In der Maria-Magdalenen-Kirche gibt es eine generationenübergreifende Aufführung

Bad Bramstedt . Eigentlich ist an dieser ersten richtigen Szene des Krippenspiels nichts Besonderes: Links steht Augustus im roten Umhang, rechts der Herold. Er soll das Gebot des Kaisers verbreiten, dass alle Welt geschätzt werde, wie es im Lukas-Evangelium heißt. Das Besondere an dieser Szene ist das Alter der Darsteller: Gisa Krohn spielt auf erhabene Weise den Kaiser Augustus. Sie ist 61 Jahre alt. Den Herold spielt Marie Ehlert. Sie ist gerade einmal neun Jahre alt. In der Maria-Magdalenen-Kirche vonm Bad Bramstedt sind beide Teil des generationenübergreifenden Krippenspiels, das am heutigen Heiligen Abend um 15Uhr aufgeführt wird.

„Das war im vergangenen Jahr eine spontane Idee“, sagt Diakonin Ulrike Droste-Neuhaus zu der besonderen Form des Krippenspiels. „Ich habe darüber nachgedacht, welche Möglichkeiten es in der Gemeinde gibt, generationenübergreifende Projekte zu etablieren.“ Da sie selbst sowohl für die Kinder, die Jugend als auch für die Senioren verantwortlich ist, kam ihr die Idee eines Krippenspiels mit Darstellern im Alter von 9 bis 99 Jahren. Beim diesjährigen Krippenspiel ist die jüngste Darstellerin sogar erst acht Jahre alt, die älteste ist Gisa Krohn mit 61 Jahren. Dazu kommen weitere Mädchen von acht und neun Jahren sowie drei Jugendliche im Alter von 14, 15 und 16 Jahren.

Für viele junge Alte ist die klassische Seniorenarbeit nicht geeignet

„Die Generationen haben ansonsten außerhalb der Familien selten etwas miteinander zu tun“, sagt Ulrike Droste-Neuhaus. Sie möchte mit ihrem Krippenspiel-Projekt Gemeindeaufbau in Zeiten des demografischen Wandels betreiben. „Es gibt viele junge Alte, die im Ruhestand, aber noch sehr aktiv sind“, hat sie festgestellt. Für diese Generation sei die klassische Seniorenarbeit nicht geeignet, sie suchen oft Projekte, in denen sie mitmachen und sich aktiv engagieren können. Da auch die Jugendlichen durch den Schulstress weniger für dauerhafte Angebote zu begeistern seien, ist in den Augen der Diakonin ein solches Projekt ideal, um die Generationen für eine gewisse Zeit miteinander zu verbinden.

Auf der Bühne spielt der Altersunterschied keine Rolle

Das Stück selbst, das die elf Schauspielerinnen in diesem Jahr aufführen, handelt von zwei Kindern, die sich am Heiligen Abend treffen. Zu Hause sind die Eltern noch mit den Vorbereitungen beschäftigt, und einem der beiden Mädchen ist langweilig. So begleitet sie die andere mit in die Kirche zum Krippenspiel, auch wenn sie eine alte, langweilige Geschichte erwartet.

Dass hier die jüngere Darstellerin der älteren die Geschichte näher bringt, sei zwar Zufall, so Droste-Neuhaus. Aber es passt zum Projekt, dass die 16-Jährige hier aus der Rolle fällt und mit viel Freude und Einsatz ein Kind spielt. „Normalerweise wäre die Ältere Gruppenleiterin zum Beispiel beim Kindergottesdienst, hier sind die beiden auf einer Stufe.“

Die älteste Darstellerin Gisa Krohn taucht sowohl als Augustus als auch später noch einmal als Hirte auf. Gemeinsam mit der 15-jährigen Anna Bethke, die ebenfalls einen Hirten spielt, besucht sie Maria (acht Jahre), Joseph (14 Jahre) und das Jesuskind in der Krippe. Dabei wird das ganze Stück hindurch deutlich, dass sich die Schauspielerinnen untereinander ernst nehmen, der Altersunterschied spielt auf der Bühne keine Rolle. „Er lädt zum Spielen ein“, sagt Droste-Neuhaus. „Jeder Mensch hat ein Kind in sich, dessen Kreativität, Lebendigkeit und Freude beim Theaterspiel geweckt werden.“

Die Freude der Mitspieler aneinander wird für die Zuschauer sehr deutlich

Bei der Vorbereitung des Stücks sei die Interaktion zwischen den Generationen im vergangenen Jahr allerdings noch etwas besser gewesen. Damals hätten Alt und Jung noch stärker als in diesem Jahr miteinander das Stück erarbeitet. Diesmal hat sie als Leiterin mehr im Mittelpunkt gestanden, stellt Droste-Neuhaus fest. Die Freude der Mitspieler aneinander sei auch jetzt da gewesen und sie wird auch für den Beobachter deutlich. Wenn am Ende Engel, Hirten, heilige Familie und die beiden Kinder, die durch das Stück führen, zusammen an der Krippe stehen und mit der Gemeinde „Ihr Kinderlein kommet“ anstimmen, dann werden wohl auch die Zuschauer dem zunächst skeptischen Kind zustimmen, dass diese alte Geschichte alles andere als langweilig ist – alle Jahre wieder. Und zwar für Jung und Alt.