2013 gab es so viele Ausnahmegenehmigungen wie noch nie für fachfremdes Personal in den Kindertagesstätten

Henstedt-Ulzburg. Sie sind gelernte Altenpflegerin, Theaterpädagogin, Schulsekretärin oder Tagesmutter. Gleichwohl sind sie im Hort an der Abschiedskoppel in Henstedt-Ulzburg gleichberechtigte Kollegen der Leiterin Claudia Bruns. Zumindest fast, denn einige Aufgaben bei der Betreuung der täglich 80 bis 100 Kinder können nur gelernte Erzieher übernehmen. „Zum Beispiel wenn es darum geht, die Kinder spezifisch zu beobachten, das bleibt dem Fachpersonal vorbehalten“, sagt Bruns. Ebenso seien Elterngespräche eine Aufgabe, die sie und die anderen Erzieherinnen übernehmen. „Dafür haben wir ja die Ausbildung gemacht.“ Die fachfremden Kolleginnen und Kollegen arbeiten hingegen mit einer Ausnahmegenehmigung im Hort.

Wer mit Ausnahmegenehmigung arbeitet, kann sich nachqualifizieren

Ausnahmegenehmigungen für die Arbeit in Krippen, Kindertagesstätten oder Horten gab es im vergangenen Jahr einige. Waren es 2012 kreisweit gerade einmal zehn, kamen 2013 bis Anfang Dezember schon 44 zusammen, allein in Henstedt-Ulzburg waren es zwölf. „Es gibt die Kita-Verordnung, nach der ist das möglich“, erklärt Bert Wehner von der Kindertagesstättenaufsicht des Kreises Segeberg. Die hohe Zahl erkläre sich vor allem mit den vielen neuen Betreuungsplätzen, die im Zuge des Rechtsanspruches auf einen Krippenplatz entstanden sind. Das Instrument der Ausnahmegenehmigung sei sinnvoll. „Es kann ja nicht angehen, dass Gruppen geschlossen werden, die gerade erst eingerichtet werden“, sagt Wehner. Weiterhin müsse gewährleistet sein, dass jederzeit pädagogische Fachkräfte neben den nicht-pädagogischen Mitarbeitern für die Betreuung der Kinder zuständig sind. Diejenigen, die mit Ausnahmegenehmigung arbeiten, könnten sich nachqualifizieren.

Gaby Mielke hat dies gemacht und ist seit dem vergangenen Oktober als zertifizierte Fachkraft für Schulkindbetreuung stellvertretende Leiterin des Horts an der Abschiedskoppel. Dafür musste sie als gelernte Kinderpflegerin über ein Jahr eine berufsbegleitende Ausbildung absolvieren. „Nur den Sonntag frei zu haben, ist schon anstrengend“, sagt die 50-Jährige. „Ich habe aber auch viel gelernt.“

Hort-Leiterin Bruns ergänzt, dass die Erfahrung der fachfremden Kolleginnen zwar wertvoll sei – die Schulsekretärin berichtet aus dem Schulalltag oder die Altenpflegerin hat medizinische Fachkenntnisse –, aber es sei schon schade, dass man sich wenig fachlich austauschen kann. Eine Verbesserung der Situation ist dabei nicht in Sicht. Bruns: „Die Bewerbungen, die in Henstedt-Ulzburg vorliegen, kommen zu einem hohen Anteil von fachfremden Leuten. Die Gemeinde versucht aber alles, das Personal zu halten und bei Weiterbildung zu unterstützen sowie qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen.“

Die Verwaltung in Henstedt-Ulzburg schlug im November Alarm

Da es eine hohe Fluktuation beim Personal und gleichzeitig gestiegene Anforderungen an die verschiedenen Einrichtungen von der Krippe bis zum Hort gibt, schlug die Verwaltung der Gemeinde im vergangenen November Alarm. Die Belastungen der pädagogischen Fachkräfte seien somit um ein Vielfaches gestiegen, hieß es in einem Bericht an den Henstedt-Ulzburger Kinder- und Jugendausschuss: „Die Folge ist ein hoher Krankheitsstand, sowohl mit häufigen Kurzzeiterkrankungen wie auch langfristigen Personalausfällen. Inzwischen ist jede Einrichtung durch Langzeiterkrankte, akut Erkrankte sowie Urlaubs- und Überstundenausfälle chronisch unterbesetzt. Diese Situation führt zwangsläufig zur Überlastung der verbleibenden Kräfte, was wiederum krankheitsbedingte Ausfälle nach sich zieht.“

„Wir haben weiterhin ein Problem, die Stellen adäquat neu zu besetzen“, sagt der büroleitende Beamte Jens Richter. Die Gemeindeverwaltung Henstedt-Ulzburg will kurzfristig zehn Springerstellen schaffen – je eine pro Einrichtung –, aber auch diese sind mit Fachkräften zu besetzen. Immerhin gibt es einen Lichtblick. „Es sind viele neue Ausbildungsgänge geschaffen worden“, sagt Bert Wehner von der Kreisverwaltung. Beispielsweise biete das Berufsbildungszentrum in Bad Segeberg mittlerweile die Ausbildung zum Sozialpädagogischen Assistenten an, die ein Sprungbrett zur Erzieherausbildung sein kann. Bis es genügend Erzieher gibt, werden aber noch weitere Ausnahmegenehmigungen nötig sein. Und der Bedarf steigt weiter. Die Kreisverwaltung rechnet damit, dass in absehbarer Zeit gut die Hälfte der Kinder unter drei Jahren eine Krippe besuchen, für die mit einem Erzieher und einer weiteren pädagogischen Kraft je zehn Kinder das meiste Personal gebraucht wird.