Initiative erzwingt Sitzung des Landtags und will einen Volksentscheid, um die Planung zu beschleunigen

Kreis Segeberg. Mit dieser Resonanz hatten nicht einmal die Initiatoren gerechnet. Der Verein Neue Wege für Schleswig-Holstein hat bis zum Sonntag mehr als 24.000 Unterschriften für den Weiterbau der Autobahn 20 gesammelt und plant jetzt, einen Volksentscheid durchzusetzen. „A20 sofort!“ heißt die Initiative, die sich für die Verbesserung der Infrastruktur einsetzt und sich dabei besonders für den Bau der Autobahn zwischen Bad Segeberg, Bad Bramstedt und Niedersachsen engagiert.

Einen ersten Teilerfolg kann die Initiative bereits für sich verbuchen. Die Zahl der Unterschriften reicht aus, um den Landtag zu einer Debatte über die Fortsetzung der Bauarbeiten zu zwingen. Am 27. März sollen die Listen an Landtagspräsident Klaus Schlie (CDU) übergeben werden.

„Das ist eine Volksabstimmung“, sagt der Unternehmensberater Rainer Bruns, der gemeinsam mit Ex-Verkehrsminister Dietrich Austermann und einem Spediteur zu den Initiatoren zählt und seit April 2013 Unterschriften sammelt. „Wir machen keine Werbung und haben keinen Etat“, sagt Bruns. Dennoch kommen aus Schleswig-Holstein immer neue Unterschriften; besonders groß ist die Resonanz im Hamburger Umland.

Die meisten Unterschriften kommen digital über die Homepage der A-20-Kämpfer www.a20-sofort.de. Außerdem erhalten Bruns und seine Kollegen jede Menge Post von Schleswig-Holsteinern, die eine Liste aus dem Internet herunterladen, mit ihrem Namen zeichnen und danach in einem Briefumschlag an den Verein senden.

Die Forderung des Vereins ist eindeutig. „Wir fordern den uneingeschränkten Einsatz des Landtages von Schleswig-Holstein für den unverzüglichen Planungsabschluss sämtlicher Teilabschnitte auf der Basis der bisherigen Planungen und den Bau der A20 einschließlich westlicher Elbquerung als strategisches Infrastrukturprojekt für Norddeutschland“, heißt es auf der Liste. Und weiter: „Da der Bau der A 20 wegen dieser Bedeutung absoluten Vorrang vor anderen Verkehrsprojekten im Land hat, muss gegenüber der Landesregierung und dem Bund auf eine vorrangige Planung, Finanzierung und Fertigstellung innerhalb von fünf Jahren hingewirkt werden.“

Ob diese Formel auch bei einem Volksentscheid genutzt werden könnte, müsste allerdings von Juristen überprüft werden. Autobahnbau ist Sache des Bundes, ein Entscheid kann sich aber nur ans Land Schleswig-Holstein richten.

Die Autobahn zügig weiter zu planen, fällt den Fachleuten im Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr jedoch schwer, da sie auf die schriftliche Begründung eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig warten. Die Richter hatten im November 2013 den Abschnitt, der um Bad Segeberg herumführen soll, gestoppt. Das Gericht kritisierte, der Schutz der rund 20.000 Fledermäuse, die jedes Jahr in den Kalkhöhlen in Bad Segeberg überwintern, sei nicht hinreichend beachtet worden. Und es seien die alternativen Trassen zu der favorisierten nahen Südumgehung Segebergs nicht geprüft worden. Die Begründung des Urteils müsse auch bei der Planung der weiteren Abschnitte berücksichtigt werden, sagte der Sprecher des Kieler Verkehrsministeriums, Harald Haase.

Der Landesbetrieb hat sich zum Ziel gesetzt, die Planfeststellungsverfahren für die A-20-Abschnitte von Bad Segeberg über Bad Bramstedt bis zur Elbquerung bei Glückstadt in diesem Jahr zu beenden. Ob der Termin zu halten sei, hält Haase jedoch für fraglich. Gescheitert ist die Landesregierung durch das Leipziger Urteil bereits mit ihrem ehrgeizigen Plan, bis zum Ende des Legislatur im Jahr 2017 die A20 bis zur A7 bei Bad Bramstedt zu bauen.

Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) freue sich, dass mit der A-20-Initiative der Bürgerwille stark zum Ausdruck komme, sagte Haase. Meyer habe von Anfang an keinen Zweifel daran gelassen, dass er ein Fan der A 20 sei und die Verkehrsachse ihre volle Wirkung erst dann entfalten werde, wenn sie durchgängig von Mecklenburg-Vorpommern bis nach Niedersachsen befahrbar sei. Die Planungen für den Bau der A 20 auf voller Länge laufen mit Hochdruck weiter, hieß es aus dem Ministerium.

Derzeit endet die Autobahn am östlichen Stadtrand von Bad Segeberg. Von dort aus quält sich täglich der Verkehr durch die Kreisstadt. „Das ist eine Belastung für die Menschen und für die Wirtschaft“, sagt Bernd Jorkisch, Vize-Präses der Industrie- und Handelskammer Lübeck und Chef einer großen Holzhandlung. Täglich stehen er und seine Lastwagen im Stau. Auch Jorkisch will den Aufruf der A-20-Initiative unterzeichnen. „Gute Infrastruktur per Straße, Schiene, Wasser und Luft sowie heute auch Breitband sind Grundvoraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg einer Region, egal wo auf dieser Welt“, sagt der Unternehmer. „Das muss endlich von allen politisch Handelnden verinnerlicht werden.“

„Es lag nicht an der Fledermaus, sondern an mangelhafter Planung“

Wie die Lösung beim Autobahnbau bei Bad Segeberg aussehen könnte, hatten Ministerpräsident Torsten Albig und sein Verkehrsminister bereits bei einer Kabinettssitzung in der Kreisstadt am 21. Januar angedeutet. „Wenn die Autobahn gebaut ist und dann künftig teilweise ein Tempolimit von 60 oder 80 km/h herrscht, kann ich damit leben“, hatte Meyer gesagt und hinzugefügt, dass er eine südliche Umfahrung der Kreisstadt favorisiere, weil deren Realisierung am schnellsten ginge.

Albig hatte in Bad Segeberg auch erklärt, warum nach seiner Meinung der Autobahnbau nicht vorankommt: „Es lag nicht an der Fledermaus, sondern an mangelhafter Planung.“ Damit bezog er sich auf die CDU/FDP-Vorgängerregierung. Er kündigte an, die Planungskapazitäten aufzustocken.