Junge Forscher gewinnen mit ihren alltagstauglichen Erfindungen bei den Wettbewerben Jugend forscht und Schüler experimentieren

Norderstedt. Was sie erforschen, hilft den Menschen und schont die Umwelt. Henrik und André Wisotzki haben eine High-Tech-Biotonne und ein Orientierungs-Stirnband für Blinde entwickelt. Für beide Erfindungen wurden die Brüder aus Norderstedt mit ersten Preisen beim Regionalwettbewerb Schüler experimentieren ausgezeichnet. Nun fahren die Schüler des Gymnasiums Harksheide Ende März zum Landesentscheid in Kiel – und sind nicht die einzigen erfolgreichen Nachwuchsforscher der Norderstedter Schule, die auf regionaler Ebene so viele Preise abgeräumt hat wie nie zuvor.

Fünfmal Gold, dreimal Silber und einmal Bronze gab es in Geesthacht bei den Wettbewerben Schüler experimentieren und Jugend forscht, der sich an die Älteren wendet. Doch auch an den anderen Norderstedter Schulen wird kräftig experimentiert, geforscht und geknobelt. Einen ersten Platz gab es auch für Leonie Wuth vom Coppernicus-Gymnasium.

„Wir wollten den Alltag verbessern, etwas bauen und die Umwelt entlasten“, sagen der elf Jahre alte Henrik und sein zwei jahre älterer Bruder André Wisotzki. Da fiel ihr Blick auf die Biotonne, das Projekt war gefunden: Das Kompostieren beschleunigen, lautete die Aufgabe. „Wenn die Biomasse schneller schrumpft, passt mehr in die Tonne, und sie muss seltener geleert werden“, sagt André, der mit seinem Bruder den Mechanismus austüftelte: Auf dem Deckel der Tonne, die ihnen das Betriebsamt Norderstedt zur Verfügung gestellt hatte, befestigte das Duo eine Solarzelle. Der überwiegende Rest der Technik steckt auf dem Boden der Tonne – wird das 120-Liter-Gefäß mit einem 60-Liter-Einsatz bestückt, bleibt Leerraum. Dort haben die beiden Tüftler den Akku untergebracht, der den Sonnenstrom speichert und die Energie für ein Steuergerät mit Zeitschaltuhr liefert.

Im Deckel steckt auch ein Lüfter, der die verbrauchte Luft absaugt

Daneben steht ein Fünf-Liter-Kanister mit Wasser, das über einen Schlauch auf der Rückseite der Tonne in einen grünen Schlauch auf der Unterseite des Deckels gepumpt wird. Über kleine Löcher tröpfelt die Flüssigkeit auf Eierschalen, Apfelreste, Kaffeefilter und was sonst noch so in der Biotonne landet. Die dezente Beregnung beschleunigt den Zerfall. 50 Milliliter täglich empfehlen die Konstrukteure in zwei Dosen, morgens und abends. Im Deckel steckt auch ein Lüfter, der die verbrauchte Luft absaugt, frische zuführt und die Temperatur optimal hält, „so um die 20 Grad“, sagt der Jüngere. Eingebaut hat das Duo auch einen Ablauf, falls sich zu viel Wasser staut, und einen Zulauf, über den der Kanister per Gartenschlauch nachgefüllt werden kann – die Gymnasiasten haben einfach an alles gedacht, sind aber, wie es sich für veritable Forscher gehört, immer auf der Suche nach Optimierung.

Für ihre Erfindung haben sich die Brüder in der Natur umgesehen

Und peilen die Serienreife an: „Wir wollen unsere Tonne dem Betriebsamt präsentieren. Vielleicht gibt es ja die Chance, unsere Erfindung mal in der Praxis zu testen“, sagt Henrik.

Das gilt auch für den zweiten Wettbewerbsbeitrag der kreativen Brüder: Das Stirnband, das es blinden und sehbehinderten Menschen erleichtert, sich zurechtzufinden. „Wir wollten etwas entwickeln, was Menschen mit Handicaps hilft“, sagt André. Zusammen mit seinem Bruder startete er ein Umfrage unter Bekannten und Freunden. Die Mehrheit hatte sich für Blinde und Sehbehinderte ausgesprochen. „Wir haben uns in der Natur umgesehen und sind auf die Fledermäuse gestoßen“, sagen die beiden. Die schnellen Flieger orientieren sich per Ultraschall – ein Modell, das die Harksheider übernommen haben. Sie bauten in ein ganz gewöhnliches schwarzes Stirnband zwei Lautsprecher ein, die Ultraschallwellen aussenden. Die Wellen, die bis zu 1,90 Meter weit reichen, werden von Hindernissen reflektiert und landen über zwei Lautsprecher in den Ohren des Stirnbandträgers.

Die Gymnasiasten würden sich freuen, wenn die Erfindungen realisiert werden

Dieses Prinzip schützt vor Kollisionen, wenn Barrieren den Weg versperren, die deutlich über dem Boden sind. „Das gilt zum Beispiel für geöffnete Fenster. Die sind von einem Blindenhund nicht wahrzunehmen und auch nicht mit einem Blindenstock“, sagt André. Zudem sei ihr Stirnband günstiger als die speziell ausgebildeten Hunde. „Wenn man die Rückmeldung nicht nur hört, sondern auch über Vibration wahrnehmen könnte, könnten auch taube oder hörgeschädigte Menschen davon profitieren“, sagen die Tüftler. „Ich würde mich am meisten freuen, wenn unsere Erfindungen realisiert werden. Dann kann man immer sehen, was man gemacht hat“, sagt Henrik.

Gute Realisierungschancen sieht Schulleiter Gerhard Frische für eine andere Konstruktion: Marcel Gumz aus der neunten Klasse des Gymnasiums hat ein Frühwarnsystem für Blitze entwickelt und dafür einen ersten Preis bei Jugend forscht bekommen. Wegen „der herausragenden Qualität der Arbeit“ stufte die Jury den Wettbewerbsbeitrag in die Kategorie für die Älteren hoch. „Wie so oft lieferte auch bei Marcel ein persönliches Erlebnis, der Blitzeinschlag in einem Nachbarhaus, den Anstoß“, sagte Frische. Marcels Erfindung erkennt, wann sich Blitze nähern und schaltet die Elektrik im Haus aus. Ist das Gewitter weitergezogen, wird die Stromversorgung im Haus automatisch wieder aktiviert.