, des Abwasserzweckverbands Pinneberg, der städtischen Betriebe Kaltenkirchen und der Volkshochschule Kaltenkirchen.

Auch der Landrätin des Kreises Segeberg, Jutta Hartwieg, bleiben von ihren Nebeneinkünften nur 5550 Euro im Jahr, der Rest geht an die Kreiskasse. „Wenn ich Wohlstand anhäufen wollen würde, hätte ich Gabelstapler-Unternehmerin werden müssen“, sagt Landrätin Jutta Hartwieg mit einem Augenzwinkern.

Ins Gewicht fällt dabei vor allem ihre Tätigkeit im Aufsichtsrat der E.on Hanse. Dafür gebe es im Jahr 10.000 Euro, plus Sitzungs-, Fahr- und Tagegeld. Darüber hinaus sitzt die Landrätin in den Aufsichtsräten der AKN, des HVV, der Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft des Kreises und in den Verwaltungsräten der Sparkasse Südholstein und der Berufsbildungszentren Bad Segeberg und Norderstedt. Außerdem ist sie Vorstand der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. Seit 2008 musste die Landrätin insgesamt 22.816 Euro an die Kreiskasse abführen.

Bad Bramstedts Bürgermeister Hans-Jürgen Kütbach hat sechs Nebenjobs: Er ist Schulverbandsvorsteher, Mitglied im Gesellschaftsverband Klinikum Bad Bramstedt, Aufsichtsrat bei den Stadtwerken und der Raiffeisenbank Bad Bamstedt, Vizepräsident des Deutschen Heilbäderverbands und Mitglied im Beirat. An die Stadtkasse führt Kütbach insgesamt 3896 Euro pro Jahr ab.